Lade Inhalt...

Die Kendricks: Die Stimme der Hoffnung

Roman - Die große Familiensaga, Band 1 | Das bewegende Südstaatenepos endlich auch im eBook!

von Lonnie Coleman (Autor:in) Ulla H. de Herrera (Übersetzung)
©2023 861 Seiten
Reihe: Die Kendricks, Band 1

Zusammenfassung

Das Leuchten des Glücks: Die dramatische Familiensaga »Die Kendricks: Die Stimme der Hoffnung« von Lonnie Coleman jetzt als eBook bei dotbooks.

Savannah zu Beginn des 19. Jahrhunderts. Als Tochter aus gutem Hause scheint es für Sarah keine andere Möglichkeit zu geben, als einen alten, wohlhabenden Mann zu heiraten. Doch die junge Frau ist fest entschlossen, ihren eigenen Träumen zu folgen. Als ihre Mutter zu Freunden der Familie auf die Plantage Beulah Land reist, ändert sich für Sarah alles: Halsüberkopf verliebt sie sich in den endlosen Horizont und die sonnenvergoldeten Felder, wo alles voller Zauber ist – und in Leon Kendrick, den Erben des Landes, mit dem sie sich das erste Mal in ihrem Leben völlig frei fühlt. Doch nicht alle Bewohner der Plantage sind ihr als Neuankömmling wohlgesonnen – und als die dunklen Sturmwolken des Bürgerkriegs herannahen, wird Sarahs und Leons zartes Glück auf eine harte Probe gestellt …

Jetzt als eBook kaufen und genießen: Die mitreißende Südstaaten-Saga »Die Kendricks: Die Stimme der Hoffnung« von Bestseller-Autor Lonnie Coleman wird alle LeserInnen von Tara Haigh und Catherine Tarley begeistern – für die Fans von »Vom Winde verweht«. Wer liest, hat mehr vom Leben: dotbooks – der eBook-Verlag.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Über dieses Buch:

Savannah zu Beginn des 19. Jahrhunderts. Als Tochter aus gutem Hause scheint es für Sarah keine andere Möglichkeit zu geben, als einen alten, wohlhabenden Mann zu heiraten. Doch die junge Frau ist fest entschlossen, ihren eigenen Träumen zu folgen. Als ihre Mutter zu Freunden der Familie auf die Plantage Beulah Land reist, ändert sich für Sarah alles: Halsüberkopf verliebt sie sich in den endlosen Horizont und die sonnenvergoldeten Felder, wo alles voller Zauber ist – und in Leon Kendrick, den Erben des Landes, mit dem sie sich das erste Mal in ihrem Leben völlig frei fühlt. Doch nicht alle Bewohner der Plantage sind ihr als Neuankömmling wohlgesonnen – und als die dunklen Sturmwolken des Bürgerkriegs herannahen, wird Sarahs und Leons zartes Glück auf eine harte Probe gestellt …

Über den Autor:

Lonnie Coleman (1920–1982) wurde in Georgia geboren und verbrachte seine Jugend im amerikanischen Süden. Während des Zweiten Weltkriegs diente er bei der US-Marine. Er schrieb zahlreiche Romane und Theaterstücke. Seine große Familiensaga rund um die Kendricks wurde weltweit gefeiert und machte ihn international berühmt.

Bei dotbooks veröffentlichte der Autor seine große Südstaatensaga um die Familie Kendrick mit den Bänden »Die Kendricks: Die Stimme der Hoffnung«, » Die Kendricks: Das Leuchten der Träume« und » Die Kendricks: Die Erben des Südens«.

***

eBook-Neuausgabe März 2023

Die amerikanische Originalausgabe erschien erstmals 1973 unter dem Originaltitel »Beulah Land« bei Doubleday, New York. Die deutsche Erstausgabe erschien 1974 unter dem Titel »Bis ans Ende aller Tage« bei Droemer Knaur.

