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House of Passion - Der Club der verbotenen Lüste

Dark Victorian Romance | Ein sinnlicher Roman der der USA Today Bestsellerautorin

von Robin Schone (Autor:in) Ulrike Bischoff (Übersetzung)
©2023 587 Seiten

Zusammenfassung

Wo dunkle Fantasien wahr werden: Der sinnliche Roman »House of Passion – Der Club der verbotenen Lüste« von Robin Schone jetzt als eBook bei dotbooks.

In seinen Fesseln fühlt sie sich zum ersten Mal frei … England zur viktorianischen Zeit: Bisher hat Frances nur für andere gelebt – als Ehefrau, Mutter, und nun soll sie als junge Witwe auf dem Land ein genügsames Dasein fristen. Um wenigstens für einige Tage dieser Enge zu entkommen, reist Frances ins pulsierende London, wo sie bei einem Museumsbesuch unvermittelt in die Sitzung eines exklusiven Clubs gerät. Eine sehr pikante Situation, denn diese Gentlemen und Ladies haben sich einem einzigen Ziel verschrieben: dem hemmungslosen Lustempfinden. Zugleich abgestoßen und fasziniert, wird Francis prompt von dem gefährlich attraktiven Anwalt James Whitcox herausgefordert, am nächsten Treffen teilzunehmen. Aber darf sie es wirklich wagen, sich ihm auszuliefern – und ihren eigenen dunkelsten Wünschen?

»Eine sinnliche Romanze, die die viktorianische Doppelmoral und die Strafen für Frauen, die sie ignorierten, genau unter die Lupe nimmt, um mit großer Gelassenheit alles ins rechte Licht zu rücken.« Library Journal

Jetzt als eBook kaufen und genießen: Der historische Liebesroman »House of Passion – Der Club der verbotenen Lüste« von USA-Today-Bestsellerautorin Robin Schone. Wer liest, hat mehr vom Leben: dotbooks – der eBook-Verlag.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Kapitel 1

Plötzlich sah er mit den Augen einer Frau.

Die fünfflammige Gaslampe. Den sechs Meter langen Mahagonitisch.

Die zwölf Mitglieder des Damen- und Herrenclubs.

Ärztin. Bankier. Publizistin. Lehrerin. Studentin. Professor. Suffragette. Architekt. Philanthropin. Journalist. Steuerberater ...

Unweigerlich richtete sich sein Blick auf den Anwalt am Kopfende des Tisches. Sein krauses, kastanienbraunes Haar war an den Schläfen grau meliert, kompromisslose Fältchen lagen wie Strahlen um die kalten braunen Augen.

Die Wahrheit traf ihn mit voller Wucht.

In den 24 Jahren seiner Ehe war seine Frau die perfekte Gastgeberin und Mutter gewesen. Und dann war sie gestorben.

Allein.

Unter den Rädern einer Kutsche.

Er hatte die Frau, die seinen Namen getragen und seine beiden Kinder zur Welt gebracht hatte, gar nicht gekannt. Über ihre Ängste, Träume und Bedürfnisse hatte er nichts gewusst.

Während er den Mann mit den grau melierten Schläfen und den kalten braunen Augen anstarrte, wurde ihm klar, dass sie diesen Mann jeden Morgen beim Frühstück gesehen hatte: einen Fremden. James Whitcox. Ehemann. Vater. Verteidiger. Kronanwalt.

Die Erkenntnis brach sich in einem Knall Bahn. Als die Mahagonitür gegen die burgunderrot tapezierte Wand prallte, versetzte sie James zurück in seine männliche Sicht.

Für den Bruchteil einer Sekunde hatte er die Szenerie durch die hellgrünen Augen der Frau gesehen, die nun wie erstarrt in der Tür stand und die Hand nach dem Messingtürknauf ausstreckte, der ihr entglitten war. Ihr Gesicht unter dem runden Strohhut zeigte sanfte Spuren ihres reifen Alters. Leuchtend rote Haare rahmten ihre Schläfen. Ihr grün karierter Samtmantel mit passendem Rock und grüner Seidenpolonaise war vorbehaltlos feminin.

