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Dunkler Himmel über Frankreich

Roman – Schicksalsjahre 2 | Ein Journalist kämpft in den Wirren des 2. Weltkriegs für seine Liebe

©2023 578 Seiten
Reihe: Schicksalsjahre, Band 2

Zusammenfassung

In Europa gehen die Lichter aus … Der dramatische Roman »Dunkler Himmel über Frankreich« von Noel Barber jetzt als eBook bei dotbooks.

Die Champagne mit ihren prachtvollen Weinbergen zu Beginn der 30er Jahre: Als Erbe einer französisch-amerikanischen Familiendynastie wächst der junge Larry Astell voller Sorglosigkeit auf. Sein Herz gehört der ungestümen Italienerin Sonia – doch dann zieht von Deutschland aus ein Sturm auf, der schon bald den ganzen Kontinent mit rasender Gewalt erfasst: Als die Situation mit Kriegsbeginn für das Liebespaar immer schwieriger wird, setzt Larry alles daran Sonia im Ausland in Sicherheit zu bringen. Doch auch er kann sich den Schatten des Krieges nicht entziehen – und so entscheidet der junge Mann sich, an der Seite der Résistance für sein Land und seine Liebe zu kämpfen …

Bildgewaltig und atemberaubend spannend erzählt Noel Barber von einem Europa im Umbruch – und den Schicksalen der Liebenden, die unbeirrbar für ihr Glück kämpften: »Eine kraftvolle, packende Chronik – ausgezeichnet geschrieben!«, urteilt Bestsellerautor Morris L. West.

Jetzt als eBook kaufen und genießen: Das große historische Familienepos »Dunkler Himmel über Frankreich« von Noel Barber ist der zweite Teil seiner dramatischen »Schicksalsjahre«-Trilogie, bei der jeder Band unabhängig gelesen werden kann. Fans von Jeffrey Archer und Ken Folletts »Jahrhundert-Saga« werden begeistert sein! Wer liest, hat mehr vom Leben: dotbooks – der eBook-Verlag.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Über dieses Buch:

Die Champagne mit ihren prachtvollen Weinbergen zu Beginn der 30er Jahre: Als Erbe einer französisch-amerikanischen Familiendynastie wächst der junge Larry Astell voller Sorglosigkeit auf. Sein Herz gehört der ungestümen Italienerin Sonia – doch dann zieht von Deutschland aus ein Sturm auf, der schon bald den ganzen Kontinent mit rasender Gewalt erfasst: Als die Situation mit Kriegsbeginn für das Liebespaar immer schwieriger wird, setzt Larry alles daran Sonia im Ausland in Sicherheit zu bringen. Doch auch er kann sich den Schatten des Krieges nicht entziehen – und so entscheidet der junge Mann sich, an der Seite der Résistance für sein Land und seine Liebe zu kämpfen …

Über den Autor:

Noel Barber (1909–1988) war ein britischer Schriftsteller und Journalist. Seine prachtvollen historischen Romane, in denen er seine langjährigen Erfahrungen als Auslandskorrespondent des »Daily Mail« verarbeitete, begeisterten ein internationales Publikum.

Bei dotbooks veröffentlichte der Autor seine farbenprächtigen Sagas »Tanamera – Im Land der Pfefferblüte«, »Koraloona – Unter den Sternen der Südsee«, »Sakkara – Im Schatten der Orangenbäume« und seine »Schicksaljahre«-Trilogie mit den Bänden »Licht und Schatten von Paris«, »Dunkler Himmel über Frankreich« und »Sturm über der Villa Magari«.

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eBook-Neuausgabe Dezember 2023

Die englische Originalausgabe erschien erstmals 1983 unter dem Originaltitel »A Farewell To France« bei Macmillan Publishers, New York. Die deutsche Erstausgabe erschien 1986 unter dem Titel »Eine Liebe in Paris« im Paul Neff Verlag, Wien.

Copyright © der englischen Originalausgabe 1983 by Noel Barber

Copyright © der deutschen Erstausgabe 1986 by Paul Neff Verlag, Wien

Copyright © der Neuausgabe 2023 dotbooks GmbH, München

Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.

