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Der Traum vom roten Land

Zwei Romane in einem eBook: »Die Sterne über Australien« und »Wohin der Wind uns trägt«

©2023 910 Seiten

Zusammenfassung

In der Ferne wartet die Freiheit: Der ergreifende Australien-Sammelband »Der Traum vom roten Land« von Anne McCullagh Rennie jetzt als eBook bei dotbooks.

Ein Schicksalsschlag zwingt die verwöhnte Jazz dazu, von der schillernden Großstadt Sydney zu ihren Großeltern mitten in das australische Outback zu ziehen. Entgegen ihrer eigenen Erwartungen lassen der wilde Zauber der Natur und die Herzlichkeit der Bewohner sie bald nicht mehr los – doch als sie ein einmaliges Jobangebot im weit entfernten Paris bekommt, steht Jazz plötzlich vor der schwersten Entscheidung ihres Lebens: Wo wird sie ihr wahres Glück finden können? Die junge Jo wiederum weiß genau, wohin ihr Herz gehört– auch wenn sie seit einem tragischen Erlebnis ein Leben weit entfernt von ihrer geliebten australischen Heimat führen. Trotzdem hat sie den Traum nicht aufgegeben, auf die Pferderanch ihres Vaters zurückzukehren – ein Traum, der nun schneller wahr zu werden scheint als erhofft: Aber dann schlägt das Schicksal ein weiteres Mal zu und Jo muss sich einer Wahrheit stellen, die alles verändern wird …

Jetzt als eBook kaufen und genießen: Der gefühlvolle Sammelband »Der Traum vom roten Land« von Anne McCullagh Rennie umfasst ihre romantischen Sehnsuchtsromane »Die Sterne über Australien« und »Wohin der Wind uns trägt«. Wer liest, hat mehr vom Leben: dotbooks – der eBook-Verlag.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Über dieses Buch:

Ein Schicksalsschlag zwingt die verwöhnte Jazz dazu, von der schillernden Großstadt Sydney zu ihren Großeltern mitten in das australische Outback zu ziehen. Entgegen ihrer eigenen Erwartungen lassen der wilde Zauber der Natur und die Herzlichkeit der Bewohner sie bald nicht mehr los – doch als sie ein einmaliges Jobangebot im weit entfernten Paris bekommt, steht Jazz plötzlich vor der schwersten Entscheidung ihres Lebens: Wo wird sie ihr wahres Glück finden können? Die junge Jo wiederum weiß genau, wohin ihr Herz gehört– auch wenn sie seit einem tragischen Erlebnis ein Leben weit entfernt von ihrer geliebten australischen Heimat führen. Trotzdem hat sie den Traum nicht aufgegeben, auf die Pferderanch ihres Vaters zurückzukehren – ein Traum, der nun schneller wahr zu werden scheint als erhofft: Aber dann schlägt das Schicksal ein weiteres Mal zu und Jo muss sich einer Wahrheit stellen, die alles verändern wird …

Über die Autorin:

Anne McCullagh Rennie wurde in Cambridge, England geboren und studierte in London und Wien Musik. In Österreich lernte sie ihren Ehemann Jim kennen und zog mit ihm nach Australien, wo sie zusammen eine Familie gründeten. Die Liebe zu ihrer Wahlheimat und zur Musik bringt sie in ihren Romanen zum Ausdruck.

Von Anne McCullagh Rennie erscheinen bei dotbooks auch die Australienromane:

»Der Himmel über Australien«

»Das Lied der Honigvögel«

Beide sind auch im Sammelband »Das Land der Eukalyptusblüten« erhältlich.

Die Website der Autorin: www.annemccullaghrennie.com

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Sammelband-Originalausgabe April 2023

Copyright © der Sammelband-Originalausgabe 2023 dotbooks GmbH, München

Einen kompletten Rechtehinweis auf alle Einzelbände finden Sie am Ende dieses eBooks.

Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.

Titelbildgestaltung: Nele Schütz Design unter Verwendung von Shutterstock/Lev Kropotov, Lotus Images und AdobeStock/totalja

eBook-Herstellung: Open Publishing GmbH (ah)

ISBN 978-3-98690-541-5

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Anne McCullagh Rennie

Der Traum vom roten Land

Zwei Romane in einem eBook: »Die Sterne über Australien« und »Wohin der Wind uns trägt«

Aus dem Englischen von Karin Dufner

dotbooks.

