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Das Spiel der Hofdame

Historischer Roman: Die Tamworth-Saga Band 1

©2023 740 Seiten

Zusammenfassung

Muss sie ihr Herz auf ewig verleugnen? Der vielschichtige historische Roman »Das Spiel der Hofdame« von Karleen Koen jetzt als eBook bei dotbooks.

In einer Zeit, in der eine Frau nur die Zierde des Mannes sein soll, will sie ihr Schicksal selbst in die Hand nehmen ... Im Jahre 1670 kehrt die junge Hofdame Alice Verney aus Frankreich in ihre englische Heimat zurück. Um ihrer Familie die so wichtige Gunst des Königs zu sichern, muss sie nun schnell eine gute Partie machen. Wer wäre besser geeignet als der Herzog von Balmoral, einer der mächtigsten Lords des Reiches und Berater der Krone? Aber Alice hat nicht mit der Liebe gerechnet – oder damit, dass der junge Leutnant Richard Saylor sie an ihrer zuvor so kühl getroffenen Entscheidung zweifeln lässt ... Darf sie es wirklich wagen, ihrem Herzen zu folgen? Als ein Mitglied der königlichen Familie vergiftet wird, geraten die heimlich Liebenden in ein gefährliches Intrigenspiel, das den gesamten Hof in Gefahr bringt – und in dem sie nur einander vertrauen können ...

»Hochdramatisch und extrem unterhaltsam: ›Das Spiel der Hofdame‹ gehört zu den besten historischen Romanen!«, begeistert sich die New-York-Times-Bestsellerautorin Diana Gabaldon.

Jetzt als eBook kaufen und genießen: Der opulente historische Roman »Das Spiel der Hofdame« von Karleen Koen ist der erste Band der Tamworth-Saga. Wer liest, hat mehr vom Leben: dotbooks – der eBook-Verlag.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Über dieses Buch:

In einer Zeit, in der eine Frau nur die Zierde des Mannes sein soll, will sie ihr Schicksal selbst in die Hand nehmen ... Im Jahre 1670 kehrt die junge Hofdame Alice Verney aus Frankreich in ihre englische Heimat zurück. Um ihrer Familie die so wichtige Gunst des Königs zu sichern, muss sie nun schnell eine gute Partie machen. Wer wäre besser geeignet als der Herzog von Balmoral, einer der mächtigsten Lords des Reiches und Berater der Krone? Aber Alice hat nicht mit der Liebe gerechnet – oder damit, dass der junge Leutnant Richard Saylor sie an ihrer zuvor so kühl getroffenen Entscheidung zweifeln lässt ... Darf sie es wirklich wagen, ihrem Herzen zu folgen? Als ein Mitglied der königlichen Familie vergiftet wird, geraten die heimlich Liebenden in ein gefährliches Intrigenspiel, das den gesamten Hof in Gefahr bringt – und in dem sie nur einander vertrauen können ...

»Hochdramatisch und extrem unterhaltsam: ›Das Spiel der Hofdame‹ gehört zu den besten historischen Romanen!«, begeistert sich die New-York-Times-Bestsellerautorin Diana Gabaldon.

Über die Autorin:

Karleen Koen interessierte sich schon von früh auf für Geschichte, insbesondere die Rolle der Frau darin. Sie arbeitete für verschiedene Magazine, bevor sie sich dem Schreiben widmete. Eine besondere Inspiration war dabei ihr Großvater mit seiner großen Sammlung historischer Romane. Heute lebt Karleen Koen in Houston.

Karleen Koen veröffentlichte bei dotbooks bereits die Tamworth-Saga mit den Bänden »Das Spiel der Hofdame« und »Das Geheimnis der Braut«.

Die Website der Autorin: karleenkoen.net

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eBook-Neuausgabe Februar 2023

Die amerikanische  Originalausgabe erschien erstmals 2006 unter dem Originaltitel »Dark Angels« bei Three Rivers Press, an imprint of the Crown Publishing Group, a division of Random House, Inc, New York.

Copyright © der amerikanischen Originalausgabe 2006 by Karleen Koen

Copyright © der deutschen Erstausgabe 2007 by Bastei Lübbe AG, Köln

Copyright © der Neuausgabe 2023 dotbooks GmbH, München

Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.