Titelbildgestaltung: Wildes Blut – Atelier für Gestaltung Stephanie Weischer unter Verwendung mehrerer Bildmotive von © shutterstock

eBook-Herstellung: Open Publishing GmbH (mm)

ISBN 978-3-98952-005-9

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Noel Barber

Dunkler Himmel über Frankreich

Roman – Schicksalsjahre 2

Aus dem Englischen von Christine Frauendorf-Mössel

dotbooks.

Widmung

Für Denise Kilmarnock

Danksagung

Mein aufrichtiger Dank gilt Anthony Davis für seine aufopfernde Hilfe bei den Recherchen in Frankreich und England; Alan Wykes für seine Hilfe bei der Durchsicht des Manuskripts; Giorgio Lucich aus Florenz für die Hilfe bei der Terminplanung vor Ort und den Nachforschungen in Florenz und Umgebung, und Jean Riddell für ihre Geduld bei der Abschrift der fünf Versionen dieses Romans.

N. B.

London 1983

PROLOG

Während unserer ganzen Jugendzeit hatte die Familie Astell in der Nähe des Dorfes Douzy im gleichnamigen kleinen Château gelebt, das versteckt zwischen den Weinbergen der sanften Hügellandschaft der Champagne liegt. Die Eltern meines Vaters – mein amerikanischer Großvater und meine französische Großmutter –, mein Vater und meine amerikanische Mutter, mein Bruder und dessen Zwillingsschwester, ich, unsere Freunde, unsere Liebschaften ... wir alle lebten in einer Welt des Glücks, von der niemand glaubte, daß sie je enden könne.

In jenen Tagen war Douzy mit dem Dorf, dem Obstgarten, in dem wir Äpfel stahlen, dem See, auf dem wir ruderten, den Wiesen, auf denen wir Blumensträuße pflückten, den Weinbergen und Weinkellern, dem Wirtschaftshof mit dem Duft frischgebackenen Brotes, den Pferden und Kühen der Mittelpunkt unseres Lebens, ein Hort der Wärme und Geborgenheit. Obwohl wir nie im Überfluß lebten, waren wir auch nie arm, und es schien uns damals, in jenen fernen Tagen meiner ersten großen Liebe, undenkbar, daß diese sichere Welt jemals zerbrechen würde.

Für solche Befürchtungen bestand auch kein Grund. Selbst nach dem 3. September 1939 blieb Douzy eine einzigartige amerikanische Enklave in einem Krieg, der allen Anzeichen nach in Langeweile zu versanden schien. Und wenn wir schon gelegentlich Geschützstellungen in der Champagne sahen oder von der Maginot-Linie lasen, dann schenkten wir dem kaum Beachtung. Wir lebten schließlich in Frankreich, geschützt von einer Armee, die an Tapferkeit und Kampfkraft unübertroffen war. Wir – und viele Tausende mit uns – beobachteten das Geschehen um uns herum mit fast arroganter Gelassenheit. Wir trugen unsere Sorglosigkeit sogar stolz zur Schau, als könnten Amerikaner auch in Frankreich immer neutral bleiben und die Augen vor den Gefahren, die sie umgaben, verschließen.

Dann brach der Krieg auch in unsere Idylle ein. Die heiteren Tage von Douzy gehörten plötzlich der Vergangenheit an. Das Schicksal riß uns auseinander. Für einige von uns brachte es Tod oder Martyrium; für mich bedeutete es nach dem Eintritt Amerikas in den Krieg ein Leben in Gräben und Scheunen auf der Jagd nach und auf der Flucht vor dem Feind.

Trotz meiner amerikanischen Staatsangehörigkeit war ich ebenso Franzose wie jene Führer der Résistance, an deren Seite ich kämpfte. Immerhin hatte ich den größten Teil meines Lebens hier verbracht, in der Nähe der Gräben, in denen ich mich jetzt vor den Deutschen verbarg. Douzy, das mein Vater verlassen hatte, diente der Wehrmacht als Offiziersmesse. Meine Großmutter war in ein kleines Winzerhäuschen gezogen, das zu unserem Gut gehörte. Mein Vater, in vieler Beziehung mehr Franzose als Amerikaner, versuchte von Rilly aus die Champagnerproduktion unter der deutschen Besatzung zu organisieren.

