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Sommerkuss und Inselglück

Drei Romane in einem eBook: »Das Flüstern des Schicksals« von Lena Lindberg, »Das Leuchten deines Herzens« von Marie Winter und »Familienleben auf Freiersfüßen« von Britta Blum

©2022 852 Seiten

Zusammenfassung

Bereit, dein Herz zu verlieren? Der Sammelband »Sommerkuss und Inselglück« von Lena Lindberg, Marie Winter und Britta Blum als eBook bei dotbooks.

Endlich ist der Sommer da: Die beste Zeit für einen Inselurlaub, für fruchtige Cocktails – und um sich zu verlieben! Iris, die gerade privat wie beruflich eine Pechsträhne hat, folgt ganz diesem Motto und macht sich nach Ibiza auf. Als sie dann durch Zufall auf der idyllischen Nachbarinsel Formentera landet und dort den charmanten Juan kennenlernt, merkt sie schon bald, dass sie trotz anfänglicher Zweifel genau da ist, wo sie sein sollte … Auch Janine, die ein Reisebüro leitet, verschlägt es auf die Insel: Sie lernt bei einem Termin auf Mallorca einen aufregenden Hotelbesitzer kennen, mit dem es gewaltig knistert. Und Lea? Die will einfach mal dem Familienchaos und ihren Exmännern entkommen, landet dann aber mit einem unerwarteten und ganz schön attraktiven Mitbewohner in ihrer Finca …

Jetzt als eBook kaufen und genießen: der Sammelband »Sommerkuss und Inselglück« enthält die Romane »Das Flüstern des Schicksals« von Lena Lindberg, »Das Leuchten deines Herzens« von Marie Winter und »Familienleben auf Freiersfüßen« von Britta Blum. Wer liest, hat mehr vom Leben: dotbooks – der eBook-Verlag.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Über dieses Buch:

Endlich ist der Sommer da: Die beste Zeit für einen Inselurlaub, für fruchtige Cocktails – und um sich zu verlieben! Iris, die gerade privat wie beruflich eine Pechsträhne hat, folgt ganz diesem Motto und macht sich nach Ibiza auf. Als sie dann durch Zufall auf der idyllischen Nachbarinsel Formentera landet und dort den charmanten Juan kennenlernt, merkt sie schon bald, dass sie trotz anfänglicher Zweifel genau da ist, wo sie sein sollte … Auch Janine, die ein Reisebüro leitet, verschlägt es auf die Insel: Sie lernt bei einem Termin auf Mallorca einen aufregenden Hotelbesitzer kennen, mit dem es gewaltig knistert. Und Lea? Die will einfach mal dem Familienchaos und ihren Exmännern entkommen, landet dann aber mit einem unerwarteten und ganz schön attraktiven Mitbewohner in ihrer Finca …

Eine Übersicht über die Autorinnen finden Sie am Ende dieses eBooks.

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Sammelband-Originalausgabe Juni 2022

Copyright © der Sammelband-Originalausgabe 2022 dotbooks GmbH, München

Eine Übersicht über die Copyrights der einzelnen Romane finden Sie am Ende dieses eBooks.

Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.

Titelbildgestaltung: Nele Schütz Design unter Verwendung von Shutterstock/Cedric Weber, ViChizh, our_Vector, Kovop58

eBook-Herstellung: Open Publishing GmbH (mm)

ISBN 978-3-96655-783-2

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Sommerkuss und Inselglück

Drei Romane in einem eBook

dotbooks.

Lena Lindberg
Das Flüstern des Schicksals

Über Nacht steht Iris ohne Freund und ohne Job da. Sie braucht dringend einen Tapetenwechsel – was gäbe es da besseres als die Partyinsel Ibiza? Doch stattdessen landet sie auf der idyllisch-verschlafenen Nachbarinsel Formentera. Warum kommt ihr dort vieles so seltsam vertraut vor? Immer mehr beschleicht sie das Gefühl, dass auch die Einheimischen sie zu kennen glauben … Und was hat das alles mit Eva zu tun, der Frau, die in das einst so beliebte Hippie-Paradies auswandern wollte? Die Insel hält für beide Frauen Überraschungen bereit – und bringt ein altes Geheimnis ans Licht, von dem weder Iris noch Eva je etwas geahnt haben …