Die Sterne über Australien

Aus dem Englischen von Karin Dufner

Das Leben der junge Jazz wird durch einen Schicksalsschlag vollkommen auf den Kopf gestellt – nun muss sie das mondäne Großstadtleben von Sydney hinter sich lassen und zu ihren Großeltern aufs Land ziehen! Doch statt Langeweile und Ödnis entdeckt Jazz zu ihrer eigenen Überraschung schnell die raue Schönheit des Outbacks, und auch das idyllische Städtchen mit seinen herrlich kauzigen Bewohnern wächst ihr immer mehr ans Herz. Im kleinen Restaurant ihrer Großeltern wird der jungen Frau noch dazu bewusst, was schon immer ihr heimlicher Traum war: selbst eine gefeierte Köchin werden! Alles könnte so schön sein, zumal auch Amor mit großem Vergnügen seine Pfeile verschießt … doch dann stellt das Leben Jazz vor eine schwere Entscheidung: Ihr Traum von einer Ausbildung zur Sternenköchin kann wahr werden – wenn sie dafür nach Paris zieht! Hin- und hergerissen zwischen Verstand und Gefühl trifft Jazz schließlich eine schicksalhafte Entscheidung …

Kapitel 1

Es war ein brütend heißer Nachmittag. Die siebzehnjährige Jacinta Wakehurst stand da und umklammerte ihr Mobiltelefon, ohne das Polospiel vor ihrer Nase wirklich zu sehen. Der erste Spielabschnitt des Hunter’s Cup, des jährlichen Poloturniers, veranstaltet vom im Hunter Valley in Neusüdwales gelegenen Weingut Clarence Lodge, war bereits zur Hälfte vorbei. Seit vier idyllischen Tagen weilte Jacinta nun schon bei ihrem Freund Tim zu Besuch, dessen Eltern das berühmte Weingut betrieben.

Der dunkelhaarige und attraktive Neunzehnjährige galoppierte gerade über das Feld auf sie zu. Er ritt Tiny, eines der preisgekrönten Poloponys seines Vaters, und schwenkte begeistert seinen Schläger. Zur Freude der zweihundert Zuschauer, die ihm jubelnd Beifall spendeten, hatte er das erste Tor erzielt. Da Jacinta seit dem Telefonat mit ihrer Mutter um Fassung rang, hätte sie sein Winken beinahe nicht erwidert.

Vor fünf Minuten noch hatte sie sich auf das Poloturnier, die Preisverleihung und das anschließende festliche Abendessen im exklusiven hiesigen Golfklub gefreut. Danach wollte sie eigentlich ihr dreimonatiges Beziehungsjubiläum feiern, indem sie in Tims Bett ihre Jungfräulichkeit verlor. Alles schien nach Plan zu laufen. Und nun hatte ein einziger Anruf ihrer Mutter die Planung zunichtegemacht.

»Sicher hast du nicht vergessen, dass deine Großmutter am nächsten Mittwoch siebzig wird«, hatte ihre Mutter begonnen. »Nun, ich fürchte, der Zeitplan hat sich geändert. Die Feier findet schon heute Abend statt, was bedeutet, dass du sofort zurückkommen musst. Ich habe dir einen Platz im Zug reserviert. Deine Schwester holt dich ab und bringt dich nach Hause, damit du dich umziehen kannst, bevor wir uns im Restaurant treffen.«

Nervös eine Locke ihres langen roten Haars um den Finger zwirbelnd, hatte Jacinta zunehmend ungläubig ihrer Mutter gelauscht. Ihre »ausgeflippte Oma« – so nannte Jacinta Amelia Newport insgeheim, ihre Großmutter mütterlicherseits – habe alles über den Haufen geworfen, damit eine gute Freundin aus Übersee, die nur zwei Tage zu Besuch war, an der Feier teilnehmen könne.

