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Die Erbin der Krone

Historischer Roman | Ein großer Roman über die erste Königin Englands und ihren Kampf um die Macht

©2024 783 Seiten

Zusammenfassung

Sie muss ihren Thron verteidigen – gegen den Mann, den sie liebt: der große Historienroman »Die Erbin der Krone« von Ellen Jones als eBook bei dotbooks.

Die Normandie im 12. Jahrhundert – eine Zeit von Verrat, Prunk und grenzenlosem Ehrgeiz: Als Mathilde im jungen Alter den Thron besteigen muss, fühlt sie sich ihrem Schicksal nicht gewachsen – und weiß doch, dass ihr keine andere Wahl bleibt, als die Krone der Normannenkönige anzunehmen. Doch für die Macht zahlt sie einen hohen Preis: Ihr Geliebter, Stephan von Blois, wendet sich mitsamt seiner Gefolgschaft gegen sie – denn als Neffe des Königs sieht er sich im Recht, das Land mit eiserner Hand zu regieren. Plötzlich werden aus einstigen Vertrauten erbitterte Feinde, stehen sich Brüder und Schwestern unversöhnlich gegenüber. Mathilde muss den schwersten Kampf ihres Lebens führen: einen Kampf um ihren Ruf, ihr Erbe – und ihre Liebe …

Ellen Jones erzählt farbenprächtig und mitreißend das Leben der historischen Kaiserin Matilda, der ersten Königin Englands, deren Geschichte TV-Produktionen wie »House of the Dragon« inspiriert hat: »Ein leidenschaftlicher Roman«, urteilt Kirkus Review.

Jetzt als eBook kaufen und genießen: Der prachtvolle historische Roman »Die Erbin der Krone« – ein Lesevergnügen für alle Fans der Bestseller von Elizabeth Chadwick und Philippa Gregory! Wer liest, hat mehr vom Leben: dotbooks – der eBook-Verlag.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Über dieses Buch:

Die Normandie im 12. Jahrhundert – eine Zeit von Verrat, Prunk und grenzenlosem Ehrgeiz: Als Mathilde im jungen Alter den Thron besteigen muss, fühlt sie sich ihrem Schicksal nicht gewachsen – und weiß doch, dass ihr keine andere Wahl bleibt, als die Krone der Normannenkönige anzunehmen. Doch für die Macht zahlt sie einen hohen Preis: Ihr Geliebter, Stephan von Blois, wendet sich mitsamt seiner Gefolgschaft gegen sie – denn als Neffe des Königs sieht er sich im Recht, das Land mit eiserner Hand zu regieren. Plötzlich werden aus einstigen Vertrauten erbitterte Feinde, stehen sich Brüder und Schwestern unversöhnlich gegenüber. Mathilde muss den schwersten Kampf ihres Lebens führen: einen Kampf um ihren Ruf, ihr Erbe – und ihre Liebe …

Ellen Jones erzählt farbenprächtig und mitreißend das Leben der historischen Kaiserin Matilda, der ersten Königin Englands, deren Geschichte TV-Produktionen wie »House of the Dragon« inspiriert hat: »Ein leidenschaftlicher Roman«, urteilt Kirkus Review.

Über die Autorin:

Ellen Jones wurde in New York City geboren, studierte Schauspiel und begann ihre schriftstellerische Karriere mit dem Schreiben von Theaterstücken. Sie lebte mehrere Jahre in London, und entdeckte in dieser Zeit ihr Interesse an der Geschichte Englands und Frankreichs, die sie in ihren großen historischen Romanen über die Dynastie Heinrichs II. verarbeitete. Ellen Jones lebt in Los Angeles.

Bei dotbooks veröffentlichte die Autorin außerdem ihren großen historischen Roma »Die Königin und die Hure«.

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eBook-Neuausgabe Januar 2024

Die amerikanische Originalausgabe erschien erstmals 1991 unter dem Originaltitel »Fatal Crown« bei Simon & Schuster, New York.

Copyright © der amerikanischen Originalausgabe 1991 by Ellen Jones

Translated from the English language: FATAL CROWN

First published in the U.S. by Simon & Schuster

Copyright © der deutschen Erstausgabe 1997 Rütten & Loening, Berlin GmbH

Copyright © der Neuausgabe 2023 dotbooks GmbH, München

Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.