Prolog

Mit dem zweiten Schlag der Kirchenuhr war sie wach. So wie immer. Sommer wie Winter, Jahr ein, Jahr aus. Schwester Augusta versuchte, durch die leicht geöffneten Gardinen in den gemauerten Innenhof zu blicken, doch egal wie sehr sie sich auch mühte, aus ihrer liegenden Position im Bett konnte sie nichts erkennen. Nicht nur ihr Rücken schmerzte, sondern heute war wieder einer dieser Tage, an denen sie das Gefühl hatte, jeden einzelnen Knochen ihres Körpers zu spüren. Es musste nachts geregnet haben, da war sie sich sicher. Die dampfige Luft in ihrem kleinen Zimmer, ihr leichtes Frösteln unter der wollenen Decke und ihre starken Schmerzen waren ganz eindeutige Anzeichen.

Sie schloss noch einmal ihre Augen und dachte an früher. An all die Jahre, in denen sie schon beim vierten Gongschlag fröhlich aus dem Bett gesprungen war, sich in Windeseile angezogen und mit einigen anderen Ordensschwestern aus Santa Clarita vor der Morgenandacht das Frühstück für alle vorbereitet hatte. Damals hatte sie jeden Tag als ein großes Geschenk empfunden. Ein Geschenk des Herrn, das dazu bestimmt war, Gutes zu tun und anderen zu helfen.

Heute war jeder neue Tag für sie nur noch eine Last. Seit ihrem ersten Schlaganfall vor zwei Jahren und der Lähmung danach war Schwester Augusta an ihr Bett oder den Rollstuhl gefesselt und war nun selbst die, die Hilfe benötigte. Beim Waschen, Anziehen, Essen, bei eigentlich fast allem.

Nachts, kurz bevor sie einschlief, fragte sie den Herrn in ihrem Schlafgebet seit vielen Monaten, warum er sie denn nicht endlich ganz zu sich hole, nachdem er ihr doch schon Beweglichkeit, Gesundheit, Lebenssinn und Mut genommen habe. Doch der Herr hatte ihr Flehen bis zum heutigen Tage nicht erhört und so waren die schönen Erinnerungen an die vergangenen Zeiten und die ein oder andere Andacht das einzige, was ihr heute noch geblieben war.

Das laute Klopfen an der schweren Holztür riss Schwester Augusta aus ihren trüben Gedanken. »Ja, bitte!«, versuchte sie, so laut sie nur konnte, zu rufen, doch auch ihre Stimme versagte an diesem Morgen fast vollständig. Trotzdem wurde die Tür nach ein paar Sekunden mit einem lauten Knarzen geöffnet und eine junge Novizin stand an ihrem Bett. »Schwester Augusta, guten Morgen! Es ist kurz nach fünf Uhr. Wie geht es Ihnen heute?«

»Nicht so gut«, flüsterte Augusta, doch die Novizin beugte sich nah genug über sie, um ihre Worte zu verstehen.

»Möchten Sie denn trotzdem die Morgenandacht besuchen?«

»Ja, das wäre sehr schön«, flüsterte Augusta.

»Na, dann wollen wir Sie schnell waschen, anziehen und in die Kapelle fahren.«

Keine Stunde später saß Schwester Augusta, bekleidet mit ihrem alten Habit und in ihrem Rollstuhl, zwischen den anderen Ordensschwestern in der kleinen Kapelle von Santa Clarita. Der junge Priester Adrián hielt die Messe und Augusta lauschte jedem seiner Worte bedächtig.

Adrián war erst seit wenigen Monaten in Santa Clarita, doch Augusta hatte ihn vom ersten Tag an in ihr Herz geschlossen. Denn obwohl er noch sehr jung war, predigte er eindringlich, anschaulich und bewegend. Und das gefiel Augusta. Heute wandte sich Adrián in seiner Predigt besonders an die ganz jungen Novizinnen, die erst vor einigen Wochen ins Kloster gekommen waren. Er machte ihnen noch einmal deutlich, wozu sie sich als Ordensschwestern würden verpflichten müssen: Zu absolutem Gehorsam, der Ehelosigkeit und der persönlichen Armut. »Glaubt nicht, eure Sünden blieben unentdeckt«, predigte er von seiner kleinen Kanzel hinunter. »Sicherlich, ihr mögt eure Mitschwestern oder eure Äbtissin bei Fehlverhalten eine Zeit lang täuschen können. Aber nicht Gott. Er sieht all eure Taten. Und er ist es auch, vor dem ihr euch eines Tages für euer Handeln rechtfertigen müsst. Aber Gott ist gnädig und wird euch eure Sünden vergeben.«