Diese Frau versteckte ihre Sexualität nicht. Sie gehörte eindeutig nicht dem Damen- und Herrenclub an.

Ein Stuhl quietschte in das Dröhnen bebenden Holzes. Er sah die Mahagonitür von der Wand abprallen.

Ihre zierlichen Finger steckten in einem braunen Glacéhandschuh.

Jeden Augenblick würde diese Hand nach dem Türknauf greifen und die Frau würde fortgehen. Eine Fremde. Wie seine Frau ihm eine Fremde geblieben war. Und er würde nie erfahren ...

James fing ihren Blick ein. »Was begehrt eine Frau?«

Die barschen Worte hallten vom Kristalllüster wider.

Sein Tonfall klang nicht nach dem Gentleman, als der er erzogen war: in der Öffentlichkeit, bei Gericht, im Bett. Es war die Stimme eines Mannes: herrisch, fordernd.

Der Verdruss in den Augen der Frau schlug in Verwunderung um. Gleichzeitig legte ihre Hand sich um den Messingtürknauf. »Ich bitte um Verzeihung?«

Ihre Stimme war klar. Eine leicht ländliche Färbung milderte die gepflegte Vornehmheit ihrer Sprache.

Sie war nicht aus London.

Doch ihre Herkunft spielte keine Rolle. James wollte nicht das Pardon einer Dame der vornehmen Gesellschaft, sondern die Aufrichtigkeit einer Frau.

»Begehrt eine Frau die Berührung eines Mannes?«

Seine Frau hatte früher mit ihm über die neuesten on dits gesprochen, über ihre wohltätigen Aktivitäten und über ihre Kinder. Die Mitglieder des Damen- und Herrenclubs hatten in den bisherigen Sitzungen über Biologie, Geschichte, Philosophie und Soziologie der Geschlechtlichkeit diskutiert. Nicht ein einziges Mal hatten sie die Existenz eines schlichten menschlichen Verlangens zugegeben.

James hatte dieses Verlangen. Galt das für diese Frau auch?

Mit dem scharfen Blick eines Staatsanwalts musterte er ihr Gesicht. »Begehrt eine Frau, einen Mann zu berühren?«

Der Schock machte die Anwesenden sprachlos – alles Männer und Frauen, die den Unterschied zwischen Sexualkunde und Sexualität erst noch begreifen mussten.

»Fühlen Frauen sich vom Geschlecht eines Mannes abgestoßen?«

Die Räder einer vorbeifahrenden Kutsche kreischten. Unten von der Straße wehte entfernt das Plärren einer Polka herauf. In dem burgunderrot tapezierten Sitzungssaal herrschte absolute Stille.

»Was genau begehrt eine Frau von einem Mann?«, hakte James nach.

Etwas flackerte in den Augen der Fremden auf – etwas, was James noch nie zuvor gesehen hatte.

»Wenn Sie bitte unsere Entschuldigung im Namen von Mister Whitcox annehmen würden, Madam.« Die männliche Zensur machte ihre Miene verschlossen. »Wir befinden uns in einer geschlossenen Sitzung, wie Sie sehen. Wenn ich Ihnen den Weg ... «

Sofort schweifte ihr Blick von James zu Joseph Manning, dem Gründer und Präsidenten des Damen- und Herrenclubs.

Sie öffnete den Mund ...

Vielleicht, um die Entschuldigung im Namen von James anzunehmen. Oder um nach dem Weg in den Museumssaal zu fragen, den sie eigentlich gesucht hatte und in dem fremde Männer ihr ganz sicher keine unerwünschten männlichen Bedürfnisse aufzwängten.

»Wenn Sie bitte meine Entschuldigung im Namen von Mister Manning annehmen würden«, schaltete James sich skrupellos ein. »Er vergisst, dass es Zweck dieses Damen- und Herrenclubs ist, geschlechtliche Beziehungen zu diskutieren.«

Der Blick der Frau richtete sich wieder auf ihn.