Titelbildgestaltung: Nele Schütz Design unter Verwendung des Gemäldes »Portrait of a Court Lady. So-called portrait of Françoise Marie de Bourbon (1677-1749)«

eBook-Herstellung: Open Publishing GmbH (ae)

ISBN 978-3-98690-479-1

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Karleen Koen

Das Spiel der Hofdame

Historischer Roman

Aus dem Amerikanischen von Katharina Kramp

dotbooks.

Danksagung

Für all die Engel auf meinem Weg: meine amerikanische Agentin Jean Naggar; meine ›Schreibtriebwerke‹ Joyce Boatright und Sandi Stromberg; meine Freundin Ann Bradford; meine Lektorin Allison McCabe und Crown Publishing.

Anmerkungen der Autorin

Die Geschichte von Königen und Königinnen ist selten eine glückliche. Aber im Jahr 1642 gab es eine glückliche königliche Familie. Es war die Familie von Charles I. von England, verheiratet mit einer Prinzessin von Frankreich, die er liebte und die seine Liebe erwiderte und mit der er sechs gesunde Kinder hatte. Die Königin war jedoch katholisch, ein bisschen zu katholisch für den Geschmack des Volkes. Früher einmal war dies der Glaube aller Königreiche der westlichen Welt gewesen, bis Heinrich VIII. mit der katholischen Kirche brach und die Kirche von England gründete. Charles I. und sein Parlament überwarfen sich über das Recht des Königs, absolut zu regieren, und über Fragen der Religion. Ein Bürgerkrieg entbrannte. Die Familie von Charles I. zerbrach. Sein letztes Kind, Henriette, wurde geboren, während ihr Vater zu Felde zog, und sie lernte ihn nie kennen. Charles I. wurde gefangen genommen und zum Tode durch Enthauptung verurteilt. Sein Sohn, der Prinz von Wales, sandte ein von ihm unterzeichnetes, leeres Dokument an das Parlament. Man hätte ihm die Bedingungen diktieren können, er hätte alles getan, um das Leben seines Vaters zu retten; aber es war vergeblich – Charles I. wurde 1649 enthauptet. Seine Frau trug den letzten Brief, den er ihr schickte, in ihrem Kleid an ihrer Brust bis zu dem Tag, an dem sie starb. Aus dem Prinzen von Wales wurde Charles II., ein Monarch ohne Königreich, während General Oliver Cromwell England zu einem düsteren Protektorat machte, in dem strenge Regeln herrschten. Charles reiste zehn Jahre lang umher, von Frankreich nach Spanien und in die holländische Republik auf der Suche nach Unterstützung, nach genug Soldaten, um in England einmarschieren zu können. (Er war vorher schon einmal einmarschiert, doch es war ihm nicht gelungen, das Land zurückzuerobern.) 1659 starb endlich Oliver Cromwell, und niemand war stark genug, das Königreich zusammenzuhalten. Einige Generäle beschlossen, dass es das Beste wäre, aus England wieder eine Monarchie zu machen. Charles wurde gebeten zurückzukehren. Und das tat er 1660. Er herrschte bis zu seinem Tod und hielt ein Königreich zusammen, das noch immer im Streit über religiöse Freiheiten und die Autorität des Königs zu zerfallen drohte. Dieses Buch beginnt zehn Jahre nach der Krönung Charles II, der als der »fröhliche König« in die Geschichte eingegangen ist.

Kapitel 1

Mai 1670

An der Küste einer Meerenge, die zwei Königreiche voneinander trennte, lag vor weißen Klippen eine Schiffsflotte vor Anker. Es war die Flotte des englischen Königs, ausgesandt, um eine wertvolle Fracht zu eskortieren: eine Prinzessin von England und Frankreich – tatsächlich war sie die berühmteste Prinzessin der ganzen Christenheit. Eine Jacht mit ausladendem Bug durchschnitt das Wasser und hielt auf das schönste und größte der ankernden Schiffe zu; der König an Bord liebte schnelle Boote, schnelle Pferde, leichtlebige Frauen. Die Prinzessin war seine Schwester, und er und alle, die ihn begleiteten, konnten es gar nicht abwarten, sie wiederzusehen.