Titelbildgestaltung: Nele Schütz Design unter Verwendung von shutterstock/Beto Chagas, Sundraw Photography, Edith Ross

eBook-Herstellung: Open Publishing GmbH (fb)

ISBN 978-3-98952-001-1

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Ellen Jones

Die Erbin der Krone

Historischer Roman

Aus dem Amerikanischen von Hans Freundl

dotbooks.

EINFÜHRUNG

Im frühen Mittelalter gab es in England noch keine Erbmonarchie. Eroberungszüge, dynastische Verbindungen und das Einverständnis des Hochadels spielten eine wichtige Rolle bei der Entscheidung darüber, wer den Königstitel zuerkannt bekommen sollte. Noch ein Jahrhundert bevor die Handlung dieses Romans einsetzt, wurde der Thron gewöhnlich durch Waffengewalt erobert.

1066 setzte Herzog Wilhelm von der Normandie nach England über, brachte dem Sachsenkönig Harold in der Schlacht bei Hastings eine vernichtende Niederlage bei und erhob nach dem Recht des Eroberers Anspruch auf den englischen Thron. Als König Wilhelm I. 1087 starb, folgte ihm in England sein zweitgeborener Sohn Wilhelm Rufus nach, in der Normandie sein ältester Sohn Robert. Sein jüngster Sohn Heinrich erhielt Silber, aber kein Land. Robert, der Herzog der Normandie, kämpfte gegen seinen Bruder um den englischen Thron, hatte aber keinen Erfolg.

Im Jahre 1100 starb König Wilhelm Rufus bei einem Jagdunfall unter ungeklärten Umständen. Da sein älterer Bruder Robert zu dieser Zeit außer Landes weilte, weil er am ersten Kreuzzug teilnahm, konnte sich Heinrich, der jüngere Bruder, des Thrones bemächtigen, ohne auf Widerstand zu stoßen. Es tauchten zwar Gerüchte auf, Heinrich sei am Tod seines Bruders nicht ganz unschuldig gewesen, habe ihn vielleicht sogar selbst arrangiert, doch dies konnte nie bewiesen werden. Auch noch neun Jahrhunderte später diskutieren Historiker über diese Frage. Christopher Brooke, ein berühmter britischer Geschichtswissenschaftler, faßte es folgendermaßen zusammen: Sollte der Tod von Wilhelm Rufus im August 1100 tatsächlich ein Unfall gewesen sein, dann war Heinrich I. außerordentlich vom Glück begünstigt.i

1106 unternahm Heinrich einen Vorstoß in die Normandie, besiegte seinen Bruder Robert, ließ ihn lebenslänglich einkerkern und wurde dadurch sowohl Herzog der Normandie als auch König von England, wie es auch schon sein Vater gewesen war.

Heinrich heiratete Mathilde, eine schottische Prinzessin aus der alten sächsischen Königslinie, und hatte mit ihr drei Kinder. Eines davon starb im Kindesalter, die beiden anderen, ein Junge und ein Mädchen, die Zwillinge waren, überlebten. Heinrich I. zeugte zwar noch zahlreiche Bastarde, doch die Zwillinge, deren Abstammung väterlicherseits auf Wilhelm den Eroberer zurückreichte, blieben seine einzigen legitimen Kinder. Sein Sohn Wilhelm würde den englischen Thron wie auch das Herzogtum Normandie erben. Doch falls diesem etwas zustoßen sollte, wer käme dann als Nachfolger in Frage?

VORBEMERKUNG

Bei dieser Geschichte handelt es sich um einen Roman, der auf einem realen historischen Hintergrund beruht. Die Personen haben, bis auf wenige Ausnahmen, wirklich gelebt und besitzen ihren Platz in der Geschichte. Viele der geschilderten Ereignisse haben tatsächlich stattgefunden; andere, die nur gerüchteweise überliefert wurden, lassen sich historisch nicht verifizieren. Die chronologische Abfolge der Ereignisse im 12. Jahrhundert wird von den Historikern unterschiedlich dargestellt. Um die Geschichte flüssig erzählen zu können, habe ich mir gelegentlich erlaubt, mit Daten, Örtlichkeiten und Geschehnissen etwas freizügiger umzugehen.

