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Tanamera - Im Land der Pfefferblüte

Roman | Die schicksalhafte Saga zweier Familien im kolonialen Singapur

©2024 645 Seiten

Zusammenfassung

Kostbarer Marmor in einem Meer aus Palmen: Der berauschende Exotik-Roman »Tanamera – Im Land der Pfefferblüte« von Noel Barber als eBook bei dotbooks.

Singapur in den 1920er-Jahren: Als Erbe eines einflussreichen Finanzimperiums liegt Johnnie Dexter die Welt zu Füßen. Doch ausgerechnet das, was er am meisten begehrt, scheint für ihn verboten: Julie Soong, Tochter der mächtigsten und reichsten chinesischen Familie des Landes. Denn die Gräben zwischen den Kolonialherren und der lokalen Bevölkerung sind tief. Allen Warnungen und allen Konventionen zum Trotz beginnen sie eine stürmische Affäre, die sie nur im Geheimen ausleben können – während sie sich doch immer wieder auf prunkvollen Galas in den großen Kolonialhäusern und in dem herrschaftlichen Familienanwesen »Tanamera« begegnen. Doch als am Horizont die dunklen Sturmwolken des Krieges herannahen, wird ihr junges Glück auf eine harte Probe gestellt …

So bewegend wie Tara Haigh, so opulent wie James Clavell: »Ein kraftvolles, packendes Werk!«, urteilt Bestsellerautor Morris L. West.

Jetzt als eBook kaufen und genießen: Die farbenprächtige Familiensaga »Tanamera – Im Land der Pfefferblüte« von Noel Barber. Wer liest, hat mehr vom Leben: dotbooks – der eBook-Verlag.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Über dieses Buch:

Singapur in den 1920er-Jahren: Als Erbe eines einflussreichen Finanzimperiums liegt Johnnie Dexter die Welt zu Füßen. Doch ausgerechnet das, was er am meisten begehrt, scheint für ihn verboten: Julie Soong, Tochter der mächtigsten und reichsten chinesischen Familie des Landes. Denn die Gräben zwischen den Kolonialherren und der lokalen Bevölkerung sind tief. Allen Warnungen und allen Konventionen zum Trotz beginnen sie eine stürmische Affäre, die sie nur im Geheimen ausleben können – während sie sich doch immer wieder auf prunkvollen Galas in den großen Kolonialhäusern und in dem herrschaftlichen Familienanwesen »Tanamera« begegnen. Doch als am Horizont die dunklen Sturmwolken des Krieges herannahen, wird ihr junges Glück auf eine harte Probe gestellt …

Über den Autor:

Noel Barber (1909–1988) war ein britischer Schriftsteller und Journalist. Seine prachtvollen historischen Romane, in denen er seine langjährigen Erfahrungen als Auslandskorrespondent des »Daily Mail« verarbeitete, begeisterten ein internationales Publikum.

Bei dotbooks veröffentlichte der Autor seine farbenprächtigen Sagas »Tanamera – Im Land der Pfefferblüte«, »Koraloona – Unter den Sternen der Südsee«, »Sakkara – Im Schatten der Orangenbäume« und seine »Schicksalsjahre«-Trilogie mit den Bänden »Licht und Schatten von Paris«, »Dunkler Himmel über Frankreich« und »Sturm über der Villa Magari«.

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eBook-Neuausgabe Januar 2024

Die englische Originalausgabe erschien erstmals 1981 unter dem Originaltitel »Tanamera«. Die deutsche Erstausgabe erschien 1984 unter dem Titel »Tanamera – Der Roman Singapurs« im Hestia Verlag

Copyright © der englischen Originalausgabe 1981 by Noel Barber

Copyright © der deutschen Erstausgabe 1984 by Hestia Verlag GmbH, Bayreuth

Copyright © der Neuausgabe 2024 dotbooks GmbH, München

Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.

