Lade Inhalt...

Die Toten von Schweden

Drei Krimis in einem eBook: »Und die Götter schweigen«, »Totenwache« und »Tod im Jungfernturm«

©2023 1000 Seiten

Zusammenfassung

In der Stille hört dich niemand schreien: Der packende Krimi-Sammelband »Die Toten von Schweden« von Anna Jansson jetzt als eBook bei dotbooks.

Niemals hätte die junge Polizeiassistentin Maria Wern geglaubt, dass in dem kleinen schwedischen Ort Kronköping je etwas Schreckliches geschehen könnte – doch als im Wald ein aufgehängter Mann gefunden wird, brutal mit einer Lanze durchbohrt und umringt von acht toten Tieren, erkennt sie, dass der idyllische Schein trügt. Ein wahnsinniger Ritualmörder hat es auf Kronköping abgesehen – und Maria bleibt nur wenig Zeit, bis er sein nächstes Opfer ins Visier nimmt … Grausame Morde, mysteriöse Verwicklungen und blutige Spuren: Fall für Fall verstrickt sich die Ermittlerin immer tiefer in die dunklen Geheimnisse des Dorfes – bis diese ihr zum Verhängnis zu werden drohen …

Jetzt als eBook kaufen und genießen: Der Spannungs-Sammelband »Die Toten von Schweden« von Anna Jansson, Autorin der »Kommissar Bark«-Krimireihe, wird alle Fans von Johanna Mo begeistern und umfasst die Einzelbände »Und die Götter schweigen«, »Totenwache« und »Tod im Jungfernturm«. Wer liest, hat mehr vom Leben: dotbooks – der eBook-Verlag.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Über dieses Buch:

Niemals hätte die junge Polizeiassistentin Maria Wern geglaubt, dass in dem kleinen schwedischen Ort Kronköping je etwas Schreckliches geschehen könnte – doch als im Wald ein aufgehängter Mann gefunden wird, brutal mit einer Lanze durchbohrt und umringt von acht toten Tieren, erkennt sie, dass der idyllische Schein trügt. Ein wahnsinniger Ritualmörder hat es auf Kronköping abgesehen – und Maria bleibt nur wenig Zeit, bis er sein nächstes Opfer ins Visier nimmt … Grausame Morde, mysteriöse Verwicklungen und blutige Spuren: Fall für Fall verstrickt sich die Ermittlerin immer tiefer in die dunklen Geheimnisse des Dorfes – bis diese ihr zum Verhängnis zu werden drohen …

Über die Autorin:

Anna Jansson, geboren 1958 auf Gotland, ist gelernte Krankenschwester und begann 1997, Kriminalromane, Sach- und Kinderbücher zu schreiben. Zahlreiche ihrer Krimis um die Kommissarin Maria Wern wurden verfilmt und in Deutschland unter dem Serientitel „Maria Wern, Kripo Gotland“ ausgestrahlt. Anna Jansson lebt mit ihrer Familie in Örebo.

Die Autorin im Internet (Website in schwedischer Sprache): www.thriller.nu

Bei dotbooks ermittelt Maria Wern in folgenden Kriminalromanen: »Und die Götter schweigen«, »Totenwache«, »Tod im Jungfernturm«, »Schwarze Schmetterlinge«, »Das Geheimnis der toten Vögel«.

Die ersten drei Bände ihrer Maria-Wern-Serie erschienen außerdem in dem Sammelband »Die Toten von Schweden«.

***

Sammelband-Originalausgabe April 2023

Copyright © der Sammelband-Originalausgabe 2023 dotbooks GmbH, München

Eine Übersicht aller Rechtenachweise finden Sie am Ende dieses eBooks.

Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.

Titelbildgestaltung: Nele Schütz Design unter Verwendung von AdobeStock/Margit Klute

eBook-Herstellung: Open Publishing GmbH (ah)

ISBN 978-3-98690-540-8

***

Liebe Leserin, lieber Leser, wir freuen uns, dass Sie sich für dieses eBook entschieden haben. Bitte beachten Sie, dass Sie damit ausschließlich ein Leserecht erworben haben: Sie dürfen dieses eBook – anders als ein gedrucktes Buch – nicht verleihen, verkaufen, in anderer Form weitergeben oder Dritten zugänglich machen. Die unerlaubte Verbreitung von eBooks ist – wie der illegale Download von Musikdateien und Videos – untersagt und kein Freundschaftsdienst oder Bagatelldelikt, sondern Diebstahl geistigen Eigentums, mit dem Sie sich strafbar machen und der Autorin oder dem Autor finanziellen Schaden zufügen. Bei Fragen können Sie sich jederzeit direkt an uns wenden: info@dotbooks.de. Mit herzlichem Gruß: das Team des dotbooks-Verlags

***

Sind Sie auf der Suche nach attraktiven Preisschnäppchen, spannenden Neuerscheinungen und Gewinnspielen, bei denen Sie sich auf kostenlose eBooks freuen können? Dann melden Sie sich jetzt für unseren Newsletter an: www.dotbooks.de/newsletter (Unkomplizierte Kündigung-per-Klick jederzeit möglich.)