»Monmouth ist auf der Jacht!«, sagte eine junge Frau, die sich über die Reling des Schiffs der Prinzessin beugte. Sie war auf ein riesiges aufgerolltes Tau gestiegen, um besser sehen zu können, und ein Matrose, der ihren seidenen Unterrock und die Kette dicker Perlen um ihren Hals musterte, rief ihr eine Warnung zu, vorsichtig zu sein. Aber sie erklärte ihm mit vernichtender Stimme, er solle sich um seine eigenen Angelegenheiten kümmern. Sie konnte es nicht leiden, wenn dumme Leute – und auch alle, die es nicht waren – ihr sagten, was sie tun sollte. König Charles’ Jacht, die pfeilschnell auf sie zuhielt, war ein aufregender Anblick. Sie konnte die Menge sehen, die an Land wartete. Die Königin, ihr Vater und ihre beste Freundin waren darunter. Sie war so froh, England endlich wiederzusehen, dass sie nicht sicher war, ob sie sich zurückhalten konnte, am Strand niederzuknien und den Sand zu küssen, wenn sie ihn betrat.

»Und wer ist noch da?«, fragte ihre Freundin, wie sie eine Ehrenjungfer der Prinzessin und genauso aufgeregt, dabei sein zu dürfen, wenn sich König Charles und seine Schwester nach so vielen Jahren – zehn waren es bestimmt – wiedersahen. Oben an den Masten schlugen Fahnen im Wind. Der Tag war strahlend und klar. Alle trugen ihre besten Kleider und waren ausgelassen, energiegeladen wie Pferde, nervös und erregt angesichts dieses Wiedersehens.

»Komm rauf, und sieh es dir selbst an!«, meinte Alice.

»Sei nicht albern, Alice. Und fall nicht runter ...« Ihre Freundin, Louise Renée, griff nach Alice’ Kleid, denn jetzt lehnte sich die junge Frau gefährlich weit über die Brüstung und stand in ihren feinen Satinschuhen nur noch auf Zehenspitzen.

»Der Herzog von York ist bei seiner Majestät und Prinz Rupert – oh, sie sind nah genug, dass sie mich hören können – Rupert! Prinz Rupert! Monmouth!« Alice schrie die Namen laut und schwenkte einen dünnen Schal in wilder Hingabe hin und her. Sie wurde belohnt mit einem munteren Winken vom Cousin des Königs, einem Lächeln vom Sohn des Königs und einem erschrockenen Blick und dann einem Grinsen von König Charles selbst. Lauter Jubel erscholl aus Hunderten von Kehlen, die der Schiffsbesatzung und der vielen Leute am Strand. Auch diese winkten und klatschten und jubelten dem König zu. Möwen, die sich träge auf der Takelage niedergelassen hatten, erhoben sich wie ein geflügelter Gruß in den Himmel.

»Er hat sich kein bisschen verändert«, sagte Alice.

»Wer?«

»Der König. Ich frage mich, mit wem er flirten wird, bevor die Uhr Mitternacht schlägt ...«

»Mademoiselle Verney, kommt auf der Stelle da herunter! Mademoiselle de Keroualle! Ihr stellt Euch sofort zu den anderen Ehrenjungfern! Der König kommt an Bord ...«

Es war die Aufseherin der Ehrenjungfern, Madame Drache, wie Alice sie nannte.

Alice und Renée rannten über das Deck und suchten sich ihren Platz in dem ausgewählten Kreis junger Frauen, die um die Prinzessin standen. Alle trugen Satingewänder und feine Schuhe mit steifen Gazeschleifen, und ihr Haar war von Dienerinnen in eine wohlüberlegte gelockte Unordnung gebracht worden. Dicke Perlenbänder lagen um ihre zierlichen Hälse, und Perlentropfen hingen an ihren bezaubernden Ohren. Als junge, unverheiratete Frauen waren sie schon durch ihre Jugend wunderschön. Als Teil des Gefolges der ranghöchsten Prinzessin von Frankreich waren sie zudem der Inbegriff der Mode. Es gab keine Frau am Strand, die sich nicht ärgerlich auf die Lippen biss und beschloss, neue Kleider zu kaufen, wenn sie die der Ehrenjungfern sah. Die Mädchen konnten die bewundernden und neidischen Blicke kaum erwarten.

Prinzessin Henriette – ihr Titel am französischen Hof lautete »Madame« – hob leicht die Augenbrauen, als Alice und Renée sich zu den anderen jungen Frauen stellten, und bedachte sie mit einem Blick, der zugleich fragend und missbilligend war.