Nach der Invasion der Alliierten in der Normandie im Juni 1944 hatte General Patton mit der 3. US-Armee den Durchbruch in der Bretagne erzwungen und war dann über Le Mans an Paris vorbei nach Osten durchgestoßen und hatte die Deutschen überrollt. Ende August zog Patton in Reims ein. Zum erstenmal seit vier Jahren konnten wir uns wieder frei bewegen. Tausende von siegestrunkenen GIs bevölkerten die Cafés und brachten den Verkehr in der Innenstadt völlig zum Erliegen.

Es war nicht verwunderlich, daß es zuerst schwerfiel, an das Ende des Alptraums zu glauben, zu begreifen, daß der blaue Sommerhimmel des Jahres 1944 tatsächlich existierte, daß man wieder frei atmen konnte.

Trotz des Freudentaumels, der um mich herum herrschte, wollte sich bei mir keine echte Fröhlichkeit einstellen. Ich hatte plötzlich Angst ... Angst vor der Zukunft. Der Krieg hatte eine Art Vakuum entstehen lassen. Die Probleme, die er geschaffen hatte, waren ungelöst. Jetzt würde der Tag kommen, an dem ich nach Hause zurückkehren und mich den offengebliebenen Fragen stellen mußte.

Das, was in den vergangenen Jahren in Frankreich geschehen war, hatte die Ehe meiner Eltern nicht unberührt gelassen. Mein Bruder Guy hatte sich verändert, ebenso meine Schwester Anna, die ein schweres Schicksal erlitten hatte. Sie, die mit einem Deutschen verheiratet war, und die schöne Jüdin Olivia, die ich nicht vergessen konnte, waren von der Gestapo grausam gemartert worden. Doch vor allem beherrschte Sonia meine Gedanken. Die schöne Sonia, verheiratet mit einem italienischen Diplomaten, die Frau, die ich seit jenen unbeschwerten Jugendtagen auf Douzy, da sie zur Familie gehört hatte, liebte und immer lieben würde.

Natürlich müßte ich baldmöglichst Kontakt mit meiner Dienststelle aufnehmen. Ich hielt daher spät an jenem Abend, an dem in Reims die Menschen sangen und tanzten und der Champagner in jedem Straßencafé in Strömen floß, den ersten Militärpolizisten an, den ich traf. Der Mann musterte meine bäuerliche Arbeitskleidung und die ungepflegten langen, blonden Haare eingehend, beugte sich aus dem Jeep und fragte kaugummikauend: »Na, was gibt’s, Kamerad?«

Ich schluckte. Ausflüchte hatte ich jetzt wirklich nicht mehr nötig. Trotzdem steckte mir die Angst der vergangenen Monate noch in den Gliedern. »Corporal, ich bin Major Astell von der US-Army«, antwortete ich.

Und hastig fügte ich hinzu: »Ich habe Order, mich bei Colonel Nolan, Nachrichtenabteilung, zu melden. Ich gehöre zum Department Q. J.« Obwohl dieses für Laien unverständliche Kürzel, das höchste Priorität gab, seine Wirkung eigentlich nicht verfehlen konnte, war ich nervös. Ich befürchtete, der Corporal könne damit nichts anfangen.

»Okay, Sir«, sagte dieser jedoch sofort. »Steigen Sie ein.«

Colonel Nolan war ein freundlicher Mann mit sandfarbenem Haar und Hornbrille, ein Schreibtischsoldat, der von meiner Geheimdiensttätigkeit fasziniert war. Er hieß mich in seinem Stabsquartier in einem nördlichen Vorort von Reims willkommen und ließ mir die erste Tasse guten Kaffees seit Monaten servieren.

»Ich habe Befehl, Ihnen jede nur mögliche Hilfe zukommen zu lassen«, sagte er. »Sie wissen vermutlich, daß General Patton sein Hauptquartier in Châlons-sur-Marne, ungefähr vierzig Kilometer südöstlich von Reims, aufgeschlagen hat. Das Hauptquartier der 90. Division befindet sich hier in Reims.«

Ich nickte. »Für eine kleine persönliche Gefälligkeit wäre ich Ihnen sehr dankbar.«

»Ich stehe zu Ihrer Verfügung, Major.«

»Es mag Ihnen seltsam vorkommen, aber ich bin ganz in der Nähe von Reims zu Hause. Ich würde gern unser Haus wiedersehen. Könnten Sie mir einen Wagen zur Verfügung stellen?«

»Selbstverständlich. Sie haben tatsächlich hier gelebt? Eine amerikanische Familie in der Gegend von Reims?«

Ich nickte erneut.