»Doktor Burns«, James deutete mit einer knappen Kopfbewegung auf die Frau links neben ihm, »glaubt fest an Darwins Theorie der Zuchtwahl. Dagegen ist Mister Addimore«, er wies auf den Steuerberater zu seiner Rechten, »mehr an Malthus’ These der Bevölkerungskontrolle interessiert. Mistress Clarring«, er zeigte auf die Philanthropin rechts neben dem Steuerberater, »ist Expertin für erotische Kompositionen in Stillleben.«

»Mister Whitcox, das verstößt gegen jede ...«

»Hätten Sie uns nicht unterbrochen«, sagte James, ohne auf die scharfe Zurechtweisung der Publizistin zu achten, die eine attraktive Frau war, deren Schönheit ihn jedoch nicht berührte, »dann würde ich jetzt einen Vortrag über britisches Scheidungsrecht halten. Interessiert Sie britisches Scheidungsrecht?«

Die kleine Hand der Frau ballte sich zusammen. »Nein, vielen Dank ... «

»Interessiert Sie Darwins Theorie der Zuchtwahl?«

»Ich bin mit Darwins Theorien nicht vertraut.« Ihre Wangen färbten sich dunkelrot. »Ich muss wirklich ...«

Gehen.

Er konnte sie nicht gehen lassen – nicht bevor er wusste, ob das kurze Aufleuchten in ihren Augen tatsächlich von weiblichem Verlangen und nicht vom flackernden Gaslicht herrührte.

»Interessieren Sie sich für erotische Kunst?«

Er kannte die Antwort, bevor sie den Mund öffnete – die einzige Antwort, die eine anständige Frau geben durfte.

»Ich habe noch nie erotische Kunstwerke gesehen ...«

»Möchten Sie gern welche sehen?«

Die Frau schreckte zurück. Gleichzeitig ertönte es im Chor: »Mister Whitcox!«

»Miss Palmer.« James wandte sich an die hagere, anämische Lehrerin, die gern blumige Prosa in archaischen französischen Romanen unterstrich und als erotische Metaphern etikettierte. »Haben Sie je eine französische Postkarte gesehen?«

Ihre spitze Nase färbte sich rot. »Sir!«

Nacheinander schaute James die anwesenden Damen und Herren an, die steif und aufrecht dasaßen, zehn von ihnen in Armstühlen mit Medaillonrücken, der Journalist in einem Rollstuhl mit geflochtener Rückenlehne. Er hatte sich eingehend über jedes Mitglied erkundigt, bevor er ihrem Zirkel beigetreten war. Es waren fünf Junggesellen, fünf alte Jungfern und eine verheiratete Frau, deren Mann lieber Vergessen im Alkohol als den Trost weiblicher Arme suchte.

»Wir haben über sexuelle Symbole in der Kunst diskutiert.« Sein Blick glitt über die jungen Männer in ihren dunklen Maßanzügen, die seinem ähnelten, und verweilte bei den jungen Frauen in ihren konservativen Kleidern und dunklen Hauben. »Aber wie viele der anwesenden Damen haben je ein Gemälde oder eine Fotografie gesehen, die ausschließlich darauf abzielten, zu erregen oder aufzureizen?«

Mit wutroten Flecken in den Gesichtern starrten die Frauen an James’ Schulter vorbei auf die fein säuberlich neben seiner linken Hand gestapelten Notizen über englisches Scheidungsrecht, auf den Mahagonitisch ... überallhin, nur nicht in seine Augen.

Einen geschlechtslosen Gentleman wussten sie zu nehmen. Aber mit einem Mann und seiner Sexualität konnten sie nicht umgehen.

»Wir sind hier, um über Sexualkunde zu sprechen, Sir, nicht über Pornographie«, rief Jane Fredericks ihn zur Ordnung. Die weiße Feder an ihrer schwarzen Haube zeigte zur Decke wie ein Pfeil zum Himmel.