»Es war ein ziemliches Tohuwabohu, alles umzuorganisieren, Kind. Du kannst stolz auf mich sein. Schließlich liegst du mir immer damit in den Ohren, dass ich spontaner werden soll.« Mit diesen Worten hatte Danielle Wakehurst aufgelegt.

»Spontan?«, wiederholte Jacinta, während ihre aschfahlen Wangen wieder Farbe annahmen. »Aber doch nicht jetzt! Nicht heute! Wie kann sie mir das antun?«

Ihre Mutter hatte ihr nicht einmal Gelegenheit gegeben zu widersprechen. Eigentlich hatte Jacinta geglaubt, ihre Mutter würde zu sehr mit ihrer schwangeren älteren Schwester beschäftigt sein, um sie zu vermissen.

Die fünfundzwanzigjährige Lauren war vor zwei Tagen mit ihrem Mann Michael aus Queensland eingeflogen, um Großmutters Geburtstag zu feiern. Danielle bemutterte sie wie eine Glucke. Wie sollte Jacinta Tim nun beibringen, dass sie in einer Stunde aufbrechen musste? Sie kaute an einem ihrer in fluoreszierendem Blau lackierten Fingernägel herum und flüsterte lautlos »Lust und Wahrheit«, eine kindische Verballhornung ihres Schulmottos »Licht und Wahrheit« vor sich hin. Dabei hielt sie Ausschau nach ihrer besten Freundin Vicki Sealy.

Die beiden Mädchen besuchten die zwölfte Klasse des Heronswood College für junge Damen, einer Eliteschule im Norden von Sydney. Im Moment konnte Vicki den Blick jedoch nicht von ihrem neuesten Schwarm abwenden, dem attraktiven blonden Tiger Johnson. Der hatte nämlich gerade dem kahlköpfigen Besitzer mehrerer Einkaufszentren, dessen Bauch sein grellgrünes Mannschaftstrikot zu sprengen drohte, den weißen Holzball abgenommen.

Hochrot im Gesicht, trieb der sechzigjährige Geschäftsmann sein nass geschwitztes Pferd an und jagte Tiger keuchend und schnaufend über das Spielfeld. Dabei schwenkte er wild seinen Schläger und wäre beinahe von Keith Smart aus dem Sattel gestoßen worden, dem unverschämterweise auch noch gut aussehenden Computerwunderkind und dritten Mitglied von Tims vierköpfiger Mannschaft.

Währenddessen hatte Tim einem weniger attraktiven, dafür aber ziemlich wohlhabenden Immobilienmakler den Ball abgeluchst und ihn seinem Vater zugespielt, der damit über das Spielfeld preschte. Die Männer holten mit ihren großen Schlägern aus. Ihre engen Trikots hoben sich bunt von den mit Schlamm bespritzten weißen Reithosen ab. Beide Mannschaften kämpften um den Ball, und die Hufe der beweglichen Poloponys wühlten den Boden auf. Nach jedem siebenminütigen Spielabschnitt wechselten die Reiter die Pferde, damit die erschöpften Tiere sich ausruhen konnten.

Mitten im dritten Spielabschnitt, Jacinta wollte gerade Vicki ihr Herz ausschütten, kam Tim auf einem frischen Pferd über das Feld geprescht und spielte Tiger den Ball zu. Dieser schlug einen Haken, um einen Zusammenstoß mit einem anderen Spieler zu vermeiden, und beförderte den Ball rasch zwischen die beiden Torstangen. Jacinta klatschte und jubelte wie alle anderen und beschloss, nicht an ihr Problem zu denken und das Spiel zu genießen. Doch als die Minuten des letzten Spielabschnitts verstrichen, klopfte ihr Herz immer schneller. Was sie nun tun musste, würde schreckliche Folgen haben.

Wenn Jacinta nur den Mut gehabt hätte, sich gegen ihre Mutter durchzusetzen. Sie würde Tim die ganze Sache in der kurzen Pause zwischen dem Ende des Turniers und der Preisverleihung beichten müssen. Sie selbst hätte einen Menschen, der ihr so etwas antat, bis ans Ende ihrer Tage gehasst. Beim Blick auf die Uhr krampfte sich ihr der Magen zusammen. Nur noch eine knappe Stunde bis zur Abfahrt des Zuges. Dank ihrer ausgeflippten Großmutter und ihrer Mutter war ihr Liebesleben nun ein Scherbenhaufen. Und das alles nur wegen einer dummen Geburtstagsfeier, auf die sie ohnehin keine Lust hatte. Sie wünschte, sie hätte gewagt, einfach nicht hinzugehen.