»Welch ein schlechtes Benehmen«, spottete ein schlanker junger Mann aus einer Gruppe verwegener und attraktiver Edelmänner. Aber dann stimmte das Orchester, das die Prinzessin auf ihrer Reise begleitete, eine fröhliche Melodie an, und um sie herum begannen die Matrosen in der Takelage und an Deck zu jubeln. Das sardonische Gesicht des Königs von England – Charles, der zweite dieses Namens – tauchte über dem Messinggeländer der Schiffsreling auf. Einen Augenblick später war er bereits an Deck gesprungen.

»Minette.« Er breitete mit vor Freude strahlendem Gesicht die Arme aus, und seine Schwester rannte auf ihn zu. Er nahm sie in die Arme und schwang sie herum, sodass ihr Rock sich wie eine Glocke blähte. Einer nach dem anderen folgten ihm die anderen Männer über die Seite des Schiffs, sie waren beinahe genauso opulent gekleidet wie die Damen, mit Spitzen, blauen Schleifen, Diamantnadeln, langem lockigem Haar – kein echtes, sondern Perücken, aber dennoch prächtig. Die Prinzessin war sofort von ihnen umringt. Ihr anderer Bruder, der Herzog von York, umarmte und küsste sie, und ihr Cousin Prinz Rupert schob York rüde beiseite und sagte: »Kleine Schönheit! Ich dachte schon, wir würden dich den Armen der Franzmänner niemals entreißen können.« Leider sprach er Französisch und laut genug, dass jeder, der in der Nähe stand, ihn hören konnte.

Der Herzog von Monmouth, König Charles’ Sohn, bestand auf einer Umarmung, und die Prinzessin wirbelte von einem männlichen Verwandten zum nächsten, küsste ihre Gesichter und wischte sich die Tränen ab, die ihr über die Wangen liefen.

»Sie ruiniert ihr Rouge.« Es war derselbe junge Mann, der schon vorher gesprochen hatte, und er redete mit dem gleichen gehässigen Tonfall.

»Wir sind jetzt in England, d’Effiat. Ihr passt besser auf, was Ihr sagt«, meinte Alice zu ihm.

»Oh, mir wird angst und bange«, spottete er, und seine Begleiter lachten boshaft, sogar Beuvron, mit dem sie befreundet war.

Alice kehrte ihnen den Rücken zu. Dieser Tag war zu schön, um ihn sich von Streitereien verderben zu lassen. Davon gab es in Frankreich genug. Das hier war ein Abenteuer, ein großes Abenteuer. Sie war endlich wieder zuhause und würde ihre beste Freundin auf der ganzen Welt wiedersehen und die Königin, die sie so liebte, und ihren Vater. Und es gab nichts, was d’Effiat, Beuvron oder irgendeiner der anderen sagen konnte, um ihr auch nur eine Sekunde davon zu verderben.

Ihr Blick traf den von Prinz Rupert. Er zwinkerte ihr zu und verbeugte sich dann.

Renée wies auf Monmouth, den Sohn des Königs. »Er sieht gut aus.« Sie war nicht die einzige Frau, der Monmouth auffiel.

»Ja, und er weiß es, also pass auf.«

Das Protokoll, in Frankreich peinlichst genau beachtet, wurde hier ignoriert. Alles ging drunter und drüber. Angelockt von Monmouth’ Lächeln, von Ruperts strahlendem Übermut und König Charles’ Lachen, von der überschäumenden, frivolen Stimmung, die mit ihnen an Bord geschwappt zu sein schien, löste sich die geordnete Formation der Ehrenjungfern trotz der bösen Blicke des Drachen auf.

Diejenigen, die die Prinzessin von Frankreich begleiteten, ein Duc hier, ein Vicomte da, ein Priester oder zwei und der Hauptmann ihrer Leibgarde versuchten, sich beim König vorzustellen. Doch sie kamen nicht an der Traube der Ehrenjungfern oder dem hoch gewachsenen Bruder und dem Cousin der Prinzessin vorbei und redeten vergeblich gegen den Lärm des Orchesters und das laute Rufen des anderen Cousins an, der etwas von oben aus der Takelage herunterzubefehlen schien.

Und genauso war es. Ein großer Weidenkorb wurde an einem Flaschenzug heruntergelassen. Die schrillen Schreie der Ehrenjungfern, die in alle Richtungen davonstoben, verschlimmerten das allgemeine Chaos noch weiter. Als der Korb an Deck stand, tätschelte Prinz Rupert ihn liebevoll, sank vor seiner Cousine, der Prinzessin, auf die Knie und forderte sie mit einer Geste auf, zum Einsteigen auf sein Knie zu treten.