Er musterte die 27-jährige Suffragette. Ihr Idol war Josephine Butler, die Pfarrersfrau, die eine erfolgreiche Kampagne für die Aufhebung des Gesetzes über ansteckende Krankheiten geführt hatte. Dieses Gesetz hätte den Männern nämlich ermöglicht, ihre Sexualität zu genießen, ohne dafür leiden zu müssen. Kein einziges Mal in den sieben Monaten, seit James Mitglied des Damen- und Herrenclubs war, hatte er in ihren Augen auch nur einen Funken von Wärme, Verlangen oder Neugier entdecken können.

»Wollten Sie noch nie sehen, was Männer erregt, Miss Fredericks?«, fragte er sachlich.

Zwei frigide grüne Augen starrten die Wand hinter ihm an. »Nein.«

Sie glaubte an ihre Lüge.

Noch vor sieben Monaten hätte auch James ihr geglaubt.

Er schaute die fremde Frau mit den hellgrünen Augen an. »Was ist mit Ihnen, Madam? Möchten Sie gern eine französische Postkarte sehen?« James fiel das Gold ein, mit dem er seine Mätressen bezahlt hatte, und die Juwelen, die er seiner Frau geschenkt hatte. Beides waren Entschädigungen dafür, dass sie seine Berührungen über sich hatten ergehen lassen. »Oder glauben Sie, dass Frauen sich von Natur aus von Dingen abgestoßen fühlen, die einem Mann Lust bereiten?«

Rotgoldende Wimpern beschatteten ihre Wangen. Sie hatte fein geschnittene Wangenknochen. Dann schoss ihr Blick zu seiner linken Hand. Sie starrte auf seinen Ehering, ein Zeichen der Ehrbarkeit.

Die Heirat hatte ihm den Weg zu so manchen politischen Ämtern geebnet.

Was hat sie meiner Frau gebracht?, fragte er sich. Gesellschaftliches Ansehen? Als Tochter des Finanzministers hatte sie schon vor ihrer Ehe mit James eine privilegierte Stellung in der Gesellschaft eingenommen.

Was hatte die Ehe der modisch gekleideten Frau gebracht, die noch immer auf seinen Finger mit dem verlogenen Ring starrte? Sie strahlte Selbstsicherheit aus, die aus dem Wissen um männlichen Schutz erwuchs, aber genoss sie es auch, die Begierde eines Mannes zu befriedigen?

Schließlich hob die Fremde langsam die Lider, schaute ihm fest in die Augen und sagte ruhig: »Ich denke, Ihre Frau dürfte am besten in der Lage sein, Ihre Fragen zu beantworten, Sir.« Der Strohhut verdeckte ihr Gesicht, als sie zurücktrat.

»Meine Frau ist tot«, hallte es schneidend durch die kalte Frühlingsluft.

Sie stockte, ihr Kopf schnellte hoch.

James wartete schon auf ihren Blick. »Ich werde nie erfahren, welche meiner Berührungen sie erregt und welche sie abgestoßen haben. Ich werde nie erfahren, in welcher Hinsicht ich bei ihr versagt habe, ob ich überhaupt versagt habe. Ich werde nie erfahren, was sie brauchte, weil ich nie danach gefragt habe.«

»Warum nicht?«

Die Gegenfrage kam auf Anhieb, während die Frau weiter fluchtbereit wirkte.

»Weil ich Angst hatte«, sagte James.

Sein Eingeständnis löste Entsetzen bei den Damen im Raum aus. Ein Mann konnte manches tun und sagen, solange er nicht zugab, dass er Angst hatte.

»Ich habe immer noch Angst.«

Männlicher Protest übertönte die weiblichen Entsetzenslaute. »Also, ich muss schon sagen ...«

James ignorierte den Einwurf des Steuerberaters.