Da spürte Augusta es wieder. Einen leichten Stich in ihrer Brust. Und eine unbeschreibliche Last, die sich auf ihr Herz legte und ihr fast den Atem nahm. Es fiel ihr schwer, Priester Adriáns Worten noch zu folgen. In ihrem Kopf machte sich ein unbeschreibliches Rauschen breit, das nur noch einzelne Fragmente seiner Predigt in ihr Ohr ließ.

»…die sieben Todsünden… Habgier… Tag des Jüngsten Gerichts…«

Schwester Augusta hatte das Gefühl zu ersticken und spürte plötzlich einen Stich, scharf wie von einem Messer in ihrem Kopf. Dazu einen Knall in ihrem Trommelfell. Dann merkte sie, wie sie aus ihrem Rollstuhl rutschte und das Bewusstsein verlor.

»Der dritte Schlaganfall in nicht einmal zwei Jahren. Einige sind auch wirklich gestraft!«

»Ja, sie kann einem wirklich leidtun, die Arme. Wo sie doch selbst so viele Jahrzehnte nur Gutes getan hat. Aber da siehst du mal wieder: Keiner bleibt verschont, nicht mal die Nonnen.«

»Da hast du wohl Recht. Aber es scheint irgendwie, als klammere sie sich am Leben fest und könne nicht richtig loslassen. Mensch, andere in dem Alter haut’s doch schon beim ersten Schlag weg.«

»Ja, traurig. Schwester Marta, wir setzen zunächst die intravenöse Lyse- und Heparintherapie fort. Wenn sie noch einmal aufwachen sollte, geben Sie ihr Novalgin oder Tramadol, falls sie Schmerzen hat.«

Augusta hatte jedes Wort gehört. Auch wenn sie die Stimmen der Ärzte, die bei der Visite eben neben ihrem Bett gestanden hatten, nur wie durch einen Schleier wahrgenommen hatte. Als sie nun ihre Augenlider mit größter Mühe öffnete, sah sie, wo sie sich befand: In einem modernen Krankhaus. Sie lag allein in dem Zimmer und sie konnte ihren eigenen Herzschlag anhand des überlaut eingestellten Monitors mit seinem fürchterlichen Piepen genau hören. Sie versuchte, ihre Beine zu bewegen: vergeblich. Auch ihre Arme und Hände wollten ihr nicht mehr gehorchen. Sie atmete heftig und spürte, wie ihr Herz immer schneller schlug, was der piepsende Monitor sofort mit einem Alarm quittierte.

Eine junge Krankenschwester eilte in ihr Zimmer und beugte sich über sie. »Hallo? Sind Sie wach? Können Sie mich hören?«

Mit einer kleinen Taschenlampe leuchtete die Schwester ihr abwechselnd in beide Augen. Augusta nickte.

»Prima. Können Sie verstehen was ich sage? Dann antworten Sie mir bitte oder nicken Sie noch einmal.«

Augusta flüsterte ein leises »Ja«.

»Das ist sehr schön Señora. Haben Sie Schmerzen?«

Augusta flüsterte »Nein«.

»Haben Sie einen Wunsch? Soll ich Ihnen etwas bringen?«

»Den Priester.«

»Priester Adrián aus dem Kloster? Ja? Gut. Ich lasse ihn holen. Versuchen Sie, noch ein bisschen zu schlafen und Kräfte zu sammeln.«

»Schwester Augusta?« Sanft strich Adrián über Augustas Wange. »Sie wollten mich sehen? Ich bin jetzt da!«

Augusta erwachte und ein leichtes Strahlen wanderte über ihr Gesicht.

»Sie sind da. Endlich!« Ihre Stimme war zwar nicht laut, aber trotz ihrer Lähmungen recht verständlich.