»Ich soll doch nicht etwa in diesem Ding von Bord gebracht werden?«, rief Prinzessin Henriette erfreut und entsetzt zugleich. Sie sprach Französisch, weil sie ihr ganzes Leben lang in Frankreich gelebt hatte und sie des Englischen kaum mächtig war. »Ich habe euch doch noch niemanden vorgestellt ...«

König Charles hob sie auf seine Arme. »Du brauchst uns nicht alle vorzustellen. Wir werden alles Notwendige an Land erledigen. Aber jetzt erhebe ich Anspruch auf meine Schwester. Sie ist ein Schatz, und alle Schätze, die sich in englischen Gewässern befinden, gehören dem König.« Mit diesen Worten hob er sie in den Korb und ließ alle einen kurzen Blick auf ihre Strümpfe werfen – sie waren leuchtend grün –, und die Prinzessin lachte so sehr, dass sie nicht sprechen konnte.

»Das ist höchst ungewöhnlich ...«, hob der französische Botschafter an.

»Ersucht um eine Audienz, und beschwert Euch darüber«, erklärte König Charles. Sein verwegener Blick glitt über die Ehrenjungfern. »Eine schöne Frau ist nicht genug. Meine Schwester muss eine Begleitung haben.«

Alle jungen Damen hielten den Atem an und sanken kichernd in einen tiefen Hofknicks, während sein Blick nachdenklich und bewundernd von einer zur nächsten wanderte. Der Hauptmann der Leibgarde räusperte sich. Der Drache wippte aufgeregt auf den Zehenspitzen. Sie war sich nicht sicher, was sie tun sollte. Das wusste in diesem Moment keiner.

König Charles’ Augen blieben schließlich an Renée de Keroualle hängen, der Schönsten unter ihnen.

»Warum bin ich nicht überrascht?«, meinte Rupert zu seinem Cousin York.

Nur Sekunden später stieg Renée auf Ruperts Knie und in den Korb hinein. Für einen Augenblick waren ihre Strümpfe zu sehen, sie waren genauso grün wie die der Prinzessin. Es war schockierend und aufregend.

König Charles’ Blick ruhte nun auf Alice. Geschmeidig wie eine sich neigende Blume sank sie vor ihm nieder. Die gleitende, natürliche Anmut ihrer Bewegungen war Teil ihrer Schönheit. Er ging zu ihr und betrachtete ihren gebeugten Kopf und ihre Lockenpracht.

»Mein liebe Verney.«

»Sir.«

»Ihre Majestät hat Euch schrecklich vermisst.«

»Und ich sie.« Ihr Herz schlug sehr schnell. Er war ihr Lehnsherr und König. Sie kannte ihn schon, seit sie ein Kind und er ein bettelarmer Herrscher ohne Königreich gewesen war. Dies war ein großartiger und bewegender Moment.

»Habt Ihr Euch in Frankreich gut benommen?«

»Nein, Sir. Aber ich bin stolz darauf sagen zu können, dass ich die wundervollsten Kleider der ganzen Welt erworben habe.«

»Damit Ihr bessere Chancen habt, Euch endlich einen Ehemann zu angeln?«

Sie war am Hof zuhause, und ihr Aufenthalt in Frankreich hatte ihrem Auftreten einen geschliffenen Glanz verliehen. Deshalb wich sie seinem Blick nicht aus. »Genau das habe ich damit vor, Sir.«

»Lord Colefax war ein Idiot. Ich glaube, Ihr habt uns wirklich gefehlt.« Er streckte die Hand aus, um ihr aufzuhelfen, ein Zeichen der Wertschätzung. Voller Stolz trat Alice an den Korb und warf einen absichtlich provozierenden Blick auf die Gruppe von höhnisch grinsenden, modisch gekleideten jungen Franzosen, die gegen ihren Willen beeindruckt waren. Sie stieg auf Ruperts Knie.

»Sind Eure Strümpfe auch grün?«, fragte Prinz Rupert.