LISTE DER HANDELNDEN PERSONEN

Das Haus Normandie

Mathilde Tochter Heinrichs I.
Heinrich I. König von England und Herzog der Normandie, jüngster Sohn Wilhelms des Eroberers
Adelicia von Louvain zweite Ehefrau Heinrichs I.
Aldyth angelsächsische Amme und Mathildes Patentante

Das Haus Gloucester

Robert Graf von Gloucester, unehelicher Sohn Heinrichs I.
Mabel von Glenmorgan Roberts Gemahlin
Wilhelm und Philipp zwei ihrer Söhne

Das Haus Blois

Stephan dritter Sohn von Adela, einer Tochter Wilhelms des Eroberers
Matilda von Boulogne Stephans Gemahlin
Eustace Stephans Sohn

Das Haus Anjou

Gottfried Graf von Anjou und Maine
Heinrich sein ältester Sohn

Das Haus Schottland

David König von Schottland

Das Haus Muelan

Die Beaumont-Zwillinge:
Waleran Graf von Muelan
Robert (»Robin») Graf von Leicester

Weitere Personen

Brian FitzCount Lord von Wallingford, unehelicher Sohn des Grafen der Bretagne
Miles FitzWalter Sheriff von Gloucester
Ranulf Graf von Chester

Kirchliche Würdenträger

Heinrich von Blois Stephans jüngerer Bruder, Abt von Glastonbury, später Bischof von Winchester und päpstlicher Legat
Roger Bischof von Salisbury, oberster Ratgeber Heinrichs I.
Theobald von Bec Erzbischof von Canterbury
Ulgar Bischof von Angers
Wilhelm von Corbeil Erzbischof von Canterbury

PROLOG

Normandie, im Jahre 1125

Nach einer einmonatigen Reise quer durch Europa erreichte die königliche Reisegesellschaft mit ihren Sänften, Packpferden und Karren das Lager des Königs in der Normandie. Mathilde stieg aus ihrer Sänfte auf eine üppige grüne Wiese hinunter und blickte sich neugierig um. Von diesem Land aus war ihr Großvater Wilhelm, den man den Eroberer nannte, vor neunundfünfzig Jahren aufgebrochen, um nach England zu segeln. Ihr Blick wanderte über einen schmalen Fluß auf das gegenüberliegende Ufer. Dort konnte sie durch den Morgennebel eine Ansammlung bunter Zelte erkennen. Auf einem scharlachroten Zelt, das größer war als die übrigen und vor dem es von Rittern, Bogenschützen und Knappen wimmelte, flatterte ein rotgoldenes Banner stolz im Wind: die Standarte ihres Vaters Heinrich, König von England und Herzog der Normandie.

Mit ihren schlanken, beringten Fingern schlug Mathilde die Kapuze ihres schwarzen Morgenumhangs zurück. Zorn und Bewunderung kämpften wie zwei ineinander verbissene Schlangen in ihrer Brust. Mit neun Jahren hatte man sie vom Hof ihres Vaters entfernt und in Deutschland mit dem Kaiser des Heiligen Römischen Reiches vermählt. Nun, vierzehn Jahre später, war der Kaiser tot, und ihr Vater hatte sie wieder zu sich gerufen, obgleich sie sich dagegen gesträubt hatte. Während sie gebannt auf das Zelt des Königs starrte, wurde Mathilde klar, daß sich ihr künftiges Schicksal hinter diesen scharlachroten Stoffwänden entscheiden würde.

Als sie hinter sich das Geräusch von Pferdehufen vernahm, wandte sie sich um und erblickte eine Gruppe aufwendig gekleideter Adeliger, die über die steinerne Brücke ritten. Sie wollten vermutlich zum Lager des Königs, dachte sie, um sie dort zu begrüßen. Mathilde wurde von einem tiefen Gefühl der Vergeblichkeit erfaßt und vermochte dem Drang zu weinen, sich ihrer Verzweiflung zu ergeben, kaum noch standzuhalten. Nein, ermahnte sie sich, sie durfte jetzt nicht das geringste Anzeichen von Schwäche erkennen lassen. Niemand sollte merken, wie verloren und verletzlich sie sich fühlte, wie sehr sie sich vor dem Zusammentreffen mit ihrem Vater fürchtete, der ein Fremder für sie geworden war und den sie seit ihrer Kindheit nicht mehr gesehen hatte.