»Ich bin 47 Jahre alt und habe noch nie die Leidenschaft einer Frau erlebt.«

»Mister Whitcox, Sir!«, übertönte die Suffragette stotternd das Zischen der Gaslampe.

»Ich muss wissen, dass es noch nicht zu spät ist.«

Die Frau mit dem leuchtend roten Haar blieb reglos und mit gebannter Miene stehen.

»Ich muss wissen, dass Männer und Frauen die gleichen Bedürfnisse haben.«

Ein Beben ging durch den Tisch: Unten war eine Tür zugeschlagen.

»Ich muss wissen, dass es zwischen Männern und Frauen Ehrlichkeit geben kann.«

Von der Straße hallte ein knapper, drängender Ruf herauf.

Die Einsamkeit, die James in jeder wachen Minute quälte, dehnte sich endlos vor ihm aus. »Ich muss wissen, dass ein Mann und eine Frau im selben Haus wohnen, im selben Bett schlafen und mehr sein können als zwei Fremde.«

Leises Raunen ging um den Mahagonitisch, weibliches Getuschel hob sich von männlichem Murren ab: »Ich hätte niemals ... « – »... hat er wirklich ... « – »nicht er selbst ... « – »... Trauer ... «

»Mister Whitcox, wirklich, Sir«, mahnte Joseph Manning durch das Stimmengewirr. »Es ist doch wahrhaftig nicht nötig, so melodramatisch zu werden.«

»Ich bin nur ehrlich, Mister Manning«, entgegnete James. Mit jeder Faser seines Körpers konzentrierte er sich auf die Frau, die auf der Türschwelle stand. »Empfinden Sie Ehrlichkeit als verletzend, Madam?«

Es fiel ihm nicht schwer, in ihrem Blick zu lesen, was sie empfand: Unsicherheit.

»Ich bemühe mich, es nicht zu tun.«

»Haben Sie Angst vor Ihrer Sexualität, oder jagt ihnen vielmehr die Sexualität eines Mannes Angst ein?«

»Sir, ich kann nicht für alle Frauen sprechen.«

»Ich erwarte auch nicht, dass Sie für alle Frauen sprechen.« Er wollte lediglich, dass sie für sich sprach, von Frau zu Mann.

»Ich bin mir nicht sicher, wie Ihre Frage gemeint ist«, wich sie aus.

James beugte sich vor und forderte sie heraus, eine Frau aus Fleisch und Blut zu sein und kein Vorbild weiblicher Tugend. »Ich frage Sie, ob Sie von einem Mann berührt werden möchten.« Papiergeraschel unterstrich seine Herausforderung. »Ich frage Sie, ob Sie den Gedanken abstoßend finden, dass ein Mann die Berührung einer Frau braucht.«

Ihre Pupillen weiteten sich, bis das Schwarz jede Helligkeit schluckte.

James ließ nicht locker. »Ich frage Sie, ob Sie nachts wach liegen und sich nach der Befriedigung sehnen, die Frauen angeblich nicht begehren.«

Begehren, hallte es durch den Raum.

Seufzend rutschte Wolle über quietschendes Leder. Sechs Frauen beugten sich vor und warteten gespannt, dass eine Geschlechtsgenossin zugab, was sie selbst sich nicht trauten zu gestehen.

»Ich begehre keineswegs die Berührung eines jeden Mannes.« Die Stimme mit der leichten Färbung war ruhig, resolut, das Kinn der Frau energisch. »Aber ja, mich verlangt es durchaus danach, berührt zu werden.«

Ein heftiges Gefühl schnürte James die Brust ab. Er erkannte, dass es Hoffnung war.

»Verlangt es Sie denn auch danach, einen Mann zu berühren?«, fragte er. »Also Lust zu schenken und zu empfangen?«

Der Holztisch ächzte, als fünf Männer sich aufstützten, um die Antwort der Fremden besser zu hören.