Als drittes Kind Noel Wakehursts, Topmanager bei einem Mineralölmulti, und der eleganten, pedantischen Danielle wuchs Jacinta, genannt Jazz, in einer Reihe zunehmend luxuriöser Villen in Sydney auf. Sie war zehn Jahre alt gewesen, ihre Schwester Lauren achtzehn und ihr Bruder Mark sechzehn, als ihr arbeitswütiger Vater ihr derzeitiges Haus am exklusiven Palm Beach gekauft hatte, einem von Sydneys nördlichen Stränden.

Das lange, schmale zweistöckige Anwesen war mit Parkettböden ausgestattet und schmiegte sich an den Hang eines steilen Hügels, sodass man einen atemberaubenden Blick über die berühmte Bucht mit dem goldenen Sandstrand und das üppige immergrüne Buschland genießen konnte. Zur Freude der Familie schlängelte sich ein kleiner Privatweg vom Haus bis zum Strand hinunter.

Jacinta fand ihr Zuhause toll. Dank Danielles Schwäche für Designermöbel sah das Haus aus, als entstamme es den Seiten einer Wohnzeitschrift.

Danielle war überglücklich gewesen, als Lauren mit zweiundzwanzig ihre Jugendliebe Michael Ross geheiratet hatte, einen aufstrebenden Immobilienmakler. Mehrere Frauenzeitschriften berichteten über die Hochzeit. Ein Jahr später zog das Paar nach Queensland, wo Michael seine Chance auf dem boomenden Grundstücksmarkt sah, und Danielle musste den Abschiedsschmerz ertragen.

Sechs Monate danach hatte Jazz’ Bruder Mark verkündet, er weigere sich, in langweiligen Bürointrigen und Papierkram zu versinken. Deshalb wolle er ein Jahr im Ausland verbringen. Zur Verzweiflung seines Vaters reiste er eine Weile in der Welt herum und fand schließlich eine Stelle als Skipper in Spanien. Im Augenblick überführte er Boote von Europa aus in die ganze Welt.

Nach dem Auszug der beiden älteren Geschwister war es beklemmend still im Haus geworden. Ihr Vater hing, wenn er zu Hause war, unweigerlich am Telefon, während die Mutter Jacinta mit ihrem Putzfimmel auf die Nerven fiel. Die Folge war, dass Jacinta sich immer mehr zurückzog. Wenn ihre Mutter sie wegen ihres mangelnden Fleißes in der Schule oder ihres Ungehorsams zurechtwies, trotzte sie, bis Danielle in Tränen ausbrach. Ihr Vater pflegte dann mit Taschengeldentzug zu drohen, worauf Jacinta verzweifelt Besserung gelobte.

In Heronswood hatte sie sich mit Zeugnissen in die elfte durchgemogelt, in denen stand, sie könne eigentlich, wenn sie nur wolle. Dadurch setzte sich bei Jacinta die Vorstellung fest, dass sie nie einen guten Abschluss machen würde. Deshalb hielt sie es auch für zwecklos, sich abzumühen, und widmete sich lieber den Dingen, die ihr Spaß machten – Kleider, Make-up und Jungs. Erst die Ankündigung ihres Vaters, er werde ihr das Taschengeld endgültig streichen, brachte Jacinta dazu, sich überhaupt zur Abschlussprüfung anzumelden.

Allerdings konnten weder schulische Schwierigkeiten noch die Auseinandersetzungen mit ihren Eltern verhindern, dass Jacinta sich glücklich und zufrieden fühlte, wenn sie beim Aufwachen das Tosen der Wellen am goldenen Strand hörte und das Wasser in der Sonne glitzern sah. Ihr Zuhause war für sie immer ein Ort gewesen, an dem sie sich absolut frei fühlte – bis zum heutigen Tag. Zum ersten Mal, seit sie denken konnte, freute sie sich nicht darauf, nach Hause zu fahren.