***

Wenn Ihnen dieser Roman gefallen hat, empfehlen wir Ihnen gerne weitere Bücher aus unserem Programm. Schicken Sie einfach eine eMail mit dem Stichwort »Die Toten von Schweden« an: lesetipp@dotbooks.de (Wir nutzen Ihre an uns übermittelten Daten nur, um Ihre Anfrage beantworten zu können – danach werden sie ohne Auswertung, Weitergabe an Dritte oder zeitliche Verzögerung gelöscht.)

***

Besuchen Sie uns im Internet:

www.dotbooks.de

www.facebook.com/dotbooks

www.instagram.com/dotbooks

blog.dotbooks.de/

Anna Jansson

Die Toten von Schweden

Drei Krimis in einem eBook: »Und die Götter schweigen«, »Totenwache« und »Tod im Jungfernturm«

Aus dem Schwedischen von Eckehard Schultz und Susanne Dahmann

dotbooks.

Und die Götter schweigen

Aus dem Schwedischen von Eckehard Schultz

Wie ein grausames Kunstwerk schwingen sie im kalten Wind: acht tote Tiere – und ein Mann. Mit einer Lanze durchbohrt, ausgeblutet und an einen Baum aufgehängt. Alles deutet auf einen Ritualmord hin. Doch wer ist zu einem solchen Wahnsinn fähig? Angst breitet sich aus im kleinen schwedischen Kronköping. Ihre Ermittlungen führen die junge Polizeiassistentin Maria Wern zu einem Professor für Völkerkunde und nordische Mythologie. So findet sie heraus, dass es vor Jahren einen nahezu identischen Mord in Uppsala gab – doch die damalige Täterin ist tot. Wer hat ein Motiv, in ihre Fußstapfen zu treten … und wen wird es als Nächstes treffen?

Vorbemerkung der Autorin:
Die Ideen zu diesem Roman habe ich in meiner Umgebung gesammelt. Einige Kleinigkeiten entstammen allerdings meiner eigenen Phantasie, auch wenn das unwahrscheinlich klingt. Beispielsweise weiß ich nicht, ob vor dem Polizeigebäude in Uppsala Weidenbäume stehen. Sollte das nicht der Fall sein, so empfehle ich den Verantwortlichen, sich darüber Gedanken zu machen. Weiden sind schöne Bäume.

Auch keiner der Protagonisten des Buches existiert so in der Wirklichkeit. Ich habe sie alle nach meinen Vorstellungen erfunden. Das betrifft ganz besonders die Schwiegermutter, die in keiner Weise meiner geliebten Schwiegermutter gleicht.

Kapitel 1

22. DEZEMBER

Schneeflocken tanzten in der kalten Morgendämmerung. Langsam sanken sie auf die Erde und bedeckten den feuchten Lehmboden. Der Himmel hing mächtig und grau wie Blei über den Bäumen. Zwischen den Fichten war die Dunkelheit undurchdringlich. Ein dumpfes Geräusch erfüllte den Wald. Kriminalinspektor Hartman bahnte sich mühsam einen Weg durch das Gebüsch. Ihm folgte ein alter Mann in Blaumann, Sportmütze und abgetragener Lederjacke. Edvin atmete schwer. Der tote Hund in seinen Armen ließ ihn immer wieder stolpern. Flüsternd wiederholte er den Namen des Tieres und strich mit der Hand über das weiße, blutgetränkte Fell. Maria Wern legte den Arm um die mageren Schultern des Alten, um ihn zu stützen. Ihr eigenes Zittern versuchte sie zu verbergen. Sie war noch nicht so lange bei der Polizei, als dass sie solch grausamen Taten gleichgültig gegenübergestanden hätte. Vorsichtig lief sie über kantige Steine und schlüpfrige Wurzeln. Der Lichtkegel der Taschenlampe glitt unsicher zwischen den Bäumen hin und her. Das Geräusch wurde jetzt lauter und dumpfer. Die kahlen Zweige der Laubbäume zeichneten sich gegen das Grau des Himmels ab. Der Wind heulte um die Bäume.

»Da«, zeigte Edvin, »da war es!« Hartman gab ihnen mit einem Handzeichen zu verstehen, dass sie stehen bleiben sollten. Der Boden war weich. Je weniger Fußabdrücke, desto besser.