Copyright © der amerikanischen Originalausgabe 1973 by Lonnie Coleman

Copyright © der deutschen Erstausgabe 1974 Droemer Knaur Verlag Schoeller & Co., Zürich

Copyright © der Neuausgabe 2023 dotbooks GmbH, München

Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.

Titelbildgestaltung: Nele Schütz Design unter Verwendung von shutterstock/Anne Kitzmann, coffee prince, Denis Novoldsky, Kateryny Upit, Nature Peaceful und AdobeStock/spiritofamerica

eBook-Herstellung: Open Publishing GmbH (fb)

ISBN 978-3-98690-561-3

***

Liebe Leserin, lieber Leser, wir freuen uns, dass Sie sich für dieses eBook entschieden haben. Bitte beachten Sie, dass Sie damit ausschließlich ein Leserecht erworben haben: Sie dürfen dieses eBook – anders als ein gedrucktes Buch – nicht verleihen, verkaufen, in anderer Form weitergeben oder Dritten zugänglich machen. Die unerlaubte Verbreitung von eBooks ist – wie der illegale Download von Musikdateien und Videos – untersagt und kein Freundschaftsdienst oder Bagatelldelikt, sondern Diebstahl geistigen Eigentums, mit dem Sie sich strafbar machen und der Autorin oder dem Autor finanziellen Schaden zufügen. Bei Fragen können Sie sich jederzeit direkt an uns wenden: info@dotbooks.de. Mit herzlichem Gruß: das Team des dotbooks-Verlags

***

In diesem eBook begegnen Sie möglicherweise Begrifflichkeiten, Weltanschauungen und Verhaltensweisen, die wir heute als unzeitgemäß oder diskriminierend verstehen. Bei diesem Roman handelt es sich um ein rein fiktives Werk, das vor dem Hintergrund einer bestimmten Zeit spielt oder geschrieben wurde – und als solches Dokument seiner Zeit von uns ohne nachträgliche Eingriffe neu veröffentlicht wird. Diese Fiktion spiegelt nicht unbedingt die Überzeugungen des Verlags wider.

***

Sind Sie auf der Suche nach attraktiven Preisschnäppchen, spannenden Neuerscheinungen und Gewinnspielen, bei denen Sie sich auf kostenlose eBooks freuen können? Dann melden Sie sich jetzt für unseren Newsletter an: www.dotbooks.de/newsletter (Unkomplizierte Kündigung-per-Klick jederzeit möglich.)

***

Wenn Ihnen dieser Roman gefallen hat, empfehlen wir Ihnen gerne weitere Bücher aus unserem Programm. Schicken Sie einfach eine eMail mit dem Stichwort »Die Kendricks 1« an: lesetipp@dotbooks.de (Wir nutzen Ihre an uns übermittelten Daten nur, um Ihre Anfrage beantworten zu können – danach werden sie ohne Auswertung, Weitergabe an Dritte oder zeitliche Verzögerung gelöscht.)

***

Besuchen Sie uns im Internet:

www.dotbooks.de

www.facebook.com/dotbooks

www.instagram.com/dotbooks

blog.dotbooks.de/

Lonnie Coleman

Die Kendricks:
Die Stimme der Hoffnung

Roman – Die große Familiensaga

Aus dem Amerikanischen von Ulla H. de Herrera

dotbooks.

Kapitel 1

Savannah war eine der großen Hafenstädte des Südens, die dem Austausch von Kultur und Waren zwischen dem weiten Hinterland und der Welt jenseits ihrer Gestade dienten. Viele Straßen führten von Savannah zu anderen, kleineren Zentren. Eines davon, eine Stadt namens Highboro, fünfundachtzig Kilometer nordwestlich von Savannah, hatte wiederum seine eigenen Straßen, die zu anderen, kleineren Städten sowie zu Farmen und Plantagen führten. Die größte von diesen Straßen war eine Landstraße aus rotem Lehm, mit blauschwarzen Adern durchzogen. Bei gutem Wetter war sie hart wie Stein für die Hufe der Pferde und Maultiere, aber wenn es längere Zeit regnete, wurde sie zu einem glitschigen Morast. Zwei Straßen führten von dieser Hauptstraße zu der Plantage, die man Beulah Land nannte.