Titelbildgestaltung: Covergestaltung: Wildes Blut – Atelier für Gestaltung Stephanie Weischer unter Verwendung mehrerer Bildmotive von © shutterstock

eBook-Herstellung: Open Publishing GmbH (vh)

ISBN 978-3-98952-044-8

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In diesem eBook begegnen Sie möglicherweise Begrifflichkeiten, Weltanschauungen und Verhaltensweisen, die wir heute als unzeitgemäß oder diskriminierend verstehen. Bei diesem Roman handelt es sich um ein rein fiktives Werk, das vor dem Hintergrund einer bestimmten Zeit spielt oder geschrieben wurde – und als solches Dokument seiner Zeit von uns ohne nachträgliche Eingriffe neu veröffentlicht wird. Diese Fiktion spiegelt nicht unbedingt die Überzeugungen des Verlags wider.

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Noel Barber

Tanamera – Im Land der Pfefferblüte

Roman

Aus dem Englischen von Christine Frauendorf-Mössel

dotbooks.

Vorher

Als Großvater Jack - unter diesem Namen war er später jedermann in Singapur bekannt - beschloß, ein großes Haus zu bauen, dessen Mauern, so schwor er, mindestens hundert Jahre stehen sollten, wurde er von einem Reporter der Straits Times interviewt. Auf einem vergilbten Zeitungsausschnitt aus dem Jahr 1902 ist noch heute zu lesen, was damals geschrieben wurde: »Einer unserer prominentesten Bürger, Mr. Jack Dexter von der Firma Dexter & Co., hat einem Architekten den Bau eines luxuriösen Herrenhauses mit zwanzig Zimmern, drei Salons, einem Billardzimmer und einem Ballsaal übertragen. Der Ballsaal soll der kühlenden Seewinde wegen nach Westen ausgerichtet sein. Außerdem wird er mit einem Podium für Mr. Daleys Orchester und einer Tanzfläche ausgestattet, die groß genug ist, um hundert Paaren beim Walzertanzen die Bewegungsfreiheit zu bieten, die in der für unsere Stadt so typischen drückenden Hitze nötig ist.«

Und da die Zeitungsreporter damals noch offen ihre Meinung sagten, schloß der Artikel mit der ironischen Bemerkung: »Mr. Dexter hat es zwar bisher abgelehnt, den Namen seines neuen Hauses preiszugeben, das einigen als etwas monströs erscheinen mag, doch Dexters Konkurrenten in der Geschäftswelt haben es längst ›Dexters Alptraum‹ getauft.«

Der Baugrund befand sich ungefähr vier Kilometer von Raffles Place entfernt auf einer kleinen Anhöhe an der staubigen Straße, die zu dem wiederum vier Kilometer weiter außerhalb gelegenen Dorf Bukit Timah führte. Das Grundstück war vier Hektar groß und der Rest jener Plantage, die Großvater Jack durch Rodung dem dichten Dschungel abgerungen hatte, um Gambir und Pfeffer anzupflanzen. Pfeffer war immer ein gefragtes Gewürz, und Gambir wurde in den Gerbereien der ganzen Welt gebraucht. Anfangs erwies sich das Unternehmen auch als sehr einträglich. Die widerstandsfähigen Gambirbüsche dienten gleichzeitig den Pfefferranken als eine Art Spalier. Beide Pflanzen laugten allerdings den Boden rasch aus. Der größte Nachteil war jedoch, daß die Malaien die Dschungelriesen aus den Wäldern, die die Plantage umgaben, fällten, um die Gambirblätter am Holzfeuer vorschriftsmäßig trocknen zu können. Dadurch wurde der Dschungel so schnell zurückgedrängt, daß die Kulis immer längere Strecken zurücklegen mußten, um Brennholz zu holen. Aus diesen Gründen gab Großvater Jack die Plantage schließlich auf, behielt aber vier Hektar Land, um darauf sein Traumhaus zu bauen, und verkaufte das restliche Grundstück einschließlich der angrenzenden vier Hektar an den erfolgreichen chinesischen Geschäftsmann Soong, der ebenfalls den Ehrgeiz hatte, zum Zeichen seiner gesellschaftlichen Stellung und seines wirtschaftlichen Erfolgs ein großes Haus zu errichten.