Im Licht der Taschenlampe war jetzt ein großes schwarzes Bündel zu erkennen, das an einem Ast hing und gegen den Baumstamm schlug. Das weiße Gesicht und die bloßen Hände leuchteten nackt und bizarr. Das Hemd des Mannes war zerrissen, der Bauch von einem Stab durchbohrt. Die Zunge hing schwarz aufgequollen zwischen den Zähnen. Die Augen waren halb geschlossen. Weiße Flocken setzten sich vorwitzig in das Haar des Mannes. Vielleicht eine besondere Laune der Natur, um das Geschehen zu verstecken, kam es Hartman in den Sinn. Plötzlich merkte er, dass er fror.

Nachdem das Gelände abgesperrt und die Verstärkung eingetroffen war, brachte Maria Wern den alten Mann nach Hause. Erika Lund von der Spurensicherung hatte den Hund an sich genommen. Nur widerwillig hatte der Besitzer ihn hergegeben. Erika musste ihm versprechen, dass er den Körper zurückbekommen würde, damit er den Hund zu Hause auf seinem Grundstück unter der Birke begraben konnte.

Sie gingen nebeneinander den Schotterweg entlang. Düstere Fichten standen zu beiden Seiten des Weges. Nur allmählich wurden sie durch schlanke Birken und dunkle Wacholderbüsche ersetzt, die den Anfang des Sumpfgebietes anzeigten. Ein halb verrotteter Hochsitz ragte in den grauen Himmel. Am anderen Ende des Moores konnte man ein dunkelrotes Häuschen erahnen. Maria und Edvin bewegten sich langsam darauf zu. Der Alte sprach ununterbrochen über das Ereignis. Ständig wiederholte er, was geschehen war, und Maria ließ ihn reden, ohne ihn zu unterbrechen. Wer weiß, ob er jemanden hatte, mit dem er über das schreckliche Erlebnis sprechen konnte. Maria hatte schon oft alte Menschen erlebt, deren Leben durch einen erschütternden Vorfall zerstört wurde, weil sie niemanden hatten, mit dem sie reden konnten. Ein Einbruch, ein Handtaschenraub, und schon saß der Schock so tief, dass sie sich vollkommen zurückzogen und kaum mehr hinauswagten.

Die Küche war klein und unmodern, die braune großgemusterte Tapete und die türkisfarbenen Küchenmöbel passten ganz und gar nicht zusammen. Auf einer Leine über dem mit Holz beheizten Herd hingen zwei Paar grobe Wollsocken, die leicht dampften. Die Kupferkessel an den Wänden blitzten frisch geputzt in hellem Glanz. In einem dreibeinigen Leuchter auf der Herdplatte warteten die Kerzen darauf, angezündet zu werden, wenn die Feiertage begannen. Edvin bat Maria Platz zu nehmen und setzte den Wasserkessel auf. Maria zog eine Karte aus der Tasche und legte sie auf den Tisch. Zusammen folgten sie auf dem Papier dem Bach in den Wald hinein bis zum Tatort. Das Gebiet stand als vorgeschichtliche Kultstätte unter Schutz, es war ein steinzeitliches Grabfeld mit Steinhaufen. Der Abstand zwischen den Häusern war groß. Der nächste Nachbar wohnte beinahe fünf Kilometer weiter weg, stellte Maria fest und faltete die Karte zusammen, um Platz für die Kaffeetassen zu machen. Aus der Vorratskammer holte Edvin eine Platte mit Apfelkuchen. Maria sah, dass Schimmel wie weißer Flor über dem Gebäck lag, nahm aber höflich ein Stück an. Edvin war schrecklich traurig. Der Hund war seine ganze Familie, sein einziger Kamerad im Leben. Loki sei so lieb und gehorsam gewesen. Und so viele Preise habe er auf Ausstellungen eingeheimst. Nie habe er ihn anleinen müssen. Er habe ihn nur zur Tür hinausgelassen, und dann sei er rüber in den Wald gelaufen und habe sein Geschäft gemacht. Vorgestern, am 20. Dezember, sei Loki nachmittags nicht zurückgekommen. Den ganzen Abend lang habe er ihn gesucht, und auch gestern sei er schon in der Morgendämmerung hinausgegangen und habe den Wald durchkämmt. Einen Dachs oder ein Fuchseisen habe er sich vorstellen können, aber doch nicht ... Seine Stimme versagte.

»Haben Sie heute Nacht etwas schlafen können?« Maria schämte sich der Frage nach dem nächtlichen Tun ein wenig. Sie hatte Angst, der alte Mann würde sich beschuldigt vorkommen.