Ein platschendes Geräusch, dem eine plötzliche Bewegung im grünen Schilf am Ufer des Flusses folgte, erregte ihre Aufmerksamkeit. Sie suchte mit den Augen das Ufer ab, konnte aber nichts entdecken. Ein leiser Schauer durchlief sie. Bildete sie es sich nur ein, oder lag hier tatsächlich im Schilf jemand auf der Lauer und beobachtete sie? Sie wußte, es wäre am besten, wenn sie zu ihrem Zelt zurückkehren und sich für die Begegnung mit ihrem Vater zurechtmachen würde, doch sie fühlte sich von diesem Schilfbüschel angezogen.

Nachdem sie einen halb schuldbewußten, halb herausfordernden Blick über ihre Schulter geworfen hatte, legte Mathilde ihren Umhang ab und ging auf das Flußufer zu. Ihre Füße sanken auf dem nassen Boden ein, und sie beugte sich hinunter, um sich zuerst die Schuhe, dann auch die schwarzen Strümpfe auszuziehen. Es war ein wunderbares Gefühl, mit nackten Füßen über das feuchte Gras zu gehen. Unmittelbar am Ufer blieb sie stehen.

Das Schilf teilte sich langsam, und vor Mathildes erstaunten Augen erhob sich ein nackter Mann vom Boden. Einen Augenblick lang glaubte sie, auf einen Waldgott gestoßen zu sein, den legendären Gott Pan aus der griechischen Sage, die man ihr einmal erzählt hatte. Sie erblickte breite Schultern; feuchtes honigfarbenes Haar umrahmte ein markantes Gesicht mit hohen Backenknochen, einem geschwungenen Mund und einem gespaltenen Kinn. Unter goldbraunen Augenbrauen, die wie die Flügel eines Falken geformt waren, blickten grüne, goldgesprenkelte Augen hervor, die sich mit den ihren trafen. Mathildes Herz raste; Gefahr, Angst, Aufregung – sie wußte nicht, welche Empfindung in ihr überwog. Nachdem sie sich ihrer Situation plötzlich voll bewußt geworden war, stockte ihr der Atem. Dieser Augenblick, der in ihr nachhallte wie der Glockenschlag einer Kathedrale, warf sie zurück in eine andere Zeit, an einen anderen Ort.

1. KAPITEL

England, im Jahre 1111

Mathilde, die Prinzessin von England, drückte sich an die feuchten Steinmauern der Burg ihres Vaters. Der dicke kleine Schoßhund Beau klammerte sich an sie und knurrte leise. Hinter der Biegung des schmalen Ganges hörte sie die unheilverkündenden Tritte von Stiefeln, die näher kamen. Das mußte einer der Wächter sein.

Wo konnte sie sich verstecken? Wenn niemand sie fand, dann, so dachte sie und faßte plötzlich wieder Hoffnung, würde die kaiserliche Eskorte Windsor ohne sie verlassen. Heilige Muttergottes, betete sie, bitte laß nicht zu, daß sie mich nach Deutschland bringen, um dort verheiratet zu werden. Vorsichtig spähte sie den immer noch leeren Korridor entlang und sah, daß die mit Nägeln verzierte Eichentür des Söllers ihrer Mutter einen Spalt offenstand. Mathilde lief darauf zu, stieß die Tür weiter auf und schlüpfte hinein. Ihr Blick flog über die geöffneten Flügelfenster, die goldenen und scharlachfarbenen Tapisserien, die königlichen Wappen an den Wänden, den Betschemel und das elfenbeinerne Kruzifix. Der Raum war leer.

Die Enttäuschung, die sich ihrer bemächtigte, war so groß, daß es in ihrem Kopf zu hämmern begann. Aber was hatte sie auch anderes erwartet? Wann hatte ihre Mutter, die Königin von England, ihr schon einmal eine Zuflucht geboten? Doch zumindest heute, an diesem bislang schrecklichsten Tag in ihrem neunjährigen Leben, hatte sie gehofft, es würde anders sein.

Die Schritte verharrten genau vor dem Söller. Mathilde schoß zu den Tapisserien und schlüpfte gerade zwischen die Falten, als jemand die Tür aufstieß. In ihrer Panik verbarg sie ihr Gesicht in Beaus seidenem Pelz.