Die hintere Straße lief durch Baumwoll- und Getreidefelder, das beste Land der sechzehnhundert Morgen, und durch einen kleinen Wald mit Zypressen, Eichen und Kiefern, durch den sich ein kleiner Fluß schlängelte. Am Ende dieser Straße lagen Scheunen, Räucherhütten, Hühnerhöfe, Brunnen, ein Küchengarten und die vierzig Hütten, in denen die rund einhundertfünfzig Neger wohnten, die auf der Plantage arbeiteten. Ihre genaue Zahl war eher durch Geburten und Todesfälle als durch Verkäufe bedingt, und Arnold Kendrick sprach von ihnen nie als Sklaven, obgleich die Bezeichnung »meine Leute«, die er gebrauchte, sowohl Besitz als auch eine Art Verwandtschaft ausdrückte.

Die vordere Straße nach Beulah Land zog sich bogenförmig über einen Hügel, quer durch einen Obstgarten mit Pflaumen- und Pfirsichbäumen, bis sie sich in eine schnurgerade, stattliche Allee verwandelte, die, von Eichen und Zedern gesäumt, zum Haupteingang des Hauses führte. Das Haus war groß, fast ausschließlich aus Holz gebaut, und was immer es an Würde besaß, verdankte es weit mehr seinem Ausmaß als seiner Form. Über seine Vorderseite lief eine breite Veranda mit vierkantig behauenen Holzpfeilern, die bis über das zweite Stockwerk des Hauses emporragten und das Dach stützten. Das Haus war grau gestrichen, seine Fensterläden dunkelgrün. Die Nebengebäude auf der Rückseite waren grau von Wind und Wetter und hatten einen weicheren, wärmeren Farbton als das Haus. Die Sklavenhütten waren weiß getüncht, ebenso die unteren Enden der Baumstämme, die dem großen Haus am nächsten standen.

Die Veranda führte direkt in eine geräumige Halle, neben der auf beiden Seiten die Wohn- und Eßräume lagen. Die Treppe zum oberen Stockwerk befand sich im linken vorderen Wohnzimmer, so daß die Halle einen freien Durchlaß für jede Brise bot, die durch das Haus und den überdachten, aber seitlich offenen Laufgang zu den Küchen und Vorratskammern zog, in denen Deborah Kendrick einen großen Teil ihrer Zeit verbrachte.

Obwohl Lovey, die etwa im gleichen Alter wie sie war, als ihre Stellvertreterin fungierte, hatte Deborah selbst die Dienstboten angelernt, und sie wußte auch genau, womit jeder einzelne Arbeiter auf der Plantage beschäftigt war: wer eggte und pflügte, wer hackte und sägte und wer für welche Tiere sorgte. Deborah und Lovey bildeten, bei näherer Betrachtung, ein seltsames Paar, aber das fiel niemandem auf, denn sie waren schon seit vielen Jahren das Zweigespann, das den Haushalt führte.

Deborah war eine hochgewachsene, energische Frau, in deren Gesicht, das ständig zu prüfen und abzuwägen schien, keine Spur von Sanftheit oder Humor lag. Ihr rötlichbraunes Haar war in der Mitte gescheitelt und im Nacken zu einem Knoten hochgesteckt, der von Jahr zu Jahr schwerer und größer wurde.

Lovey war kleiner und fülliger als ihre Herrin, aber nicht weniger energisch. Im Gegensatz zu Deborah lachte sie oft. Ihre Bewegungen waren, ebenso wie ihr Lachen, lebhaft und nervös, doch das lag wohl eher an ihrem Temperament als an irgend etwas anderem, denn Lovey fürchtete nichts und niemanden. Ihre innere Unabhängigkeit war das erste, was Deborah an ihr bemerkte, als sie nach ihrer Vermählung mit Arnold im Jahr 1800 nach Beulah Land kam.