»Kein Auge habe ich zugetan. Zweimal bin ich aufgestanden und habe Kaffee gekocht.«

»Aber Sie waren die ganze Nacht über hier im Haus?«

»Ja, größtenteils war ich das wohl.«

»Größtenteils?«

»Ein Gentleman bringt eine Dame nicht in Verlegenheit, indem er ihr von seinen nächtlichen Verabredungen erzählt.«

»Wenn ich Sie richtig verstehe, hatten Sie also eine nächtliche Verabredung mit einer Dame?« Der Alte kniff den Mund zu einem schmalen Strich zusammen, unter dem Schirm der Mütze blitzten seine Augen keck.

»Können Sie mir sagen, von wann bis wann Sie unterwegs gewesen sind?«

»Um sieben bin ich mit dem Rad von zu Hause aus weg, und um neun war ich wieder da.« Maria konnte ein Lächeln kaum unterdrücken. So richtig nächtlich war die Verabredung ja wohl nicht zu nennen.

»Waren Sie vielleicht in diesem kleinen Haus an der Bushaltestelle zu Besuch?« Edvin Rudbäck starrte Maria entgeistert an. »Woher wissen Sie das?«

»Das scheint Ihr einziger Nachbar im Umkreis von mehreren Kilometern zu sein. Wenn Sie also keinen Motor an Ihrem Rad haben, können Sie es meiner Schätzung nach in der kurzen Zeit nicht weiter geschafft haben.«

»Kann ja sein, kann ja sein«, lachte der alte Mann verlegen und schob sich die Mütze in die Stirn.

Das laute Pfeifen des Wasserkessels ließ Maria vom Stuhl hochfahren. Edvin blickte sie erstaunt an und goss den Kaffee ein. Maria probierte vorsichtig und musste sich zusammenreißen, nicht gleich alles wieder auszuspucken. Der Kaffee war mit Brackwasser gemacht und schmeckte total versalzen. Anscheinend hatte Edvin Rudbäck einen eigenen Brunnen und war so an den Geschmack gewöhnt, dass er nicht merkte, wie salzig der Kaffee schmeckte. Maria schluckte tapfer und lächelte dem alten Mann freundlich zu.

Früh am Morgen hatte Edvin seine Taschenlampe genommen und am Bach gesucht. Es war noch dunkel gewesen. Das Gelände war dicht mit Büschen bewachsen, und er war nur langsam vorangekommen. Er hatte wenig erkennen können und war über eine Wurzel gestolpert und hingefallen. Als er da in der Nässe saß, war ihm etwas Großes und Schwarzes aufgefallen, das in einem Baum oberhalb des Baches hing. Die Stimme des Mannes stockte.

»Da war ein Mensch, ein Toter, der da am Baum hing, und neben ihm hing Loki. Der hatte auch eine Schlinge um den Hals. Ich ging nach Hause, holte ein Messer und schnitt ihn ab.« Die Stimme des Alten wurde leise und erstarb. Maria legte ihre Hand auf die runzlige Faust. Das Ticken der Küchenuhr war der einzige Laut im Raum. Maria unterdrückte ein Schütteln, als ihr bewusst wurde, dass das Messer, mit dem der Mann den Apfelkuchen geschnitten hatte, das gleiche sein musste, mit dem er den Hund losgeschnitten hatte. Es lag kein Brotmesser in dem ansonsten vollen Spülbecken.

»Es hingen mehrere Tiere im Baum. Da waren ein Hahn, ein Kaninchen und eine Katze. Das weiß ich ziemlich genau. Elin, die an der Bushaltestelle wohnt, vermisst seit dem Wochenende ihre Katze. Vorgestern Abend haben wir darüber gesprochen. Was ist das für ein Verrückter, der die Tiere von anderen Leuten umbringt? Kann das der Tote gewesen sein, der zuerst die Tiere und dann sich selbst aufgehängt hat? Und wenn er das nicht gewesen ist, ist es doch Mord!« Die wässrigen Augen des Alten, die auf die Tischplatte gestarrt hatten, suchten fragend Marias Blick. Mit einer Geste der Ehrfurcht vor dem Tod nahm er die Mütze ab und legte sie auf den Küchentisch. Das graue Haar war platt und von der Kopfbedeckung geformt.