Um ein Haar hätte sie ihn auf die Wange geküsst und damit dem Zusammenbruch der Etikette weiteren Vorschub geleistet. Sie konnte sehen, wie schockiert die Franzosen um sie herum waren. Als sie ihre Röcke zusammenraffte, um in den Korb zu steigen, war die Antwort offensichtlich. Matrosen begannen zu jubeln, aber ob das an dem kurzen Blick auf ihre Strümpfe oder an dem ruckartigen Aufstieg des Korbes lag, blieb unklar. Sofort brach geschäftiges Treiben aus, als der König, sein Bruder, sein Cousin und sein Sohn über die Reling stiegen und die Strickleiter zu der Jacht hinunterkletterten, genauso behände und schnell wie jeder andere Mann in der Takelage.

Die französischen Höflinge rannten an die Seite des Schiffs. Alles passierte so schnell! Niemand war vorgestellt worden, wie es sich gehörte! Nichts lief so wie geplant! Andere Boote, Jachten, Jollen und Ruderboote, schaukelten in einiger Entfernung wie Korken auf dem Wasser – offensichtlich würden diese Boote sie an Land bringen. Dabei hätte es an Bord einen Empfang geben sollen, ein langes Dinner. Es waren doch Reden vorbereitet gewesen!

Hoch über dem Wasser spürte Alice, wie ihr Herz sich wie eine Lerche in die Lüfte zu heben begann. Die Sonne stand hoch und hell am Himmel, es blies ein starker Wind. Die Menge am Ufer winkte mit Hüten und großen Taschentüchern, rief und jubelte. Das Meer sandte unentwegt schaumgekrönte Wellen an den Strand, als hätten Hunderte von Zofen ihre Hauben zur Feier des Tages ins Wasser geworfen. Oben auf den steilen Klippen wartete die riesige Festung von Dover Castle auf sie. Sie konnte Menschen an der Brüstung stehen sehen. Fahnen flatterten an den äußeren Mauertürmen. Der Korb kippte zu einer Seite. Prinzessin Henriette und Renée schrien auf. Alice nahm ihren Schal und hielt ihn weit hinaus in den Wind, sodass er wild flatterte. Der Schal war lang und hauchdünn, von Nonnen mit geschickten Händen aus kostbarer, spinnwebenzarter holländischer Seide gewebt. Auf dass es keinen Streit mehr gibt, keine Gemeinheiten und auf dass ich in England mein Glück finde, dachte sie, ließ den Schal los und schrie selbst auf, als der Korb senkrecht nach unten fiel und die Prinzessin hoch und schrill auflachte.

An Bord der Jacht hielt die Leibwache des Königs den Korb fest, und ein Soldat trat vor, um den Frauen hinauszuhelfen. Alice hatte das Gefühl zu fallen, als ihre Blicke sich trafen.

»Ich kenne Euch«, sagte sie auf Englisch. »Ihr seid Robin Saylor, nicht wahr?«

»Richard, Leutnant Richard Saylor, zu Euren Diensten.«

Er gab ein Zeichen, den Korb wieder nach oben zu ziehen, und führte Prinzessin Henriette zu einer mit zahllosen Kissen bedeckten Bank, während der Rest der königlichen Familie einer nach dem anderen von der Leiter an Bord kletterte. Eine weitere Leibwache lichtete schnell den Anker, der Herzog von York übernahm das Ruder, Monmouth setzte die Segel, und die Jacht entfernte sich von dem Schiff.

»Mission vortrefflich ausgeführt«, sagte König Charles. »Ich musste mir nicht eine einzige Rede anhören. Rupert, du schuldest mir zwanzig Guineen.« Er lächelte seine Schwester an. »Wie du siehst, sind wir hier nicht so förmlich wie König Louis.«

Prinzessin Henriette lehnte sich in die Kissen zurück und wandte das Gesicht zur Sonne. »Ich weiß nicht, wann ich das letzte Mal so viel gelacht habe.« Sie sprach immer noch Französisch, aber der halbe englische Hofstaat beherrschte die Sprache. Viele hatten während des englischen Bürgerkriegs im Ausland gelebt.

»Tragen alle deine Damen grüne Strümpfe?«

»Nur die hübschen.« Rosen und Lilien, Minze und Balsambaum bedeckten das Deck wie ein Teppich. Sie hob eine Rose auf. »Ist das alles für mich?«

Details

Seiten
Erscheinungsform
Neuausgabe
Jahr
2023
ISBN (eBook)
9783986904791
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2023 (Februar)
Schlagworte
Historischer Roman Liebesroman England-Roman 17. Jahrhundert Historische Romanze Philippa Gregory Rebecca Gablé Sabine Weiß Neuerscheinung eBook
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Titel: Das Spiel der Hofdame