In dem Kaufvertrag, der Lovey ein Jahr vor Deborahs Ankunft nach Beulah Land brachte, wurde ihr Name als Laverne La Vey angegeben, aber das war ihren neuen Gefährten zu phantasievoll, und so verwandelten sie La Vey sehr bald in Lovey und ließen Laverne vollkommen fallen.

Laverne La Vey war ein rundliches, reizvolles Mädchen, und ihr Temperament entzückte die übrigen Sklaven, deren einzige Abwechslung ihre gegenseitige Gesellschaft und der Lauf der Ereignisse auf der Plantage waren. Einer nach dem anderen machten sich die ledigen Männer an Lovey heran, die sie wie Fliegen verscheuchte und erklärte, sie habe weder Zeit noch Gedanken für Männer, ja, mehr noch, sie verachte sie allesamt und sei entschlossen, als Jungfrau zu sterben. Man lächelte darüber und betrachtete es als einen Ausdruck von Übermut, ja sogar Rebellion, denn es galt als selbstverständlich, daß die Aufgabe einer Frau, abgesehen von der ihr zugewiesenen Arbeit, darin bestand, Kinder zu gebären, die sie und ihren Mann ersetzen konnten. Außerdem war es doch absurd: Wie konnte sich ein Mädchen, so hübsch und munter wie Laverne, auf die Dauer gegen die drängende Leidenschaft der jungen Männer behaupten?

Aber sie behauptete sich tatsächlich zwei Jahre lang, bis dort, wo die Jugend versagt hatte, das Alter in der Person eines stillen Mannes namens Ezra den Sieg davontrug. Ezra war Hufschmied, aber er war mehr als das. Natürlich wurde jedem seine Arbeit zugeteilt, doch letztlich bestimmten die Fähigkeiten eines Menschen seine Tätigkeit. Ezras Verständnis für Tiere – nicht nur für Pferde und Maulesel – nahm im Lauf der Jahre zu, so daß er schließlich, zusätzlich zu seiner Arbeit als Hufschmied, der Tierarzt von Beulah Land war. Er erinnerte sich an jedes Heilmittel, von dem er gehört hatte, verwarf diejenigen, die nicht die gewünschte Wirkung brachten, und stellte Versuche mit den Kräutern der Gegend an. Ezras Wort war in Beulah Land Befehl, was die Behandlung von Tierkrankheiten betraf, und da der Organismus von Männern und Frauen viel mit demjenigen von Tieren gemein hat, zogen ihn mit der Zeit die übrigen Sklaven, und manchmal sogar die Kendricks, auch für menschliche Leiden zu Rate; und es war nur natürlich, daß man anfing, ihn »Doktor« zu nennen.

Ezras Kenntnisse erfüllten seine Gefährten mit Ehrfurcht und Aberglauben. Es wurde angenommen, daß er sogar noch mehr wisse, als er tatsächlich wußte, und der Klatsch auf den Feldern und im Haus verbreitete Wundergeschichten über seine Zaubersprüche und Prophezeiungen, obwohl diese Prophezeiungen sich immer auf scharfsinnige Diagnosen stützten und er nicht das geringste mit Zaubersprüchen zu tun hatte.