»Haben Sie in der letzten Woche hier in der Gegend fremde Leute gesehen, oder ist Ihnen irgendwas anderes Ungewöhnliches oder Merkwürdiges aufgefallen?«

Der alte Mann schüttelte den Kopf. Er war zu aufgeregt, um klar denken zu können. Maria bat ihn um den Busfahrplan, einen Stift und ein Stück Papier. Der letzte Bus fuhr um 18.00 Uhr von der Haltestelle ab, der erste um 7.00 in der Frühe. Am wahrscheinlichsten war wohl, dass das Opfer und der Täter mit dem Auto gekommen waren, zusammen oder jeder für sich. Maria schrieb ihre Telefonnummer auf einen Zettel und gab ihn dem Mann, lehnte höflich eine weitere Tasse Kaffee ab und bedankte sich für den Apfelkuchen. In der Tür zögerte sie.

»Wenn Ihnen was einfällt, es kann noch so nebensächlich sein, dann rufen Sie mich unbedingt an.« Edvin Rudbäck nickte und setzte sich die Mütze wieder auf. Den Schirm zog er so weit herunter, dass seine Augen im Schatten verborgen lagen. Er blickte Maria nach, bis sie im Wald verschwunden war.

Verdammt, beinahe wäre er erwischt worden! Edvin eilte hinaus in den Holzschuppen, seine eigene Dummheit verfluchend. Sorgfältig versteckte er sein Geheimnis im Holzstapel. Zwischendurch hielt er inne und lauschte. Aber alles war ruhig und still. Die einzigen Geräusche waren sein eigenes Atmen und das Spiel des Windes mit den trockenen Blättern auf dem Hof.

Kapitel 2

Der Schneefall hatte zugenommen. Der Tatort war vollkommen in Weiß gehüllt. Erleichtert stellte Maria fest, dass der Tote vom Baum abgenommen worden war. Nur die Tiere hingen noch da. Hartman kam Maria entgegen und teilte ihr die neuesten Erkenntnisse mit. Ein Mensch und acht männliche Tiere waren in dem Baum aufgehängt worden, einer Esche, wie Erika festgestellt hatte. Der Mann war identifiziert worden. Die Brieftasche in seiner Hosentasche enthielt den Führerschein und Geld. Er hieß Dick Wallström, war Schlachter, 57Jahre alt und allein stehend, oder zumindest allein lebend.

»Arvidsson ist jetzt in der Stadt und spricht mit den Kollegen. Wir müssen die Angehörigen informieren, bevor die Presse hier auftaucht und sich mit ihren Kameras an uns hängt. Wenn wir Glück haben, erscheint der Fall erst morgen in der Zeitung«, schloss Hartman seine Ausführungen.

Erika Lund erhob sich mühsam mit der Hand auf dem Rücken. Auf ihrem braunen Haarschopf lag eine weiße Schneeschicht. Steifbeinig trat sie auf die beiden zu.

»Wir haben Fußspuren gesichert. Außer den Graninge-Jagdstiefeln des alten Mannes haben wir zwei verschiedene Schuhpaare, die Abdrücke im Lehm hinterlassen haben, große Abdrücke, etwa Schuhgröße 42 und 46, würde ich meinen. Das Opfer hat keine Schuhe an. Das ist eigenartig.« Erika Lund fuhr sich mit der Hand durch die braunen Locken und blickte Hartman fragend an. »Außerdem haben wir Haare gefunden, wahrscheinlich menschliche, in unterschiedlichen Farben und Längen. Es sieht so aus, als ob uns jemand hinters Licht führen will, als ob wir viel Zeit mit DNA-Analysen vergeuden sollen. Der oder die Mörder scheinen viel Zeit gehabt und gründlich geplant zu haben. Die Tat hat etwas von einem Ritual. Es steht ein starker Wille dahinter. Wir haben eine Weizenähre, eine alte Sichel und getrocknete Ebereschenzweige mit Beeren dran gefunden. Auf dem Boden unter dem Toten war ein Zeichen im Lehm, viel zu kompliziert, als dass es zufällig dahingekommen sein kann. Das gleiche Zeichen ist in den Stein unten am Bach geritzt worden.« Maria sah schemenhaft einen großen Stein unten in der Senke, bei dem mehrere Kollegen standen. »Ein sehr ungewöhnliches Detail sind die Nägel des Opfers. Sie sind bis weit ins Fleisch hinein abgeschnitten, sowohl die Finger- als auch die Fußnägel«, fuhr Erika fort und verzog das Gesicht. »Wenn es vor dem Tod geschehen ist, muss es sehr wehgetan haben!«

Maria berichtete von ihrem Gespräch mit dem alten Mann und erwähnte die Frau, deren Katze verschwunden war.

»Sie ist die nächste Nachbarin im Umkreis von mehreren Kilometern. Ich kann mit ihr sprechen und ebenso mit den Busfahrern, die in der letzten Woche diese Linie gefahren sind.« Hartman nickte.