»Ich bin sofort zu Ihnen geeilt, Schwester. Was kann ich für Sie tun? Wie geht es Ihnen?«

»Ich will sterben. Und kann doch nicht«, flüsterte Augusta. »Ich möchte«, sie machte eine lange Pause, »dass Sie mir noch einmal die Beichte abnehmen, bevor ich hoffentlich endlich vor Gott treten kann.«

Adrián setzte sich auf einen Stuhl neben ihr Bett, rutschte ganz nah an sie heran, nahm ihre Hand und sprach ebenfalls leise zu ihr: »Im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes. Du hast gesündigt?«

»Ja«, flüsterte Augusta und machte wieder eine Pause, um zu Atem zu kommen. »Viel zu lange habe ich geschwiegen.« Wieder stockte ihre Stimme. »Ich habe Schreckliches getan und hoffe inständigst, der Herr möge mir vergeben.«

»Der Herr ist gnädig und wird dir verzeihen. Doch nun mein Kind, sage mir zunächst: Was hast du getan?«

Kapitel 1

1970

Eva war gerade dabei, eine hellblaue Mustang-Jeans mit weit ausgestelltem Bein zurück ins Regal zu räumen, als ihre Kollegin Claudia sie von hinten antippte: »Du sollst sofort zum Alten kommen. Er will dich sprechen. Ich würde mich beeilen. Er sah ziemlich wütend aus.«

»Was will er denn?«

»Keine Ahnung. Aber an deiner Stelle würde ich ihn nicht lange warten lassen.«

Eva atmete tief durch, denn sie hatte bereits eine Vorahnung, weswegen Herr Kaltenfluss, Inhaber des gleichnamigen Jeans-Fachgeschäftes »mit Tradition«, sie in sein Büro bestellt hatte. Auf dem Weg dorthin legte sie sich deshalb gedanklich schon einmal passende Worte der Entschuldigung bereit.

Aber ob ihm das reichte? Wohl nicht. Kaltenfluss war ein unangenehmer Zeitgenosse und ein ziemlich jähzorniger Chef. Oft schon hatte er sie oder ihre Kolleginnen wegen absoluter Lappalien angeschnauzt und Eva durchdrang schon jetzt das dumpfe Gefühl, dass er ihr die gestrige Aktion wohl nicht verzeihen würde.

Sie musste einfach an sein soziales Gewissen appellieren und zeitgleich ihre weiblichen Reize, die sie zweifelsohne besaß und denen Herr Kaltenfluss im Allgemeinen sehr aufgeschlossen gegenüber war, in Szene setzen.

Also legte Eva einen kurzen Zwischenstopp im Personalraum ein, um ihr Aussehen noch einmal kritisch zu überprüfen.

Sie blickte in den großen Wandspiegel, über den Kaltenfluss ein Schild hatte anbringen lassen: »So sieht Sie der Kunde«.

Eva war zufrieden mit dem, was die Kunden und auch sie selbst sahen. Ihr lilafarbener Mini-Rock war frisch gebügelt und saß am Po knackig. Ihre braunen Overknee-Stiefel mit den Plateauabsätzen waren ordentlich geputzt und die rosa Rüschenbluse mit den kleinen lila Kornblumen darauf betonte ihre schlanke Taille und ihren üppigen, aber festen Busen geradezu ideal. Der schwarze Kajalstift, mit dem sie ihre strahlenden blauen Augen umrandet hatte, war noch unverschmiert und mit dem blass rosafarbenen Lippenstift, den sie noch schnell aus der Häkeltasche in ihrem Spind fischte, zog sie auch noch einmal ihre Lippen nach. Dann tupfte sie sich ein paar Spritzer ihres derzeitigen Lieblingsparfums Janine D. hinter die Ohren und positionierte die Haarspange, auf der eine Blume appliziert war, noch einmal akkurat in ihrem langen, glatt geföhnten, blonden Haar. Sie schaute in den Spiegel und ließ ihren Blick über ihren Körper gleiten. Perfekt! Das musste Kaltenfluss einfach milde stimmen. Und wenn nicht? Eva überlegte, was sie nun noch tun könnte. Schnell knöpfte sie ihre Bluse auf, öffnete den Verschluss ihres BHs und warf diesen zusammen mit ihrer Häkeltasche zurück in ihren Spind. Das Scheppern des Wandlautsprechers riss sie aus ihren Gedanken. »Fräulein Mayrhuber bitte umgehend 100. Fräulein Mayrhuber bitte!«

Es war Kaltenfluss persönlich. Jetzt musste sie sich aber wirklich beeilen.