Da er Kranke behandelte, war er natürlich auch hin und wieder zugegen, wenn jemand starb, und das wiederum brachte es mit sich, daß er die Toten für das Begräbnis »zurechtzumachen« hatte. Dieser Umgang mit den Toten vertiefte nur noch die ehrfürchtige Scheu vor ihm und trennte ihn von den übrigen Sklaven. Vielleicht wäre das anders gewesen, wenn er geheiratet hätte, aber zu der Zeit, als Laverne La Vey nach Beulah Land kam, um dort zu leben und zu arbeiten, war er, fast vierzigjährig, immer noch ledig und wurde schon seit langer Zeit als einer von denjenigen Männern angesehen, die zu sehr von ihrer Tätigkeit in Anspruch genommen waren um sich für Frauen zu interessieren. In Wirklichkeit war Ezra jedoch, trotz seines arbeitsreichen Lebens, ein einsamer Mann. Wenn seine Dienste nicht benötigt wurden, was selten genug vorkam, ging er zum Fischen an den Bach, oder er saß in seiner Hütte, die er selbst in Ordnung hielt. Er hatte nicht einmal eine Katze oder einen Hund, denn wenn die Sorge eines Menschen allen Tieren gilt, wird er selten einem einzelnen seine besondere Liebe und Aufmerksamkeit widmen.

Ebenso wie die anderen war auch Ezra von den Reizen und dem Temperament Lavernes angetan, und wenn er des Nachts allein in seiner Hütte war, ertappte er sich oft dabei, daß er lächelnd an sie dachte – an irgend etwas, das er sie an diesem Tag hatte sagen hören, an ihr Lachen oder einen jähen, aber rasch wieder abklingenden Zornesausbruch.

Lovey hätte nicht sagen können, wann sie angefangen hatte, Ezra zu beachten, aber als sie es tat, war es, als hätte sie ihn schon von jeher gekannt und ihm vertraut. Inzwischen hatte die junge Herrin von Beulah Land sie zu ihrer persönlichen Helferin erkoren. Da sie den größten Teil der Zeit mit Deborah Kendrick oder zumindest in ihrer Nähe verbrachte und da Arnold Kendrick es sich zur Gewohnheit machte, Ezra nach beendeter Tagesarbeit zu sich zu holen, um sich mit ihm zu beraten, kamen Lovey und Ezra oft zusammen und gewöhnten sich daran, ungezwungen miteinander zu verkehren.

An manchem dunklen Abend begleitete Ezra sie vom großen Haus zu der Hütte, die sie mit der Witwe Jane und ihren häßlichen, unverheirateten Töchtern Posie und Buttercup teilte. Als er sah, daß sie ihn als Freund betrachtete, das heißt, daß sie in seiner Gegenwart ruhig sein konnte und offensichtlich nicht das Verlangen hatte, zurückzuscheuen, zu bocken und davonzulaufen, wie sie es in Gegenwart anderer tat, fing er an, ihr die kleinen Dinge zu schenken, die er zu verschenken hatte: einen schönen, reifen Pfirsich, einen hübsch zurechtgeschnittenen Federkiel, den sie als Zahnstocher benutzen konnte, und einmal ein Mittel gegen Ohrenschmerzen aus zerstoßenen Kampferblättern und Nelkenöl.

Als Lovey sich seiner bewußt wurde, wußte sie, was geschehen würde, und zu ihrer Ehre muß gesagt werden, daß sie Ezra nicht mit Launen und vagen Versprechungen quälte. Die Bewußtheit, die er in ihren Augen las, ermutigte Ezra zu sprechen; und als sie ruhig zuhörte, wagte er ihre Hand zu nehmen; und als sie nicht zurückwich, war die Sache rasch zwischen ihnen geregelt.

An einem Sonntag im September 1801 wurden sie in Anwesenheit von Deborah und Arnold im Wohnzimmer des großen Hauses getraut. Ezras Hütte wurde Loveys Heim, und von allen, die auf Beulah Land lebten, standen Lovey und Ezra den Kendricks am nächsten. Vor Loveys Heirat, die zu ihrer lebhaften Freude die übrigen Plantagenarbeiter in sprachloses Staunen versetzte, hatte sie eine Stellung von zunehmender, wenn auch nicht näher bestimmter Autorität eingenommen. Jetzt, da Ezras Reife ihre eigene Unreife ausglich, wurde sie allgemein – nach der Herrin selbst – als Herrin des Hauses anerkannt.