Ein Auto näherte sich der Absperrung und bremste. Kommissar Åke Ragnarsson stieg aus, die obligatorische Kippe im Mundwinkel. Der allzu kurze und weite Mantel flatterte im Wind. Mit mürrischem Grunzen begrüßte er seine Untergebenen. Maria blickte ihren Chef an, und die Züge um ihren Mund wurden härter. Obwohl sie noch nicht lange in Kronköping war, wusste sie schon, dass die Arbeit unter der Leitung von Kriminalinspektor Hartman umso reibungsloser funktionierte, je weniger Kommissar Ragnarsson sich einmischte. Maria und ihre Kollegen Arvidsson und Ek bezeichneten die beiden klammheimlich als Ruhe und Sturm. Arvidsson ließ sich manchmal dazu verführen, sie Sturm und Flaute zu nennen. Aber das war ungerecht gegenüber Hartman. Hinter seiner unerschütterlichen Ruhe verbarg sich eine ungeahnte Effektivität.

Kommissar Ragnarsson-Sturm hingegen war immer geschäftig. Seine Stimme war unüberhörbar, und er setzte sie vor allem dazu ein, seine Untergebenen zu kritisieren. Ein freundliches Wort war höchst selten, und noch nie hatte ihn jemand lachen sehen. Derjenige, der es schaffen würde, Ragnarsson zum Lachen zu bringen, wäre um 560 Kronen reicher – so hoch war inzwischen der Wetteinsatz. Jede Woche war ein Zehner als Einsatz fällig, und die Versuche steigerten sich im gleichen Maß, wie der Jackpot wuchs. Zu allem Überfluss hielt Ragnarsson nichts von Polizistinnen und ließ keine Gelegenheit aus, dies kundzutun. Als Ragnarsson-Sturms kräftig gebaute Frau zu Besuch war, hatte Erika Lund Maria zugeflüstert: »Es sind die kleinen Hunde, die am lautesten bellen, die kleinen Hunde an der Leine.«

»Wern, du kannst auf die Wache fahren und ein paar Thermoskannen Kaffee machen. Frag mal, wie viele von den Jungs Pizza haben wollen. Die kannst du auf dem Rückweg abholen, wenn du sie jetzt bestellst.« Maria kniff den Mund zusammen. Diskussion war fehl am Platze.

Arvidsson saß im Pausenraum. Seine langen Beine reichten bis auf die andere Seite des Tisches. Vor ihm lag auf einem der viel zu kleinen Teller der Wache eine enorme Pizza. Mit seinen großen Händen schaufelte Arvidsson das Essen in sich hinein. Maria versuchte vergeblich, Augenkontakt mit ihm zu bekommen. Stattdessen sah sie nur seinen roten Haarschopf. Arvidsson war vollkommen auf seine Mahlzeit konzentriert.

»Neid ist das beste Gewürz, sagt man. Die Pizza sieht gut aus. Ich habe heute nur verschimmelten Apfelkuchen gegessen.«

Arvidsson errötete. Er ärgerte sich über sich selbst, aber auch über Maria, weil er rot wurde, wenn sie ihn ansprach. Sie war so herausfordernd hübsch. Damit konnte er schlecht umgehen. Wenn er nicht so fürchterlich schüchtern gewesen wäre, hätte er ihr etwas von der Pizza abgeben können. Daraus wurde nun nichts.

Arvidsson war in Kronköpings Genossenschaftsschlachterei gewesen, wo Dick Wallström gearbeitet hatte. Die Kollegen hatten Dick eigentlich nicht vermisst. Niemand hatte auf ihn und seine Arbeitszeiten geachtet. Als einzige Angehörige hatte Arvidsson mit einiger Mühe Wallströms Freundin, Stina Ohlsson, ausfindig gemacht. Am Telefon hatte sie Arvidsson angeschrien und sich geweigert, mit der Polizei zu sprechen. Sie wollte keinen Polizisten sehen, allenfalls konnte sie sich vorstellen, mit einer Polizistin zu reden. Entscheiden würde sie das aber erst, wenn sie die Frau gesehen habe. Arvidsson war sich sicher, dass die Frau angetrunken gewesen war. Maria konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen. Es lief wohl darauf hinaus, dass sie die Pizza und das Verhör mit Edvins Nachbarin gegen Stina Ohlsson tauschte, die ungern mit männlichen Kollegen sprach. Arvidsson war erleichtert, weil er sich nicht mehr um die Frau kümmern musste. Ein Lächeln zeigte sich auf seinem von Aknenarben übersäten Gesicht, und seine grünen Augen sahen Maria dankbar an.