»Sie können auf meine Hilfe zählen«, versicherte der Colonel. »Ich weiß zwar nicht, welchen Auftrag Sie hier erfüllt haben«, er sah mich hoffnungsvoll an, »aber ich habe Befehl, Ihnen höchste Priorität einzuräumen. Allerdings kommen Sie mir ein bißchen jung vor für ...«

»Anfang Dreißig, aber ich fühle mich wie sechzig«, sagte ich grinsend. »Sobald ich ein Bad genommen habe, mache ich sicher einen besseren Eindruck. Noch was, Colonel. Wie sieht’s mit ein paar Tagen Urlaub aus, wenn ich Bericht erstattet habe? Ich hatte seit Monaten keine Stunde mehr frei.«

»Um Himmels willen, aber das ist doch selbstverständlich. Sie können einen sehr langen Urlaub nehmen. Reisen Sie, wohin Sie möchten. Wollen Sie nach Paris? Oder in die Staaten? Sie brauchen es mir nur zu sagen.«

»Ich möchte in die Schweiz ... zu meinem Mädchen.«

»In die Schweiz? Augenblick mal, Major. Ich erfülle Ihnen wirklich gern jeden Wunsch, aber ich glaube kaum, daß ich Armee-Eigentum ins Ausland schicken darf. Und dann ist da noch das Problem mit dem Treibstoff. Unsere Tanks sind leer. Selbst Patton sitzt auf dem trockenen. Eine Benzinration für Sie zu kriegen, hieße ...«

»Machen Sie sich deshalb keine Sorgen, Colonel. Ich habe soviel Benzin, wie ich brauche, und meinen eigenen Wagen. Den konnte ich vor dem Zugriff der Deutschen retten. Doch davon erzähle ich Ihnen, wenn ich gebadet habe.«

Colonel Nolan erbot sich schließlich, mich persönlich nach Hause zu fahren. Als Abteilungskommandeur hatte er einen großen Dienstwagen mit Fahrer zur Verfügung.

Colonel Nolan genoß sichtlich die Fahrt durch Reims, die immer wieder von Jubelrufen begeisterter Franzosen begleitet wurde. Auch ich empfand eine gewisse Erregung. Wir fuhren schließlich durch eine der geschichtsträchtigsten Städte Frankreichs. Reims war jahrhundertelang Krönungsstadt der französischen Könige gewesen. Hier war ich zur Schule gegangen, hier hatte ich Fußball gespielt, hier hatten meine Freunde gewohnt.

Ich war ein patriotischer Amerikaner, jederzeit bereit, für mein Vaterland zu kämpfen und zu sterben, doch leben wollte ich nur in Frankreich.

Die begeisterte Menge hatte den Verkehr auf der Place Aristide Briand beinahe zum Stillstand gebracht. Hier mündete der Boulevard Lundy in den Boulevard de la Paix, der zu den Stammhäusern der großen Champagnerkellereien führte.

Nachdem wir den Marché, den Gemüse- und Obstmarkt, passiert hatten, gab ich dem Fahrer die weiteren Anweisungen. Wir überquerten die Place Royale, eine wunderschöne Miniaturausgabe der Place Vendôme in Paris, und fuhren dann an der Kathedrale vorbei. Danach war es ganz einfach. Wir bogen rechts ab und hielten auf die breite Avenue d’Épernay zu, die geradewegs zu dieser zweitwichtigsten Stadt der Champagne, südlich der Marne, führte.

Von da an war es nicht mehr weit. Bald wurde die Straße zu beiden Seiten von endlosen Weinbergen gesäumt, die wie ein riesiger Teppich die weite Ebene von Reims überzogen.

Nach ungefähr zehn Kilometern bogen wir an einem Hinweisschild mit der Aufschrift ›Douzy, Rilly, Mailly‹ links ab. Alle drei waren Namen berühmter Champagnerlagen.

Nolan schien beeindruckt, als wir in die mit blaßgelbem Kreidestaub bedeckte, gut drei Kilometer lange Privatstraße einschwenkten und er auf dem verwitterten, alten Wegweiser die Aufschrift ›Vers le Château‹ las.

»Ein Château?« fragte er verwundert.