Lovey war durch und durch ehrlich; es wäre ihr nie in den Sinn gekommen, es nicht zu sein, denn das gehörte zu ihrer inneren Unabhängigkeit. Sie war nie schüchtern gewesen, und so fand sie sich jetzt mit der größten Selbstverständlichkeit in ihre neue Rolle als Plagegeist des Haushalts. Sie haßte Schmutz und Faulheit und erkannte, daß diese beiden Dinge sich in der Person eines schlechten Dienstboten vereinten; deshalb wußte sie, was sie zu tun hatte. Sie mahnte, sie schimpfte, sie lief umher und sorgte dafür, daß jeder seine Pflicht tat. Deborah empfand ihre Geschäftigkeit und ihre lebhafte gute Laune als wohltuend und beruhigend. Die Arbeit wurde getan, und ihre Durchführung war die Befriedigung, die Lovey empfing und gab.

Die Mädchen und Frauen, die unter ihrer Aufsicht arbeiteten, waren natürlich verärgert und hegten manchmal vorübergehend einen ausgesprochenen Haß gegen sie. Aber sie konnten sie nicht lange hassen, denn selbst die Dümmsten unter ihnen erkannten, daß Lovey ebenso gerecht wie unnachsichtig war. Deborah mochte es hin und wieder vorziehen, irgendeine Nachlässigkeit zu übersehen; Lovey niemals. Das Haus gehörte ihr. Es hatte sauber zu sein. Die tadellose Ordnung des großen Hauses – das war immer ihr Ehrgeiz gewesen.

Aber zum Trost für alle, die faul und schlampig waren, hatte Lovey einen lächerlichen Fehler: Sie war eine schlechte Köchin. Jede andere Frau auf der Plantage war stolz auf ihr Talent, gewisse Gerichte für sich und ihre Familie und manchmal auch für die Kendricks besser zu kochen, als andere es konnten oder taten. Aber Lovey wußte um ihre Schwäche und bekannte sie freimütig. Sie sagte selbst, sie brauche nur eine Küche zu betreten, in der ein Kuchen gebacken wurde, und der Teig werde zusammenfallen. Lachend erklärte sie, daß der Ton ihrer Stimme Sahne sauer werden und auch den Reis festkleben und anbrennen ließ. Da sie zwar selbst nicht kochen konnte, aber großmütig die Kochkunst anderer Frauen anerkannte, war sie manchmal beinahe beliebt.

Kapitel 2

Die Zeit ging vorüber, und die zwei wichtigsten Familien von Beulah Land blieben kinderlos. Lovey hatte drei Fehlgeburten, und der Klatsch auf der Plantage erfand diverse Erklärungen dafür. Ezra sei so lange ohne Frau gewesen, und jetzt, da er eine habe, könnten Geist und Fleisch sich in ihren geheimnisvollen Eigenheiten einander nicht mehr anpassen. Ihr Blut wolle sich nicht vermischen; das, was jeder von ihnen sei, werde vom anderen aufgehoben. Er sei alt, sie jung; er still, sie ungestüm.

Was Deborah und Arnold betraf, so hatte niemand auf der Plantage sie jemals einander berühren, auch nur Hand in Hand oder Arm in Arm gehen sehen, und so wunderte man sich weniger darüber, daß Deborah unfruchtbar war. Doch sowohl Deborah als auch Arnold wünschten sich Kinder; nicht weil sie sich liebten, sondern weil Kinder für die Erhaltung von Beulah Land notwendig waren – doch bisher vergebens.

Das Land blühte und gedieh. Der Ertrag von Baumwolle und Getreide, von Rindern, Schweinen und Geflügel nahm zu. Alte Sklaven starben oder wurden so schwach, daß sie zu nichts mehr taugten und nur noch vor ihren Hütten saßen, während die Fliegen ungestört über ihre Handrücken liefen und sie sich fragten, wann wohl die nächste Mahlzeit fertig sein werde. Aber Kinder wurden geboren; strampelten, schrien, lebten.