Großvater Jack war damals neunundvierzig Jahre alt, ein hochgewachsener, ungewöhnlich kräftiger, untersetzter Mann mit buschigem Bart; ein erfahrener Kolonialist auf der tropischen Insel Singapur, deren weiße Bevölkerung regelmäßig durch die Gewalt der Wirbelstürme, Piraterie und Krankheiten wie Beriberi, Malaria, Pest und vor allem die gefürchtete Cholera dezimiert wurde.

Acht Monate lang hoben vierhundert chinesische Kulis - die Männer mit nacktem Oberkörper, die Frauen in schwarzen Hosen und Jacken, mit flachen Strohhüten auf den Köpfen - mit Spaten und Körben bei Temperaturen, die nie unter 35 Grad Celsius lagen, die Baugrube aus. Großvater besuchte die Baustelle täglich und wurde von seinen Arbeitern sowohl geachtet als auch gefürchtet. Manchmal kam er mit seinem 5-PS-Benz, den er noch vor der Jahrhundertwende mit dem Schiff nach Singapur hatte bringen lassen und den jeder die »Kaffeemühle« nannte. Allerdings fuhr er den neumodischen Wagen mit den hohen Sitzlehnen nur bei schönem Wetter, da man das Automobil bergauf schieben mußte, sobald die Straßen morastig und rutschig wurden. Bei Regen verließ Großvater Jack sich lieber auf seine von zwei Apfelschimmeln gezogene Kutsche und seinen chinesischen Kutscher namens Ah Wok, der gleichzeitig auch sein persönlicher Diener war.

Bald sprossen die Bambuspfähle für das Baugerüst wie Pilze aus dem Boden. Zwischen den Holzverschalungen wurden Mauern hochgezogen. Die Frühstücksveranda an der Ost- und die Abendveranda an der Westseite des Hauses nahmen langsam Formen an.

Als schließlich der große Ballsaal in Angriff genommen werden sollte, legte Großvater Jack – so erzählt man sich – ein altes, vergilbtes Bild von Schloß Fontainebleau vor und befahl, zwei symmetrische Treppenaufgänge vom hinteren Saalende zur Empore hinaufzubauen. Außerdem beauftragte er den Architekten, für die Mauern eine spezielle Mörtelmischung zu verwenden, die zuvor nur einmal in Singapur benutzt worden war, nämlich beim Bau der St.-Andrews-Kathedrale im Jahr 1860 durch Strafgefangene. Großvater Jacks Vater war an diesem Projekt beteiligt gewesen und hatte das Geheimnis dieser Mauern bewahrt. Sie sollten allen Widrigkeiten des tropischen Klimas trotzen, das Mensch und Material gleichermaßen beanspruchte.

Großvater Jack überwachte persönlich das Anmischen des Mörtels, dessen Grundsubstanz Kalk war. Dieser wurde jedoch, anstatt wie üblich mit Sand, mit dem Eiweiß von Tausenden von Eiern und riesigen Mengen von Rohrzucker von den Kulis mit langen Stöcken zu einer zähen Masse vermengt.

Andere Kulis hatten inzwischen große Fässer mit Wasser gefüllt und zentnerweise Kokosnußschalen auf der ganzen Insel gesammelt. Die Schalen wurden gewässert, und das so aufbereitete Wasser der Kalkmischung beigegeben. Auf diese Weise entstand Mörtel. Als das Bambusgerüst schließlich abgenommen wurde, begannen Hunderte von Kulis die grell weiße aber rauhe und eisenharte Oberfläche der Mauern so lange mit Quarzsand zu schleifen, bis jeder Quadratzentimeter leuchtete und glänzte und sich so glatt anfühlte wie Marmor.

Großvater Jack war, wie schon sein Vater und der Großvater zuvor, ein Kind seiner Zeit. Sein Großvater stammte ursprünglich aus Hull in Yorkshire und war mit der Indiana des Kapitäns James Pearl in Singapur gelandet. Prominentester Passagier auf der Indiana war damals Thomas Stamford Raffles. Der erste Dexter war geblieben, nachdem Raffles auf der rattenverseuchten, sumpfigen Insel 1819 den Union Jack gehißt hatte, und hatte die Firma Dexter & Co. gegründet. Zuerst gingen die Geschäfte schlecht, doch gegen Ende des Jahrhunderts sollte sich das Blatt wenden.