Der Chef saß hinter seinem schweren Mahagoni-Schreibtisch und sah sie ziemlich wütend an. »Grüß Gott, Herr Kaltenfluss! Sie wollten mich sprechen?«

»Da sind Sie ja endlich, Fräulein Mayrhuber. Setzen Sie sich. Warum hat das denn so lange gedauert?«

»Entschuldigung, ich war noch in einem Verkaufsgespräch mit einer Kundin und wollte diese natürlich nicht einfach so stehen lassen.«

Eva setzte sich auf den Besucherstuhl, dem Chef direkt gegenüber. Sie bemühte sich, dieses möglichst sexy zu tun. Überschlug ihre Beine, fuhr sich mit der Hand noch einmal kunstvoll durch ihr Haar und beugte sich schließlich so weit nach vorne, dass Herr Kaltenfluss den einen oder anderen Einblick in ihr Dekolleté musste erhaschen können. Ihr attraktives Aussehen, verteilt auf 175 Zentimeter, war jetzt ihre einzige, wenn nicht sogar letzte Chance. Das war ihr klar. »Fräulein Mayrhuber. Wie lange sind Sie nun schon bei uns?«

»So ungefähr ein halbes Jahr«, sagte Eva.

»Diese Zeit sollte Ihnen doch eigentlich gereicht haben, sich mit den Gegebenheiten unseres Hauses vertraut zu machen, oder?«

»Ja, schon.«

»Sie wissen, dass ich Ihnen damit, Sie sofort in den Verkauf zu lassen, eine sehr große Chance gegeben habe? Schließlich sind Sie eine ungelernte Kraft.«

»Ja, ich weiß.«

»Und bisher waren nicht nur Ihre Abteilungsleiterin Frau Schmidt, sondern auch ich immer zufrieden mit Ihren Leistungen. Sie haben sich schnell eingearbeitet, immer gut verkauft und waren bei Kunden und Kollegen äußerst beliebt. Aber mit dem, was gestern passiert ist, haben Sie mein Vertrauen in Sie maßlos enttäuscht.«

»Herr Kaltenfluss. Lassen Sie es mich bitte erklären.«

Eva berichtete ihrem Chef von der alleinerziehenden, arbeitslosen Mutter, die mit ihren drei Kindern in den Laden gekommen war. Die ihr dann ihr Leid geklagt hatte, über ihre düstere Situation ohne Mann, Job und Geld. Der Eva, weil sie ihr so leid tat, dann drei Kinderjeans zum Preis von einer gab, indem sie die Preisetiketten umgeklebt und so Neuware zu herabgesetzten Restposten umdeklariert hatte. Dummerweise hatte Brigitte Kaltenfluss, die Chefgattin, die sich um die Buchhaltung kümmerte und kurzzeitig die Kasse übernommen hatte, als die Kollegin eine kurze Pause machte, den Betrugsversuch sofort entdeckt.

 »Wie ich sehe, geben Sie den Verstoß zu. Sie wissen, was das heißt?«, fragte Kaltenfluss.

»Nein«, sagte Eva kleinlaut. »Es tut mir so leid. Aber ich wollte doch nur...«

Weiter kam sie nicht, denn Kaltenfluss fiel ihr direkt ins Wort. »Fräulein Mayrhuber! Wir sind doch hier nicht bei der Heilsarmee. Oder beim Roten Kreuz. Das geht so nicht. So leid es mir tut, ich muss Ihnen kündigen.«

»Aber ich habe doch nichts gestohlen.«

»Das vielleicht nicht, aber Sie haben uns hintergangen. Fräulein Mayrhuber, hier trennen sich unsere Wege. Sie werden das Haus sofort verlassen. Weil ich kein Unmensch bin, werde ich Ihnen den angebrochenen Monat bezahlen und damit hat es sich. Meine Frau wird Ihnen Ihre Unterlagen zuschicken.«

Eine halbe Stunde später hatte Eva bereits ihren Spind geräumt, sich von ihren geschockten Kolleginnen verabschiedet und schlich nun wie ein angeschossenes Reh durch die Kaufingerstraße, Münchens belebte Einkaufs-Fußgängerzone und dachte dabei über ihr verkorkstes Berufsleben nach.