»Mathilde! Wo bist du, mein Kind?« Mathilde zuckte zusammen, als sie Aldyths ängstliche Stimme vernahm. Aldyth, eine entfernte Verwandte ihrer angelsächsischen Mutter, hatte sie seit ihrer Geburt als Amme und Pflegemutter betreut. »Ich weiß, daß du hier bist, ein Wächter hat gesehen, wie du die Tür aufgemacht hast. Mathilde! Komm sofort heraus!«

Mathildes Herz klopfte so laut, daß sie glaubte, Aldyth müsse es hören. Der Schoßhund, der sich zu befreien versuchte, gab ein scharfes Bellen von sich. Schritte näherten sich den Tapisserien.

»Da bist du ja!« Aldyths kräftige Arme griffen hinter den Wandbehang und zogen Mathilde hervor. »Was soll denn das bedeuten? Die kaiserliche Eskorte möchte nach Deutschland aufbrechen, und ich kann den König nicht länger hinhalten.« Sie machte eine Pause. »Er hat damit gedroht, dich auszupeitschen.«

Aldyth musterte Mathilde mit kritischem Blick. Das dichte zimtfarbene Haar, das durch eine vergoldete Schleife zusammengehalten wurde, fiel in zwei Zöpfen auf ihre winzige Brust hinunter und umrahmte ihr weißes ovales Gesicht. Unter den dunklen Brauen blickten helle, leuchtende Augen Aldyth ängstlich entgegen. Der schmächtige Körper, der in dem safrangelben Kleid und dem bernsteinfarbenen Samtjäckchen fast verschwand, war starr vor Angst. Aldyth setzte eine freundlichere Miene auf und gab glucksende Geräusche von sich, während sie Mathildes Kleid glattstrich.

»Fang ja nicht an zu weinen, mein Kind. Mit dem König ist heute morgen nicht zu spaßen. Gib mir das Tier.« Sie löste das Schoßhündchen aus Mathildes Griff und setzte es auf den Boden. »Komm.« Sie streckte eine Hand aus.

Mathilde drückte sich an die Wand. »Ich will nicht weg aus England, Aldyth. Könnt Ihr denn keinen Weg finden, daß ich bleiben kann?«

»Was ist denn in dich gefahren, Kleines? Du weißt doch schon seit Monaten, daß du im April abreisen sollst. Die Verlobung findet nächsten Monat statt.«

Mathilde starrte sie stumm an. Das stimmte. Sie hatte gewußt, sie würde nach Deutschland reisen müssen, um mit dem Kaiser des Heiligen Römischen Reiches verlobt zu werden, einem Mann, der ungefähr so alt war wie ihr Vater. Sie wußte es, seit dessen Sendboten vor einem Jahr am englischen Hof angekommen waren und um ihre Hand angehalten hatten. Dieses Angebot war ihr gegenüber als eine große Ehre für das Haus Normandie dargestellt worden. Damals hatte sie die Aussicht, eines Tages in ein fernes Land zu kommen, noch als aufregend empfunden, als ein Abenteuer, das ihr Überlegenheit über ihren Zwillingsbruder Wilhelm verleihen würde, den Thronerben ihres Vaters, auf den sich stets die Aufmerksamkeit aller richtete. Doch nun, da der Augenblick der Abreise gekommen war, erfüllten sie Angst und tiefes Unbehagen.

»Komm jetzt, meine Kleine«, fuhr Aldyth mit schmeichelnder Stimme fort. »Gehen wir zu deinem Vater und sagen wir ihm, daß du jetzt reisefertig bist.« Sie streckte ihre fleischige Hand aus.

Mathildes Lippen begannen zu zittern. »Wo ist die Königin, meine Mutter?«

»Die Königin befindet sich in der Kapelle und betet, daß Gott dich auf deiner Reise beschützen möge.«

»Das einzige, was sie tut, ist beten«, murmelte Mathilde, die eine ungewohnte Verbitterung empfand, und fragte sich nicht zum ersten Mal, wie es ihrer Mutter gelungen war, Königin zu werden, wenn sie sich in allen Belangen wie eine Nonne verhielt. Wie hatte sie auch nur einen Moment lang hoffen können, die fromme Königin würde sie gegen ihren furchteinflößenden Vater beschützen?

Sie wußte, es war schändlich, solche Gedanken gegenüber ihrer Mutter zu hegen, doch in diesem Augenblick bekümmerte sie das nicht. Ihre zurückgehaltenen Tränen brachen plötzlich hervor.