»Ja, Colonel. Das ist mein Zuhause. Hoffentlich gefällt’s Ihnen. Ah, da sieht man zwischen den Bäumen schon das Dach.«

Und so kam ich nach den Kriegswirren endlich wieder heim nach Douzy. Während der Wagen langsam die Zufahrt hinaufrollte, begann mein Herz heftig zu klopfen. Ich hatte plötzlich das Gefühl, die Zeit sei stehengeblieben.

Sanft senkte sich das Gelände zu einer Mulde hin ab, wo ich als Kind unzählige Male Schlitten gefahren war. Jede Bodenwelle des langgestreckten Hanges war mir vertraut wie die Linien meiner Hand. Früher war der Park mit den alten Bäumen immer sehr gepflegt gewesen, und noch jetzt, beim Anblick des mit Disteln durchsetzten kniehohen Grases, war seine Schönheit unverkennbar. Ein plötzliches Glücksgefühl erfaßte mich, als wir an den alten Stallungen und den halbverfallenen Nebengebäuden vorbeifuhren. Es waren die Wege meiner Jugend, meiner Familie, meiner Liebesabenteuer, meiner Heimat.

Durch eine Lücke zwischen den Bäumen sah ich die sanften Hügel der Montagne und in der Ferne die Silhouette der bewaldeten Berge, die das Ende des Weinbaugebietes anzeigten. Direkt vor uns ragte mitten aus den Weinbergen die Kirche von Douzy, die abseits des Dorfes lag.

Wir hielten außerhalb des Schloßhofs an, und ich führte Colonel Nolan durch den weißgetünchten Torbogen. Seit ich mich erinnern konnte, war die Kiesdecke hier sorgfältig gerecht und von Unkraut freigehalten worden, und obwohl sie jetzt von Gras und Disteln überwuchert war, tat das dem schönen Gesamtbild keinen Abbruch.

Das Haus machte mit seinen geschlossenen Läden einen verlassenen Eindruck. Aber allein die Tatsache, daß es von den Deutschen beschlagnahmt gewesen war, machte mich so wütend, daß ich am liebsten die Tür eingetreten hätte.

»Die Tür ist offen«, bemerkte Nolan, der den Türknauf herumgedreht hatte, in diesem Augenblick.

»Das erspart mir die Ausgaben für eine neue Tür. Bitte nach Ihnen.«

In der geräumigen Eingangshalle nahm Colonel Nolan seine Feldmütze ab und legte sie auf das Ormolu-Konsoltischchen an der Wand, auf dem früher stets eine Vase mit frischen Blumen gestanden hatte. Daneben führte eine Flügeltür in den Salon.

»Das ist fantastisch«, murmelte Nolan sichtlich beeindruckt. »Wirklich sehr schön«, fuhr er fort und strich über einen polierten Tisch. »Und die Deutschen haben das Haus als Offizierskasino benutzt? Ein Glück, daß nichts zerstört ist.«

Niemand in der Familie hatte den altmodischen, steifen Salon gemocht, und ich hatte das Gefühl, mich für ihn entschuldigen zu müssen.

»Ich fürchte, es wirkt hier alles ein bißchen pompös«, sagte ich hastig. »Aber meine Großmutter läßt nur klassisches französisches Mobiliar gelten. Kommen Sie mit nach nebenan. Dort ist es gemütlicher. Ich hole uns dann was zu trinken.«

Als wir jedoch das Zimmer betraten, das der von allen geliebte zentrale Wohnraum der Familie gewesen war, wurde Colonel Nolan beim Anblick der Verwüstung, der sich uns bot, rot vor Wut. Champagnerflaschen, Gläser und Geschirr lagen, teilweise zerbrochen, wie nach einer Orgie überall herum, die Tapete und die Bezüge der Polstermöbel waren fleckig und verschmutzt, und auf dem wertvollen Aubussonteppich klebten alte Essensreste.

Details

Seiten
Erscheinungsform
Neuausgabe
Jahr
2023
ISBN (eBook)
9783989520059
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2023 (Dezember)
Schlagworte
Historischer Roman Familiensaga Frankreich-Roman Zweiter Weltkrieg Roman Schicksalsroman Jeffrey Archer Ken Follett Emilia Flynn Neuerscheinung eBooks
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Titel: Dunkler Himmel über Frankreich