Das war er nun gewesen. Ihr dritter Job in nicht einmal 12 Monaten. Jetzt musste sie also bei schönstem Wetter im Mai, statt gemütlich im Englischen Garten zu liegen, die neue Sommermode zu kaufen oder im Eiscafé zu sitzen, erst einmal wieder die Stellenanzeigen in der Abendzeitung lesen und wieder auf ihrer alten Schreibmaschine, auf der das »M« immer klemmte, Bewerbungsunterlagen tippen. Ihr graute davor. Vielleicht sollte sie es mal in einer ganz anderen Branche als dem Einzelhandel versuchen? Der hatte ihr ja weiß Gott irgendwie kein Glück gebracht. Im Hotelgewerbe? Sprachbegabt war sie. Englisch, Französisch und Spanisch konnte sie. Hätte sie bloß ihre blöde Fremdsprachenschule nach der Mittleren Reife fertig gemacht. Dann wäre sie heute bestimmt Sekretärin oder Übersetzerin und müsste sich nicht mit Gelegenheitsjobs durchschlagen. Aber die Lehrer waren einfach wirklich zu spießig gewesen. Und dann war vor zwei Jahren ja auch noch Alex auf einer Party in ihr Leben getreten. Sie hatten eine wilde Zeit gehabt. Viel gefeiert, viele Kurse und Vorlesungen geschwänzt. Er die Uni und sie ihre Fremdsprachenschule. Tagelang lagen sie nur im Bett. Bis Eva schließlich durch zwei große Prüfungen gerasselt war und das letzte Schuljahr komplett hätte wiederholen müssen. Doch dazu hatte sie beim besten Willen keine Lust gehabt.

Seitdem versuchte sie es in diversen Klamottenboutiquen, in einem Blumengeschäft und einer Bäckerei und hatte trotz den ganzen Jobwechseln eigentlich immer ganz ordentlich verdient. Zwar nicht die Welt, aber genug zum Leben, so dass es für sie keinen Grund gab, sich um einen Ausbildungsplatz zu bemühen und dann wieder nur mit ein paar hundert Mark im Monat auskommen zu müssen. Zu sehr gefiel es ihr, sich ab und zu etwas zu gönnen. Ein paar Klamotten hier, eine Langspielplatte dort, ein teures Parfum….

Alex hingegen hatte sein Musikstudium trotz der verpassten Vorlesungen fast geschafft, alle Scheine beisammen und obwohl die Karriereaussichten für Studenten dieses Fachs eher mäßig waren, vor ein paar Wochen einen absoluten Treffer in Susis Tanzbar gelandet. Susis Tanzbar war ein übler Anmachschuppen für alleinstehende Mittvierziger in Schwabing, in dem Alex dreimal pro Woche abends auftrat. Eine Art Kontaktcafé mit Damenwahl. Ähnlich dem berühmten Café Keese auf der Hamburger Reeperbahn. Mit viel Plüsch und Kitsch, inklusive kleinen Tischtelefonen und großer Discokugel. Alex stand hier auf der Bühne, sang die aktuellen Schlager der Hitparade rauf und runter und begleitete sich dabei selbst am Keyboard oder ließ zu seinem Gesang ein Halbplayback mit der Musik vom Band laufen. Weniger, um sich künstlerisch zur verwirklichen, wie er immer sagte, sondern mehr, weil der Job recht gut bezahlt war und ihm die ein oder andere flirtwillige Dame gerne ein üppiges Trinkgeld zusteckte, wenn er mit seiner »wunderbar rauchigen und unverwechselbaren Stimme«, wie sie immer sagten, noch einmal »Dein schönstes Geschenk« von Roy Black oder »Du« von Peter Maffay für sie zum Besten gab.

Es war kein Wunder, dass Alex so gut bei den weiblichen Gästen ankam: Er war ein absoluter Frauentyp. 27 Jahre alt, 1,91 Meter groß, mit breiten Schultern und schmaler Taille. Dazu halblanges, dunkelbraunes Haar, braune Knopf-Augen und schlanke, aber doch männliche Hände. Auch Eva hatte sich vor gut zwei Jahren sofort in ihn verliebt, als er ihr von einer Freundin auf besagter Party vorgestellt wurde. Zunächst hatte sie gedacht, er sei Südländer, als er da so vor ihr stand, mit seinem dunklen Haar, dem dunklen Teint und dem rassigen Brusthaar, das sich seinen Weg aus seinem lässig aufgeknöpften Hemd bahnte. Doch Alex war ein original Münchner Kindl, genau wie sie.