»Danke für deine Hilfe.«

Dichter Schnee fiel, als Maria nach Videvägen einbog, dem verrufenen Wohngebiet am östlichen Stadtrand. Maria wollte auf keinen Fall Vorurteile haben, aber sie hatte in der kurzen Zeit in Kronköping bereits festgestellt, dass die Bewohner von Videvägen häufiger zum Verhör bei der Polizei vorgeladen wurden als andere Leute. Allerdings ging es meist um Schwarzbrennen, illegalen Schnapsverkauf, kleinere Einbrüche oder Hehlerei, selten um schwerere Vergehen.

Auf dem großen Parkplatz standen nur wenige Autos. Maria bemerkte, wie sich in der dritten Etage die Gardine bewegte. Sie musste lange klingeln, ehe trippelnde Schritte ihr zu verstehen gaben, dass jemand zu Hause war. Gründlich wurde sie durch den Türspion beobachtet, ehe sie für gut befunden und hereingelassen wurde. Die Frau, die die Tür öffnete, sah aus wie eine Sahnetorte. Ihr Mund glich einer Cocktailkirsche, der Rest war pures Marzipan. Sie sah überhaupt nicht aus wie jemand, der die Polizei am Telefon anschreit, wenn es denn für solche Leute einen gemeinsamen Nenner gab.

Ein mit Schleifchen geschmückter Pudel tänzelte vor ihnen her ins Wohnzimmer, das voller Seidenblumen, Duftbällchen, Trockensträuße und geblümter Kissen war. Überall hingen Bilder mit »weinenden Kindern«. Maria hätte nie gedacht, dass es so viele unterschiedliche Bilder mit weinenden Kindern geben könnte. Diese Sammlung hätte jeden trübsinnig werden lassen. Wenn man dann auch noch eine Trauernachricht zu überbringen hatte, war es kaum auszuhalten.

»Dieser Polizist hat gesagt, irgendwas ist mit Dick passiert.« Der Alkoholgeruch drang trotz aller künstlichen Düfte in Marias Nase. Sie setzte sich unaufgefordert neben Stina Ohlsson auf das Sofa mit dem auffälligen Blumenmuster und erklärte so schonend wie möglich, was geschehen war. Zunächst saß Stina schweigend und bleich da, wie ein Kind, das sich gestoßen hat und nach Luft ringt. Maria hielt den Atem an und wartete. Ein gellender Schrei hallte durch die Wohnung, hinterher flogen ein Porzellanengel und ein Aschenbecher aus Glas. Maria spürte, wie sie erstarrte. Könnte man sich jemals daran gewöhnen, Trauernachrichten zu überbringen? Der Schrei der Frau verstummte, aber ihr Blick war gefährlich. Ununterbrochen kniff sie sich in den kräftigen Unterarm und wiegte den Oberkörper vor und zurück.

»Sie lügen! Sagen Sie, dass Sie lügen«, flüsterte sie drohend. »Dick ist nicht tot! Er ist nur weg zu einer anderen Frau. Er hat manchmal andere Frauen, aber die bedeuten ihm nichts. Dick weiß, wo sein Zuhause ist. Er kommt immer wieder zurück zu seiner kleinen Stina, immer!«

»Hatte Dick Feinde? Jemanden, der ihm möglicherweise Böses antun wollte?« Maria versuchte, ihre Stimme ruhig und fest klingen zu lassen, konnte aber ein Zittern nicht unterdrücken.

»Sicher gibt es den einen oder anderen Ehemann, der ihm mit Freuden den Pimmel abschneiden würde.« Stina stieß ein freudloses Lachen aus. Maria spürte, wie sich ihr Nacken verkrampfte. »Er hat mir immer von seinen Eroberungen erzählt, wenn er nach Hause kam. Ganz genau hat er beschrieben, wie er die dummen Kühe verführt hat. Es hat ihn scharf gemacht, wenn ich davon wusste.« Das Lachen ging in ein hemmungsloses Weinen über. Maria wartete ab, bis die Wogen sich ein wenig geglättet hatten, und kam dann auf ein unverfänglicheres Thema zu sprechen.

»Soviel wir wissen, arbeitete Dick in der Genossenschaftsschlachterei. Wissen Sie, wo er gearbeitet hat, ehe er dort anfing?« Stina schniefte heftig.

»Eine Zeit lang war er Busfahrer, Hollandreisen zur Tulpenblüte und so was, davor war er in einer Anstalt in Uppsala angestellt, glaube ich. Irgendwas Privates mit Psychiatrie.«

»Und außerdem hat er für die Gewerkschaft gearbeitet?«

»Ja, hat er.« Stina atmete tief durch und setzte sich aufrecht hin.