»Warum schaust du so miesepetrig?«, rief Vicki und bohrte Jacinta den Finger in die Rippen, sodass diese einen Satz machte.

Jacinta traten Tränen in die Augen.

»Was ist denn los?«, fragte Vicki, plötzlich ernst.

»Mum hat angerufen. Die Geburtstagsfeier von Oma Amelia ist nicht erst am Mittwoch, sondern heute. Der ganze Terminplan wurde umgeworfen. Ich muss den Zug um vier nehmen. Was soll ich nur tun?«, jammerte sie. »Ich kann nicht einmal zur Preisverleihung bleiben.«

»Doch, du Dummerchen! Du kannst mit mir und Tiger nach Hause fahren. Habe ich dir erzählt, dass er morgen nach Argentinien zu einem großen Poloturnier fliegt? Wir machen uns um fünf auf den Weg nach Sydney. Sicher hat er nichts dagegen, dich mitzunehmen, auch wenn du mir damit einen Strich durch die Rechnung machst.« Sie grinste ihre Freundin an und umarmte sie.

»Natürlich! Das hatte ich ganz vergessen«, jubelte Jacinta mit vor Erleichterung leuchtenden Augen.

Auf dem Weingut hatte sie ein Zimmer mit Vicki und Tiger eines mit Tim geteilt. Darum waren die Pläne für die heutige Nacht nur möglich gewesen, weil Vicki und Tiger im Anschluss an das Turnier nach Sydney zurückkehren wollten. Daran hatte sie in ihrer Panik gar nicht mehr gedacht.

»Aber wie bringe ich es Tim bei? Er wird mich dafür auf ewig hassen«, rief sie.

»Nein, wird er nicht. Hör zu …« Vicki legte den Arm um Jacinta. Die Freundinnen steckten die Köpfe zusammen.

»Geheimnisse! Ich will auch wissen, worum es geht«, wurden sie da von einer hochgewachsenen, langbeinigen Blondine unterbrochen. Sie trug ein schmeichelndes zitronengelbes Oberteil aus einem weichen Stoff, einen sehr kurzen Rock und ein dickes goldenes Armband am Handgelenk und drängte sich zwischen die beiden Mädchen.

»Hallo, Samantha«, sagte Vicki und wich zurück.

Jacinta nickte abweisend und wandte sich wieder dem Spiel zu. Sie konnte Samantha nicht leiden, und dass sie hinreißend aussah, machte die Sache auch nicht besser. Ihre Sorgen waren kurz vergessen, als Tim und Tiger, begleitet vom Johlen der Zuschauer, in den letzten Minuten über das Spielfeld preschten und den Ball hin und her schlugen. Die schweißnassen Ponys wichen den Gegnern geschickt aus.

Kurz vor Ende des Turniers wurde Tim beinahe abgeworfen, denn sein Pony bäumte sich, erschreckt von einem gegnerischen Tier, das ihm den Weg versperrte, auf. Jacinta schnappte nach Luft und stieß im nächsten Moment einen erleichterten Seufzer aus, als es ihm gelang, sich im Sattel zu halten. Dann, wenige Sekunden vor dem Schlusspfiff, schoss Tiger das entscheidende Tor für Clarence Lodge. Die Zuschauer jubelten.

Warum musste ihre Mutter alles verderben?, dachte Jacinta, während sie heftig applaudierte. Wenn Tim Schluss mit ihr machte, würde sie das nicht überleben. Allerdings durfte sie nicht den Zorn ihrer Eltern und ganz sicher nicht ihr Taschengeld riskieren. Wenigstens hatte sie jetzt, Vicki sei Dank, ein bisschen mehr Zeit.

Sie fing Tims Blick auf und hastete über das Spielfeld, wobei sie den von den Hufen aufgeworfenen Erdhaufen ausweichen musste. Ohne darauf zu achten, dass er durchgeschwitzt und von oben bis unten mit Schlamm bespritzt neben seinem erschöpften Pony stand, warf sie sich in seine Arme und drückte ihn fest an sich, während einige Zuschauer sich näherten, um ihn zu beglückwünschen.