Sie atmete tief durch. Der grün karierte Mantel hob und senkte sich über ihrem üppigen Busen. »Ich glaube nicht, dass alle Männer sich Lust schenken lassen möchten.«

Das war nicht die Antwort, die James erwartet hatte. Die gleiche Frage, die sie ihm vorhin gestellt hatte, schoss aus ihm heraus: »Warum nicht?«

Erinnerungen umwölkten ihre Miene. »Wenn es so wäre, würde ein Mann sich gewiss nicht bei einer Frau entschuldigen, nachdem er sie berührt hat.«

James durchzuckte es schmerzlich. Er hatte sich jedes Mal bei seiner Frau entschuldigt, wenn er in ihr Bett gekommen war.

Er hatte sich durch seine Zurückhaltung entschuldigt, um sie nicht mit seiner Männlichkeit zu überwältigen. Er hatte sich durch seine Stille entschuldigt, um nicht beim Höhepunkt durch Keuchen oder animalisches Stöhnen ihren Ekel zu erregen. Ihrer beider Geschlecht hatte sich berührt, nicht sie selbst.

Jeder Höhepunkt, den James erreicht hatte, war mit dem Wissen belastet gewesen, dass seine Frau ihn nicht teilte. Sie hatte ihre Pflicht erfüllt und sich gefügt. Er hatte seine Pflicht erfüllt und Nachkommen gezeugt. Die eheliche Pflicht hatte sie zu Fremden werden lassen.

»Sie machen sich wohl Gedanken, dass Sie Ihre Frau nicht befriedigt haben«, meldete sich unerwartet eine weibliche Stimme.

James richtete seine Aufmerksamkeit von der Vergangenheit wieder auf die hellgrünen Augen.

»Eine Frau braucht nicht nachts voller Verlangen wach zu liegen. Frauen haben Hände und Finger.« Mit erhobenem Kinn forderte sie ihn heraus, sie ja nicht zu verurteilen. »Wir brauchen keinen Mann, der uns Befriedigung verschafft. Wir sind durchaus imstande, uns selbst zu befriedigen.«

Ein entsetztes Keuchen jagte ihm Schauer über den Rücken.

»Sie wollten von mir wissen, ob Frauen das gleiche Verlangen verspüren wie Männer«, fuhr sie fort. »Ich glaube, ja.«

In der Ferne schlug Big Ben die halbe Stunde.

»Sicherlich gibt es Frauen, die sich von einer Ehe mehr wünschen, als ihre Männer ihnen zu geben vermögen, ebenso wie es gewiss Männer gibt, die mehr begehren, als ihre Frauen zu geben vermögen. Allerdings ist das niemandes Schuld.«

Für einen flüchtigen Moment sprach aus ihren Augen der gleiche Schmerz, den James vorhin empfunden hatte. »Sie sagten, Sie müssten wissen, ob es zwischen Männern und Frauen Ehrlichkeit geben könne. Ich denke, wir beide haben gerade bewiesen, dass es tatsächlich möglich ist. Guten Tag, meine Damen«, sie neigte kurz den Kopf, »meine Herren.«

Nachdem sie das Tor zu den weiblichen Begierden geöffnet hatte, schloss sie nun die Tür.

»Sie haben doch Angst vor Ihrer Sinnlichkeit«, stichelte er.

Die Fremde hielt mitten in der Bewegung inne, und ihr Kopf fuhr hoch.

»Ich bin 49 Jahre alt.« Lachen ließ ihr Gesicht plötzlich leuchten, und die weiche Haut an den Augenwinkeln legte sich in Fältchen. »Und davon war ich 34 Jahre verheiratet. Ich habe fünf Kinder und acht Enkel. Ich versichere Ihnen, Sir, da ist mir keine Zeit geblieben, Angst vor meiner Sinnlichkeit zu haben.«

Dass sich allerdings auch keine Gelegenheit geboten hatte, sie zu erforschen, brauchte sie nicht ausdrücklich zu erwähnen.

Details

Seiten
Erscheinungsform
Neuausgabe
Jahr
2023
ISBN (eBook)
9783986908010
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2023 (Oktober)
Schlagworte
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