»Bitte, bitte, schickt mich nicht fort!« stieß sie hervor. In ihrer Verzweiflung warf sie sich auf die neuen Schilfmatten auf dem Boden des Söllers. Das weiche Schilf, das mit Wildblumen gemischt war, kühlte ihre brennenden Wangen.

Plötzlich wurde die Tür des Söllers mit voller Wucht aufgestoßen. Heinrich, König von England und Herzog der Normandie, stapfte herein, während zwei Schoßhündchen nach seinen Fersen schnappten. Ihm folgten Prinz Wilhelm, sein einziger legitimer Sohn, und Robert, sein ältester unehelicher Sohn. Der König riß erzürnt die Augen auf, als er Mathilde, auf dem Boden kauernd, erblickte.

»Verdammt, Mädchen, was soll das? Steh sofort auf!«

Beschämt erhob sich Mathilde rasch und säuberte ihren Rock. Ihr Vater, dessen massige Gestalt in einem dunkelbraunen Obergewand und gleichfarbigen Beinkleidern steckte und der die Krone von England auf seinem Haupt trug, verschränkte seine kräftigen Arme vor der breiten Brust.

»Was bezweckst du mit diesem ungebührlichen Verhalten?« In seiner weichen Stimme schwang ein bedrohlicher Unterton mit. »Der Botschafter des Kaisers, Graf von Hennstien, beginnt schon ungeduldig zu werden.«

»Ich will nicht nach Deutschland, Sire«, stieß Mathilde mit erstickter Stimme hervor.

»Du willst nicht?« Heinrich wandte sich zu den beiden Jungen um. »Habt ihr das gehört, meine Söhne? Ich besorge eurer Schwester die beste Partie, die das christliche Abendland zu bieten hat, und dieses undankbare Geschöpf weigert sich zu gehen?«

Heinrich fuhr herum und funkelte Mathilde an. »Worin, in Gottes Namen, besteht das Problem? Hast du Angst vor der Hochzeit? Ich habe dir schon mehrmals erklärt, daß sie erst vollzogen werden wird, wenn du dreizehn bist, aber die Verlobungszeremonie wird schon seit Mai letzten Jahres vorbereitet. Diese Pläne können jetzt nicht mehr umgestoßen werden.«

Er hakte seine Daumen in den breiten Ledergürtel, den er um seine Hüften trug, und begann, im Söller umherzugehen. Er wanderte zu dem Betschemel mit dem blaßblauen Kissen, drehte sich um und kehrte zu Mathilde zurück. Die beiden Schoßhündchen tollten hinter ihm her, und Mathildes Hündchen, das jüngste des Wurfes, schloß sich ihnen an.

»Ich will nicht von zu Hause fort«, flüsterte Mathilde. »Ich bitte Euch, laßt mich hier in England bleiben.«

»Wo steckt die Königin?« fragte Heinrich Aldyth, ohne auf Mathilde einzugehen. »Warum ist sie nicht hier, um sich um diese Angelegenheit zu kümmern? Warum bleiben solche Aufgaben immer an mir hängen?«

»Sie ist in der Kapelle, Sire«, erwiderte die Amme.

Der König wandte sich wieder Mathilde zu. »Diese Frage hätte ich mir sparen können. Wenn deine Mutter weniger Zeit damit verbringen würde, in der Kirche zu knien, und sich statt dessen damit befaßte, dir die Grundregeln richtigen Verhaltens beizubringen, dann wäre es für uns alle leichter!« Er machte einen entschlossenen Schritt auf sie zu, als wolle er sie für die Abwesenheit der Königin verantwortlich machen.

»Robert, bitte laß nicht zu, daß sie mich wegschicken.« Verzweifelt lief Mathilde zu ihrem Halbbruder, einem kräftigen jungen Mann von vierzehn Jahren, der tiefliegende dunkle Augen und braunes Haar hatte und wie eine freundlichere, jüngere Ausgabe seines Vaters wirkte. Zwischen ihnen beiden hatte sich eine tiefe Zuneigung entwickelt, nachdem Robert vor drei Jahren an den Hof gekommen war.

Details

Seiten
Erscheinungsform
Neuausgabe
Jahr
2024
ISBN (eBook)
9783989520011
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2024 (Januar)
Schlagworte
Historischer Roman Mittelalter-Roman England-Roman Rebecca Gablé Elizabeth Chadwick Philippa Gregory Romanbiografie Neuerscheinung eBooks
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Titel: Die Erbin der Krone