Ich bin entsetzlich verliebt in ihn, dachte sie und sah zu, wie Tim auf den Bürgermeister von Scone zuging und im Namen seiner Mannschaft den Pokal entgegennahm. Freude erhellte sein ebenmäßiges Gesicht, und er reckte die Trophäe dem Publikum entgegen. Dann marschierte er auf Jacinta zu und küsste sie zur lautstarken Begeisterung der Zuschauer kräftig auf die Lippen.

»Ich muss dir etwas Wichtiges sagen«, keuchte Jacinta und errötete heftig, als er sie losließ.

»Das kann warten«, erwiderte Tim und küsste sie noch einmal. Einen Arm lässig um ihre Schulter gelegt, schlenderte er mit ihr und Tiny zu den Ställen.

Nachdem das Pony wieder in seiner Box stand, stieß Tim Jacinta an. »Was wolltest du mir denn Wichtiges erzählen?«

Vor Angst hatte Jacinta Magenkrämpfe, denn nun war der gefürchtete Moment da. »Mum hat angerufen, als das Spiel gerade anfing. Die Geburtstagsfeier für meine Großmutter ist nicht erst am nächsten Mittwoch, sondern schon heute, und ich muss dabei sein. Also muss ich in einer guten Stunde mit Vicki und Tiger nach Hause fahren. Es tut mir schrecklich leid, Tim, aber es geht nicht anders.«

»Was?« Tim blieb ruckartig stehen. »Das ist nicht dein Ernst!«

Doch Jacinta nickte. »Ich muss nach Hause«, flüsterte sie.

»Nein, musst du nicht. Du bist heute Abend zum Hunter’s Cup Dinner eingeladen. Das ist ein wichtiges Ereignis für meine Familie. Deine Mum kann nicht von dir erwarten, dass du einfach alles stehen und liegen lässt. Außerdem wäre das ziemlich unhöflich von dir.« Tims Gesicht war vor Zorn gerötet.

»Tim, es ist der siebzigste Geburtstag meiner Großmutter. Ich muss hin«, wiederholte Jacinta und griff nach seiner Hand.

»Aber du kannst sie doch nicht ausstehen, deine ›ausgeflippte Oma‹«, entgegnete Tim.

»Es ist nicht, dass ich sie nicht ausstehen kann. Sie ist einfach nur sonderbar. Ständig redet sie über Kräuter und Numerologie und – komischen Hippiekram eben. Als ich letztens mit ihr beim Mittagessen war, hat sie eine Kanne Tee ohne Tee bestellt. Das war so peinlich! Dann hat sie einen vergammelten alten Teebeutel aus ihrer Riesenhandtasche gekramt und ihn in die Kanne geworfen – vor den Augen der Kellnerin. Ich hätte im Erdboden versinken können. Vicki war dabei und hat es allen erzählt. Sogar in der Schule haben sie es mir unter die Nase gerieben. Mir graut schon davor, was Oma auf ihrer Geburtstagsfeier alles anstellen könnte.«

»Tja, dann geh einfach nicht hin.«

»Ich muss aber«, beharrte Jacinta.

»Nein, musst du nicht.« Er entzog ihr seine Hand und marschierte verstockt schweigend weiter. »Das kannst du meinen Eltern selbst beibringen«, verkündete er schließlich und eilte mit langen Schritten voraus.

Jacinta war verzweifelt. Sie lief ihm nach und fasste ihn an der Hand. Sie gingen wortlos am großen Heuschober vorbei und stolperten dahinter beinahe über Samantha, die gerade Steinchen aus ihren Sandalen entfernte.

»Gratuliere, Tim, das letzte Tor war ein Traum«, jubelte sie und fiel ihm um den Hals. »Findest du nicht, Jazz?«, wandte sie sich an Jacinta.

Jacinta verzog betreten das Gesicht. »Tiger hat das letzte Tor geschossen, was du wüsstest, wenn du zugeschaut hättest«, murmelte sie. Tim gehörte ihr ganz allein.

»Du kümmerst dich doch um mich, oder, Sam? Jacinta lässt mich heute Abend nämlich wegen einer ollen Verwandten im Stich. Schwingst du mit mir das Tanzbein?«, fragte Tim mit seidenweicher Stimme und lächelte die attraktive Blondine an.