Von dem Augenblick an, da im Jahr 1869 der Suezkanal eröffnet worden war, wurde die zwei Jahre alte Kronkolonie Singapur zu einem der wichtigsten Handelsumschlagplätze des britischen Empire. Das Dampfschiff brachte nämlich schier unbegrenzte Möglichkeiten, reich zu werden. Die Schiffe lagen dicht an dicht auf Reede vor den sich über fast vier Kilometer hinziehenden Werften von Tajong Pagar und warteten ungeduldig darauf, auf Dock gelegt zu werden. Auch Großvater Jack gehörte zu den ersten Aktionären der Werften. Für diejenigen, die Mut zum Abenteuer hatten, lag das Geld praktisch auf der Straße. Allerdings brauchte man auch eine besonders gute Gesundheit, um das tropische Klima mit der brütenden Hitze und den wolkenbruchartigen Regenfällen ertragen zu können. Schließlich fehlten in dem von Malaria- und Pockenepidemien heimgesuchten Land sanitäre Einrichtungen, und in den Rinnsteinen der holprigen Straßen, auf denen die Kutschen der Weißen fuhren, floß ein stinkender Fäkalienstrom in den Singapur River und mit dem Fluß ins Meer.

Es gab also viele Gründe, nicht in Singapur zu siedeln, dessen Name in Sanskrit »Löwen-Stadt« bedeutet. Die Bugi-Piraten von der nahen Küste von Johore schnitten wem auch immer für einen Dollar die Kehle durch; Tiger töteten im Durchschnitt noch immer einen Eingeborenen pro Tag; unersättliche Ameisen fraßen sich innerhalb einer Woche durch eine stattliche Hausbibliothek; Schimmelpilze färbten Kleidungsstücke in nur zwei Tagen grün; die sengende Hitze, verstärkt durch dicke, ungesunde und juckende Kleidung, trieb Menschen an den Rand des Wahnsinns.

Vor Großvaters Entschluß, das große Haus an der Bukit Timah Road zu bauen, lebte er mit seiner Frau in Tanglin, einem der Außenbezirke der Stadt. Von Mrs. Jack Dexter ist wenig überliefert, aber das rührt zweifellos daher, daß das Singapur der zweiten Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts eine ausschließlich von Männern beherrschte Stadt war. Jedenfalls gebar Mrs. Dexter ihrem Mann 1880 einen Sohn. Die Haushaltsbücher aus dieser Zeit, die Großvater Jack sorgfältig in mit Kampfer behandelten Kästchen aufbewahrte, zeigen, daß er und seine Frau einen Butler für acht Dollar Monatslohn, zwei Hausdiener, eine Köchin, einen Schneider, eine Wäscherin, einen chinesischen Kutscher, mehrere Gärtner und Handlanger für ebenso geringe Löhne beschäftigten. Ein Hindu-Friseur kam für zwei Dollar im Monat regelmäßig ins Haus, um Großvater Jacks dichten, buschigen Bart zu stutzen.

Großvaters Tag begann pünktlich um fünf Uhr morgens mit dem Böllerschuß aus einer der schweren Kanonen vom Fort Canning, dem militärischen Hauptquartier der Kronkolonie. Vor dem Frühstück duschte er in seinem »malaiischen Bad« mit geziegeltem Fußboden, einem Holzrost und einem großen Wasserbottich, der von seinem Diener täglich frisch gefüllt wurde, und aus dem man sich mit einem Schöpflöffel aus Messing das Wasser über den Körper goß. Anschließend verzehrte er zum Frühstück Fisch in Currysoße und Reis, oder manchmal auch Eier, und trank dazu einen Krug Rotwein. Danach fuhr er mit der Kutsche zu seinem Büro hinter den Docks und Lagerhäusern.