Dann erkannten im Frühling 1805 sowohl Deborah als auch Lovey, daß sie schwanger waren, aber sie sagten einander nichts davon, bis ihre Figur es verriet. Während sie hintereinander umherwanderten und ihre Bäuche wie in einem langwierigen, absurden Wettbewerb immer mehr hervortraten, machte man heimlich Witze über sie. Deborah erfuhr natürlich nie etwas davon, aber als Lovey dahinterkam, geriet sie derart in Wut, daß niemand es mehr wagte, in ihrer Gegenwart zu lachen oder auch nur zu lächeln, bis ihr Kind zur Welt kam.

Deborahs Sohn wurde am 24. Dezember 1805 geboren und auf den Namen Leon getauft. Loveys Sohn wurde am 2. Januar 1806 geboren und Floyd getauft. Keine der beiden Entbindungen war schwer, obwohl Deborahs Niederkunft länger dauerte. Sie versuchte vergebens, ihr Baby zu nähren, während Loveys Brüste bald prall waren vor Milch, die manchmal aus ihren Brustwarzen rann und feuchte Flecken auf ihrem Kleid hinterließ.

Floyd trank und schlief. Die wenige Milch, die Deborah hatte, griff Leons Magen an und ließ ihn wimmern und weinen. Als sie eines Morgens in Deborahs Schlafzimmer saßen und ihre Babys nährten, während sie über die Arbeit des Tages sprachen, beobachtete Lovey, wie der arme Leon sich krümmte und mit den Füßen gegen Deborahs mageren Busen stieß; da nahm sie ihn ohne ein Wort aus den Armen seiner Mutter und legte ihn an ihre freie Brust. Beide Frauen sahen schweigend zu, wie die zwei Kinder Leben aus Loveys Körper saugten. Weiß und braun, tranken sie, bis sie gesättigt waren. Ihre Kinnbacken und ihre Münder entspannten sich, ihre Fäuste und Füße stießen nicht mehr gegen Loveys weiches Fleisch; sie schliefen. Lovey sah mit einem stolzen, zufriedenen Lächeln auf sie hinunter. Deborah bedeckte ihre Brust und bot sie Leon nie wieder an.

Von da ab nährte Lovey stets die beiden Jungen gleichzeitig. An den Anblick der jungen Frau mit den zwei Kindern an der Brust hatte man sich bald gewöhnt auf der Plantage. Deborah war Lovey dankbar, daß sie es ihr ermöglichte, sich wieder voll ihren Verpflichtungen als Herrin von Beulah Land zu widmen. Es herrschte in diesem Winter eine Grippeepidemie, und Deborah wurde häufiger von Ezra als von Lovey begleitet, während sie von einer Hütte zur anderen ging, Kopf und Hals der Kranken nach Fieber befühlte und ihnen eine flüssige Hustenmedizin verabreichte, die Ezra aus Pfirsichschnaps und Schwefel gebraut hatte.

Als der Winter zu Ende ging und es Frühling wurde, dufteten die umgepflügten, frisch besäten Felder vielversprechend nach feuchter Erde, und die beiden Babys waren fast den ganzen Tag zusammen. Wenn sie nicht Seite an Seite tranken, lagen sie auf einer wattierten Decke, die von einem Platz zum anderen getragen wurde, während Lovey von einer Beschäftigung zur anderen überwechselte.

Posie, eine der beiden Töchter der Witwe Jane, wurde von Deborah beauftragt, Lovey bei der Pflege der Kinder zu helfen. Da Posie Angst vor ihnen hatte, nahm sie ihrerseits dankbar die Hilfe der halbwüchsigen Mädchen an, die plötzlich das Wunder von Geburt und Babys entdeckten und die, wenn Lovey nicht zugegen war, die Säuglinge auswickelten und ihre Genitalien kitzelten, bis die kleinen Glieder steif wurden; woraufhin die Mädchen unter gellendem Lachen erklärten, daß alle männlichen Wesen, ob jung oder alt, nur einen einzigen Gedanken hätten. Dann wickelten sie die Jungen mit plötzlich groben, strafenden Händen wieder in ihre Windeln und sangen ihnen halb erinnerte, halb erfundene Wiegenlieder.