»Ich werde nur für dich da sein«, erwiderte Samantha, riss erfreut und erstaunt die Augen auf und warf Jacinta einen Blick zu.

»Ein Notfall in der Familie – du weißt schon«, erklärte Jacinta mit einem Achselzucken, trotz des schmerzhaften Stechens in der Brust.

»Tja, Jazz, ich denke, ich werde es überleben«, verkündete Tim, als sie das Haus erreicht hatten.

Jacinta trollte sich nach oben, um ihr Gepäck zu holen. Als sie ihren Koffer aus dem Zimmer schleppte, stand plötzlich Tim vor ihr, stellte das Gepäckstück im Flur ab und schob sie sanft, aber mit Nachdruck zurück ins Zimmer. Verwirrt und voller Angst, ihn zu verlieren, ließ Jacinta sich von ihm küssen und streicheln, bis ihr ganzer Körper vibrierte.

»Versprich mir, dass du mich nächsten Donnerstag besuchst«, flüsterte sie, als er sie schließlich losließ.

»Falls ich dich in meinem vollen Terminkalender unterbringe«, murmelte er mit einem kecken Grinsen, während er sich das Hemd wieder in die Hose steckte. Dann küsste er sie auf den Scheitel und trug ihren Koffer hinaus zu Tigers nagelneuem rotem Sportwagen.

Tims Mutter, Mary Clarence, nahm Jacintas Aufbruch kaum zur Kenntnis. Doch Joseph, sein Vater, drückte ihr zwei Flaschen seines besten Rotweins in die Hand.

»Ein Jammer, dass die hübschesten Mädchen immer zuerst gehen. Ich hatte heute Abend auf mindestens zwei Tänze mit dir gehofft«, verkündete er überschwänglich, worauf Jacinta sich ein wenig besser fühlte.

Sie fragte sich, ob sie den Abschiedsschmerz wohl überleben würde, als das Auto sich in raschem Tempo von Clarence Lodge entfernte. In der ersten halben Stunde konnte sie nur daran denken, dass Samantha, die keinen Freund hatte, nun sicher Jagd auf Tim machte. Dann jedoch erinnerte sie sich daran, wie er sie in letzter Minute an sich gepresst und leidenschaftlich geküsst hatte, was sie ein bisschen beruhigte. Sie lockerte ihre verkrampften Beine und strich ihr rosa T-Shirt glatt. Mit ihrer roten Haarmähne und den grünen, strahlenden Augen hatte sie neben Tim eine gute Figur gemacht.

Zumindest könne sie mit Samantha mithalten, sagte sie sich und fühlte sich sofort wieder bedroht. Tränen traten ihr in die Augen. Aber sie wischte sie entschlossen weg. Alles würde gut werden. Tim hatte sie immerhin geküsst.

Neidisch betrachtete sie Vicki, deren Kopf an Tigers Schulter lehnte. Mit einer Hand steuerte er den Wagen, mit der anderen liebkoste er ihren nackten Oberschenkel. Jacinta wackelte mit den Zehen, deren Nägel in glitzerndem Blau lackiert waren. Sie musterte ihre rosa und silbernen, mit Perlen verzierten Sandalen, ein Geschenk, das ihre Eltern von der letzten Geschäftsreise aus New York mitgebracht hatten. Dann steckte sie sich Ohrhörer in die Ohren, stellte die neuesten Madonna-Songs auf volle Lautstärke und beobachtete, wie verdorrte gelbe Weiden und graugrüne Eukalyptusbäume am Fenster vorbeiglitten. Nur das Wissen, dass sie Tim in wenigen Tagen in Sydney sehen würde, machte ihr Leben einigermaßen erträglich.

Eine Stunde später erreichten sie Palm Beach. Der kleine rote Sportwagen brauste die steile, enge Straße zu Jacintas Haus hinauf und hielt vor dem Carport, in dem Danielles silbrig funkelnder Wagen stand. Danny, Noels Chauffeur, lehnte rauchend an der niedrigen Mauer. Bei Jacintas Anblick drückte er sofort die Zigarette im nächstbesten Blumenkübel aus, rückte sein Sakko gerade und winkte.