Sie hatten geredet, getanzt und getrunken. Von allem ein bisschen zu viel. Und er roch so gut. Wenn der Spruch, man könne jemanden »gut riechen« stimmte, dann passte er zu 150 Prozent auf Alex. Eine herb-holzige Wolke mit einem Hauch Patschuli umgab ihn und Eva hätte ihn schon an diesem ersten Abend auffressen können.

Nach Verlassen der Party, auf dem Weg zu ihren Fahrrädern, hatten sie das erste Mal geknutscht. Eva konnte sich noch genau an diese leidenschaftlichen Küsse erinnern. Es waren Küsse, mit denen er sie sofort um den Verstand gebracht hatte. Kein Mann zuvor hatte sie einerseits so zärtlich und gleichzeitig so leidenschaftlich und fordernd geküsst. Sie war damals wie von Sinnen gewesen von ihm, den Küssen und dem Alkohol. Sie hatte ihn ohne Zögern in seine kleine Studentenbude begleitet, wo sie sich schon im Eingang die Klamotten vom Leib gerissen und anschließend die ganze Nacht stürmisch geliebt hatten.

»Danke Pharmaindustrie!«, hatte Eva am nächsten Morgen gedacht als sie eine Anti-Baby-Pille, die seit ein paar Jahren endlich auch in Deutschland erhältlich war, eingenommen hatte.

Seit damals waren sie zusammen. Sie und Alex. Das war etwas Großes, da waren sie sich sicher. Und so zogen sie schon nach ein paar Monaten zusammen in eine kleine Zweizimmerwohnung im bezahlbaren Stadtteil Giesing, die sie beide trotz ihres recht überschaubaren Einkommens sehr schick und gemütlich eingerichtet hatten.

Ein Manager der Plattenfirma Intercord hatte Alex nun angesprochen, da ihn sein Auftritt bei einem Besuch »absolut umgehauen hatte«, wie er sagte. Man bestellte ihn zu Probeaufnahmen in ein Tonstudio und allesamt waren danach vom Ergebnis und seinen Sangeskünsten äußerst angetan gewesen. Daraufhin bot man ihm einen Plattenvertrag an. Und dessen Details wollten die Manager heute mit ihm bei einem gemeinsamen Mittagessen im Paulaner Biergarten besprechen.

Eva blickte auf ihre Armbanduhr: Viertel nach Zwölf. Jetzt musste sie ihm die Daumen drücken, damit alles gut lief.

Eigentlich war ja alles klar. Es ging nur noch um ein paar nicht ganz unwichtige Faktoren, wie seine Gage zum Beispiel. Aber Alex hatte gemeint, dass die Manager von einer Vorauszahlung von mindestens 10.000 Mark gesprochen hätten.

Eva lief ein wohliger Schauer den Rücken hinunter. Vielleicht könnte sie ja ganz aufhören zu arbeiten. Das wäre doch dufte. Dann würde sie erst mal ganz gemütlich zuhause bleiben und sich in Ruhe darüber klar werden, was sie in Zukunft eigentlich machen wollte.

Vielleicht eine Ausbildung zur Heilpraktikerin? Oder doch noch mal zurück auf die Sprachenschule? Wenn Alex erst mal ein großer Popstar war, musste sie sich um ihre Zukunft eh keine Sorgen mehr machen.

»Begrüßen Sie mit mir in der ZDF-Hitparade: Alex Roth mit seinem neuesten Hit ‚Bleib bei mir’.«

Eva musste grinsen, als sie sich vorstellte, wie Dieter-Thomas Heck ihren Alex wohl anmoderieren würde und all ihre Freundinnen ihn im Fernsehen sähen. Mittendrin zwischen Roy Black und Peter Maffay. Sie selbst würde strahlend in der ersten Reihe sitzen und nach der Sendung die Fans mit Autogrammkarten versorgen. Alex auf Tourneen begleiten und ihm als Muse zur Seite stehen – ja, das wäre doch mal ein Job, der ihr gefallen würde.

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2022
ISBN (eBook)
9783966557832
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2022 (Juni)
Schlagworte
Inselroman Liebesroman Sommerroman Urlaubsroman Feelgood-Roman Mallorca-Roman Anja Saskia Beyer Rosie M. Clark Neuheiten eBooks
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Titel: Sommerkuss und Inselglück