In jenem Sommer machte Ezra zwei Schaukeln aus wattierten Kissenbezügen und hängte sie in den großen, alten Feigenbaum, der unweit der Küchentür stand. Wenn Lovey sich um andere Dinge zu kümmern hatte, wurden Floyd und Leon, von oben bis unten eingewickelt, fest und sicher aufrecht in die Schaukeln gesteckt. Sie schliefen, wachten auf und lachten, wenn sie einander sahen, während der Wind sie in der nach Feigen duftenden Luft hin und her schwang.

Kapitel 3

Deborahs zweites und – wie sich herausstellte – letztes Kind wurde im März 1808 geboren und nach Arnolds verstorbener Mutter Selma genannt. Das Baby hatte an jeder Hand fünf Finger, an jedem Fuß fünf Zehen. Es hatte zwei Beine, zwei Arme, zwei Augen. Kopf und Rumpf waren so, wie man es bei einem Neugeborenen erwartet. Und trotzdem wirkte es von Anfang an wie ein fremdartiges Wesen. Wenn es auf einem Schoß, einem Bett oder in seiner Wiege lag, bewegte es sich nicht und weinte auch nicht. Wenn man es aufnahm, schien es zu erschrecken. Als die Zeit gekommen war, da es lächeln sollte, lächelte es nicht. Es starrte auf jedes Gesicht, das sich dem seinen näherte, als wäre es aus der Geisterwelt erschienen.

Deborah überließ das Kind hauptsächlich der Obhut von Buttercup, die jedoch ebenso wie ihre Schwester Posie Angst vor Babys hatte, vor allem, wenn sie mit der Kleinen allein war.

Lovey hatte wieder zwei Fehlgeburten, aber im Juni 1810 gebar sie ein Mädchen, das sie Pauline nannte. Paulines winzige Händchen schlossen sich wie Klammern um jeden Finger, der in ihre Reichweite kam, und ihre starren, feuchten Augen waren dunkel vor Mißtrauen. Lovey zuckte lachend die Achseln und erklärte, Pauline sei offensichtlich ganz und gar Ezras Kind, denn sie könne nichts von sich an ihr entdecken und ihr Geheimnis nicht ergründen. Ezra lachte und schien meist kaum zu wissen, daß sie existierte, denn Floyd war für ihn etwas so Großartiges und Wunderbares, wie er es sich nie erträumt hätte.

Kapitel 4

»Floyd! Floyd! Le-on! Wo steckt ihr? Kommt her, wenn ich euch rufe!«

Lovey war beunruhigt und klopfte nervös mit dem Fuß auf die Steinstufe, die zur Küche führte. Sie hatte Eier eingesammelt, eine Morgenbeschäftigung, die sie für gewöhnlich in gute Laune versetzte, denn obwohl einige Hennen ihre Eier, wie es sich gehörte, in die dafür bestimmten Nester legten, ließen andere sie in irgendwelche abgelegenen Winkel auf dem Hof oder in der Scheune fallen und machten damit die Suche immer zu einer Art Spiel. In ihrer Schürze, die sie mit einer Hand hochhielt, lagen siebzehn Hühnereier, weiß, braun und gesprenkelt, und vier Perlhuhneier, die sie zum Ausbrüten aufbewahren wollte.

»Kommt sofort her, alle beide!«

Details

Seiten
Erscheinungsform
Neuausgabe
Jahr
2023
ISBN (eBook)
9783986905613
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2023 (März)
Schlagworte
Landschaftsroman Südstaaten-Saga Frauensaga Vom Winde verweht Catherine Tarley Linda Belago Tara Haigh Historischer Liebesroman Neuerscheinung eBooks

Autoren

Zurück

Titel: Die Kendricks: Die Stimme der Hoffnung