»Viel Spaß. Ruf mich später an. Ich gehe ran, wenn ich nicht zu beschäftigt bin«, sagte Vicki durch das Autofenster und wies zwinkernd mit dem Kopf auf Tiger.

Erfüllt von Eifersucht, schulterte Jacinta ihre Handtasche und zerrte ihren Koffer aus dem Auto.

»Hallo, Danny«, rief sie. »Wenn Sie mein Zeug reinschleppen, schwöre ich, niemandem zu verraten, dass Sie gerade Ihre Kippe unter Mums kostbarer orangefarbener Azalee ausgedrückt haben.«

»Was sind wir wieder gut drauf heute, Miss Jacinta. Freuen Sie sich schon auf die Geburtstagsfeier Ihrer Oma? Haben Sie auch Ihren Kamillentee und Ihren Rosenquarz eingepackt?«, gab Danny zurück und warf einen kecken Blick auf Jacintas Handtasche.

Jacinta wollte ihm schon eine patzige Antwort geben, verstummte aber, als Danielle aus dem Haus geeilt kam. Sie trug ein elegantes Abendkleid aus grün-goldener Seide und eine Stola, die sie eigens für diesen Anlass hatte anfertigen lassen. In der Hand hielt sie einen gewaltigen Blumenstrauß und war sichtlich um Ruhe bemüht.

»Jacinta! Gott sei Dank, da bist du ja! Mach dich schnell fertig. Wir sind alle zu spät dran. Dein Vater, Lauren und Michael sind noch drinnen. Oh, was für ein schreckliches Chaos. Lauren, Schatz, lass sie von Danny zum Auto bringen«, befahl sie, als Lauren, einen Stapel bunt eingewickelter Geburtstagsgeschenke im Arm, in der Tür erschien.

Sie war mit einem fließenden grauen Chiffongewand bekleidet. Das dunkelbraune Haar hatte sie kunstvoll aufgesteckt, und der leuchtend rote Lippenstift ließ ihre Augen strahlen. Danny trat vor, nahm ihr die Päckchen ab und legte sie und die Blumen vorsichtig ins Auto.

»Das wäre alles. Beeil dich. Wir sehen uns im Restaurant«, rief Danielle und stieg ein.

»Hallo, Schwesterchen«, rief Lauren und winkte Jacinta zu, während der Wagen sich entfernte.

»Was ist los? Warum ist Mum so hektisch? Und weshalb ist Dad noch hier?«, fragte Jacinta, bereits verärgert, weil ihre Mutter sie schon wieder herumkommandierte. Offenbar würde es ein wirklich vergnüglicher Abend im Familienkreis werden.

Kapitel 2

»Dad wartet auf einen Anruf wegen des Postens im Ausland, über den er und Mum an Weihnachten gesprochen haben. Sieht ganz danach aus, als würdest du ein halbes Jahr bei Oma Amelia und Poppy wohnen müssen«, erwiderte Lauren mit einem fröhlichen Grinsen. »Weißt du das etwa nicht mehr?«, fügte sie hinzu, als Jacinta sie verständnislos ansah.

Jacinta runzelte die Stirn. Undeutlich erinnerte sie sich daran, dass beim Weihnachtsessen von einer Reise nach Übersee die Rede gewesen war, aber sie hatte nicht richtig zugehört. Ihre Eltern gondelten ständig in der Weltgeschichte herum, sodass die Geschäftsreisen ihres Vaters für sie etwas Alltägliches waren.

»Sechs Monate sind kein Weltuntergang, Jazz. Außerdem ist Blue Mists riesig. Denk nur an die Tennispartys am Wochenende und die Grillabende, die du dort veranstalten kannst.«

»Kommt überhaupt nicht infrage. Ich ziehe auf gar keinen Fall zur ausgeflippten Oma und ihrem schrulligen Poppy«, entgegnete Jacinta und folgte ihrer Schwester rasch ins Haus.

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2023
ISBN (eBook)
9783986905415
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2023 (April)
Schlagworte
Australienroman Australien-Saga Australien Sammelband Frauenroman Liebesroman Romantik Roman Patricia Shaw Di Morissey Neuerscheinung eBook
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Titel: Der Traum vom roten Land