»Wollte Dick gestern Abend hierher kommen?«

»Ja, ich hatte Beefsteak Tatar gemacht. Das mag er so gern. Ich saß am Telefon und wartete, aber er kam nicht, der Scheißkerl! Er hat nicht mal angerufen.«

»Was haben Sie getan, als er nicht auftauchte?«

»Ich hab meine Schwester Didi angerufen.«

»Um welche Uhrzeit war das?«

»Vielleicht um eins. Wir haben uns das Essen schmecken lassen, eine Flasche Rotwein dazu getrunken. Dann haben wir die angerufen, bei denen er manchmal übernachtet.«

»Frauen?«

»Ja, was glauben Sie denn? Er war doch nicht schwul! Das war lustig. Wir haben deren Männer aufgeweckt, und das gab natürlich Krach. Gehörigen Krach! Ist doch nur gerecht, oder was?« Stina blickte Maria in die Augen und wartete auf eine Antwort.

»Vielleicht«, stimmte Maria zu und fühlte sich einen Augenblick lang überrumpelt. »Dies ist eine schlimme Nachricht für Sie. Haben Sie jemanden, der zu Ihnen kommen kann? Didi vielleicht?« Stina nickte stumm. Ihre füllige Unterlippe zitterte.

Draußen hatte es aufgehört zu schneien. Der weiße Ford war fast unter einer Schneewehe verschwunden. Maria kroch in den Wagen und drehte den Zündschlüssel um. Der Motor blieb stumm. Nicht den geringsten Laut gab er von sich. Sie hatte das Licht angelassen! Wütend warf sie den Duftbaum hinaus, den Hartman an den Zigarettenanzünder gehängt hatte. Von Düften hatte sie heute genug! In ihrer Nase war noch immer der Geruch der Duftbälle und Lavendelkissen, und ihr Magen hatte heute außer verschimmeltem Apfelkuchen noch keine Nahrung bekommen. Wütend stieg sie wieder aus und trat kräftig gegen den Vorderreifen. Sie biss sich auf die Lippe, um nicht hinauszuschreien, was sie gerade dachte. Stina Ohlsson musste am Fenster gestanden und sie beobachtet haben, denn sie kam in einem eleganten rosa Synthetikpelz über den Parkplatz geschritten, in der Hand ein Starthilfekabel. Gemeinsam schoben sie den Ford mühsam so weit vor, dass er Motorhaube an Motorhaube mit Stinas kleinem roten Saab stand. Maria wunderte sich, wie kräftig diese Frau war. Sie trennten sich im besten Einvernehmen über die Widrigkeiten des Winters und die Unzuverlässigkeit von Autos.

Kapitel 3

Die Landstraße war schlecht geräumt. Maria stellte das Auto an den Wegrand und ging das letzte Stück auf dem Waldweg bis zur Absperrung zu Fuß. Was konnte das Opfer hier draußen im Wald vorgehabt haben? Vielleicht handelte es sich um eine geheimnisvolle Sekte, ein religiöses Ritual, das in Mord ausgeartet war. Der alte Mann und Elin mit der Katze konnten gleichermaßen Beteiligte wie Opfer sein. Vielleicht hatte Dick Wallström ihre Haustiere getötet, und sie hatten sich gerächt, indem sie ihn an der Esche aufgehängt hatten. Maria schüttelte den Kopf. Diese Erklärung war ein wenig zu einfach, auch wenn es zwei Fußspuren im Lehm gab. Der Mord war bis in alle Einzelheiten ausgearbeitet, nichts war dem Zufall überlassen worden. Außerdem war Edvin Rudbäck alt und klapprig. Er hätte kaum die Kraft, einen Kerl wie Dick Wallström zu überwältigen.

Maria ging an einer Gruppe neugieriger Zuschauer vorbei, die sich außerhalb der Absperrung angesammelt hatte. Erika Lund und zwei Polizisten, die ihr zur Hand gingen, waren noch am Tatort.

»Die anderen sind runter zur Wache gefahren. Sie wollen sich um 16.00 Uhr im Besprechungsraum treffen.« Diesmal stand Erika nicht auf. Die Dämmerung setzte bereits ein, und es gab noch eine Menge zu tun, bevor es richtig dunkel wurde. Zwei Scheinwerfer waren in der Esche aufgehängt worden, aber das war nicht dasselbe, wie bei Tageslicht zu arbeiten. Erika steckte eine weitere Probe in eine Plastiktüte und verschloss sie.

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalsausgabe
Jahr
2023
ISBN (eBook)
9783986905408
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2023 (April)
Schlagworte
Kriminalroman Schweden-Krimi Schweden Spannung Krimi Skandinavien Viveca Stern Mohlin & Nyström Johanna Mo Lars Kepler Neuerscheinung eBook
Zurück

Titel: Die Toten von Schweden