Die meisten Büros lagen am Raffles Place, dem Treffpunkt aller Kaufleute, die den Spuren von Raffles gefolgt waren. Von seinem Büro aus überwachte Großvater Jack, wie schon sein Vater vor ihm, das Beladen und Löschen der Schiffe, die für seine Firma von Zinn bis hin zu Kisten mit Whisky nahezu alles beförderten. Die Waren wurden manchmal auf Kommission gekauft und verkauft, obwohl die Kommission oft von der Zinnmine bezahlt wurde, deren Teilhaber die Firma Dexter war, und die Frachtkosten wurden für ein Schiff entrichtet, dessen Miteigentümer wiederum die Firma Dexter war. Als Handelskontor vertrieb Dexter & Co. vom Plumpsklosett über Schiffsmasten bis zu modernen Maschinen für die ständig wachsende Zahl der Zinnminen auf der malaiischen Halbinsel nahezu alles.

Nur mit verderblicher Ware wollten die Dexters nie etwas zu tun haben. Diesen Teil des Export-Import-Geschäftes überließen sie dem ihnen freundschaftlich verbundenen Rivalen Soong und seiner Handelsagentur. Der Grundstein für Soongs prosperierendes Unternehmen wurde damit gelegt, daß der Chinese von der britischen Marine mit der Versorgung der Stützpunkte auf den Weihnachtsinseln beauftragt worden war.

Auf seine eigene Art und Weise war das Oberhaupt des Handelshauses Soong ein ebenso ungewöhnlicher Charakter wie Großvater Jack. Und zweifellos mußte man schon besondere Eigenschaften besitzen, um in jenen gefährlichen Zeiten zu überleben, geschweige denn zu Wohlstand zu gelangen. Soong war ein sogenannter »Baba«, ein chinesisch-malaiischer Mischling, der in der Kronkolonie Singapur geboren war. Sein Vater war aus China eingewandert und hatte eine malaiische Prinzessin geheiratet. Mischlinge wie Soong waren bei den Briten hochgeachtet, da man sie als Sprößlinge einer geglückten Verbindung zwischen den Chinesen - die den Briten zu gerissen waren - und den Malaien ansah, die nicht viel von Arbeit hielten.

Wie Großvater Jack hatte Soong einen gewissen Hang zum Luxus. Im riesigen Garten seines Hauses an der Küste befand sich auch ein Zoo mit einem Orang-Utan, der stets über einen Vorrat von Soongs bestem Brandy verfügen konnte. Da Soong hauptsächlich als Schiffsausrüster arbeitete und einen festen Liefervertrag mit der britischen Marine hatte, führte Soong für alle Seeoffiziere ein offenes Haus. Bei seinen Einladungen stellte er lediglich die Bedingung, daß Abendkleidung getragen wurde. Für Seeoffiziere war diese Kleiderordnung kein Problem. Nur die Reisenden, die auf Segelschiffen nach Singapur kamen, hatten meistens keine Abendkleidung im Gepäck. Für letztere hielt Soong einen großen Schrank mit teurer Garderobe bereit.

Die Dexters hatten ihr Vermögen auf andere, nicht immer ganz ehrliche Art und Weise erworben. Den Grundstock dazu hatte allerdings Großvater Jacks Vater rechtschaffen erworben, als er 1846 einen Teil seines Kapitals in das neue Trockendock von Tajong Pagar steckte. Bis zu ihrer Zerstörung im Jahr 1865 warf die Werft auch regelmäßig eine Dividende ab. Danach waren die Aktien plötzlich nichts mehr wert, und die Firma Dexter kaufte alle Wertpapiere auf, die sie bekommen konnte. Das brachte dem Unternehmen zwar nicht sofort Gewinne ein, doch der alte Dexter ahnte, daß Singapur eines Tages der größte Hafen des Fernen Ostens werden würde.

Großvater Jack hatte nicht nur Glück, sondern kam durch eigene Kraft, Mut und Einsatzwillen zum Erfolg. Das verdeutlicht am besten eine Episode aus dem Jahr 1879, als aufständische Chinesen das neue Postamt in Singapur zu stürmen versuchten. Die Poststelle war eingerichtet worden, um den Briefverkehr zwischen den chinesischen Einwanderern in Singapur und ihren im Mutterland China zurückgebliebenen Familien zu regeln. Bis zu diesem Zeitpunkt waren die Chinesen, die regelmäßig Geldsummen an ihre Angehörigen schickten, auf private Kuriere angewiesen gewesen, die nur allzuoft mitsamt dem Bargeld spurlos verschwunden waren.

Die chinesischen Kuriere wußten, daß mit der Eröffnung des Postamtes das leicht verdiente Geld nicht mehr fließen würde. Sie rotteten sich daher zusammen und zogen mit Plakaten, auf denen sie den Tod der »Englischen Barbaren« verlangten, durch die Stadt.

Dieser Demonstrationszug war eine ernstzunehmende Bedrohung für die Weißen. Die Polizei griff ein und zerstörte die Plakate. Daraufhin versuchte der Mob das Postamt zu stürmen. Die Polizei, die gegen den Ansturm der Menge machtlos war und erkannte, daß sie allein eine Ausweitung der Unruhen nicht verhindern konnte, rief nach Freiwilligen.

Großvater Jack war als einer der ersten zur Stelle und trat den Aufrührern mit einem gefährlich aussehenden, großen Buschmesser entgegen, machte den Anführer aus und spaltete diesem kurzerhand den Schädel. Danach ergriffen die meisten Chinesen die Flucht, und mit dem Rest hatte die Polizei ein leichtes Spiel.

»Ich bin kein Freund von brutaler Gewalt«, erzählte Großvater Jack dazu später einem Bekannten. »Ich mag die Chinesen, und ich mag die Malaien. Aber hier in Singapur kann es nur einen Herrn geben.«

Großvater Jacks mutiges Eingreifen brachte ihm jedoch nicht nur einen lobenden Artikel in der Straits Times, sondern auch die Gelegenheit ein, sich an einem sehr einträglichen Geschäft auf der malaiischen Halbinsel zu beteiligen, wo der meistens von Chinesen durchgeführte Zinnabbau florierte wie nie zuvor. Und das trotz großer Transportprobleme, denn das Zinnerz mußte noch immer auf Ochsenkarren zur Küste gebracht werden.

Das Ganze fing damit an, daß kurz nach den Unruhen in Singapur ein Mann namens Masters in Großvater Jacks Büro erschien und ihn um eine Unterredung bat.

Masters kam ohne lange Vorrede zur Sache. »Ich habe Ihren Mut bewundert, mit dem Sie den Aufständischen gegenübergetreten sind, Sir«, begann er. »Und da ich in wenigen Wochen nach dem oberen Malaya aufbrechen werde und keine Kenntnisse über die dortigen Dialekte besitze, benötige ich einen Begleiter, der mir sowohl als Dolmetscher als auch, wenn erforderlich, als Leibwächter dient.«

Masters erklärte weiter, daß er Ingenieur sei und von offiziellen Regierungsstellen den Auftrag erhalten habe, die Möglichkeiten für den Bau einer Eisenbahn von den Zinnminen zur Küste zu erkunden. »Die Eisenbahn soll von Kuala Lumpur nach Klang führen«, fügte Masters hinzu.

»Kuala Lumpur?« fragte Großvater Jack erstaunt. »Ja, das ist die neue Stadt«, erklärte Masters. »Jetzt besteht sie erst aus ein paar Hütten. Trotzdem ist sie bereits das Zentrum des Zinnabbaus, und da Sie malaiisch sprechen, hielt ich es für eine gute Idee, Sie zu bitten, mich dorthin zu begleiten.«

»Und was springt für mich dabei heraus?« erkundigte sich Großvater Jack unverblümt.

»Die Gelegenheit, gute Geschäfte zu machen, Sir«, antwortete Masters freundlich. »Sie werden so reiche Beute finden, wie Sie es sich nie hätten träumen lassen.«

Details

Seiten
Erscheinungsform
Neuausgabe
Jahr
2024
ISBN (eBook)
9783989520448
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2024 (Januar)
Schlagworte
Landschaftsroman Love and Landscape Singapur-Saga Malaysia-Roman Exotikroman Tara Haigh James Clavell Historischer Liebesroman Neuerscheinung eBooks
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Titel: Tanamera - Im Land der Pfefferblüte