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Sturm über der Villa Magari

Roman – Schicksalsjahre 3 | Ein Maler kämpft in den Wirren des 2. Weltkriegs für Land und Liebe

von Noel Barber (Autor:in) Uta McKechneay (Übersetzung)
©2024 706 Seiten
Reihe: Schicksalsjahre, Band 3

Zusammenfassung

Die Dämmerung eines neuen Morgens: Der dramatische Roman »Sturm über der Villa Magari« von Noel Barber jetzt als eBook bei dotbooks.

1938 – eine Zeit, die sich anfühlt wie ein Tanz auf dem Vulkan. Während sich am politischen Horizont von Europa dunkle Wolken auftürmen, gerät der englische Maler Hamilton Johns unter der Sonne Italiens in einen Strudel von Ereignissen, die sein Leben – und sein Schicksal – für immer verändern werden: Bei einem Festmahl in der prächtigen alten Villa »Magari« nahe Florenz verliebt sich Hamilton in die bildhübsche Tochter des Fürsten Caesari. Einen Sommer lang wollen die Liebenden an nichts anderes denken als ihr romantisches Glück – dann bricht der Krieg aus. Von der englischen Krone beauftragt, als Spion die italienische Regierung auszuspähen, lebt Hamilton in ständiger Lebensgefahr – und ist nur umso entschlossener, sein Glück mit seiner geliebten Fiamma zu finden. Wird es ihm gelingen, die Mühlen des Schicksals zu überwinden?

Bildgewaltig und atemberaubend spannend erzählt Noel Barber von einem Europa im Umbruch – und den Schicksalen der Liebenden, die unbeirrbar für ihr Glück kämpften: »Eine kraftvolle, packende Chronik – ausgezeichnet geschrieben!«, urteilt Bestsellerautor Morris L. West.

Jetzt als eBook kaufen und genießen: Das große historische Familienepos »Sturm über der Villa Magari« von Noel Barber ist der dritte Teil seiner dramatischen »Schicksalsjahre«-Trilogie, bei der jeder Band unabhängig gelesen werden kann. Fans von Jeffrey Archer und Ken Folletts »Jahrhundert-Saga« werden begeistert sein! Wer liest, hat mehr vom Leben: dotbooks – der eBook-Verlag.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Über dieses Buch:

1938 – eine Zeit, die sich anfühlt wie ein Tanz auf dem Vulkan. Während sich am politischen Horizont von Europa dunkle Wolken auftürmen, gerät der englische Maler Hamilton Johns unter der Sonne Italiens in einen Strudel von Ereignissen, die sein Leben – und sein Schicksal – für immer verändern werden: Bei einem Festmahl in der prächtigen alten Villa »Magari« nahe Florenz verliebt sich Hamilton in die bildhübsche Tochter des Fürsten Caesari. Einen Sommer lang wollen die Liebenden an nichts anderes denken als ihr romantisches Glück – dann bricht der Krieg aus. Von der englischen Krone beauftragt, als Spion die italienische Regierung auszuspähen, lebt Hamilton in ständiger Lebensgefahr – und ist nur umso entschlossener, sein Glück mit seiner geliebten Fiamma zu finden. Wird es ihm gelingen, die Mühlen des Schicksals zu überwinden?

Über den Autor:

Noel Barber (1909–1988) war ein britischer Schriftsteller und Journalist. Seine prachtvollen historischen Romane, in denen er seine langjährigen Erfahrungen als Auslandskorrespondent des »Daily Mail« verarbeitete, begeisterten ein internationales Publikum.

Bei dotbooks veröffentlichte der Autor seine farbenprächtigen Sagas »Tanamera – Im Land der Pfefferblüte«, »Koraloona – Unter den Sternen der Südsee«, »Sakkara – Im Schatten der Orangenbäume« und seine »Schicksalsjahre«-Trilogie mit den Bänden »Licht und Schatten von Paris«, »Dunkler Himmel über Frankreich« und »Sturm über der Villa Magari«.

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eBook-Neuausgabe Januar 2024

Die englische Originalausgabe erschien erstmals 1989 unter dem Originaltitel »The Daughters of the Prince« bei Hodder & Stoughton, London. Die deutsche Erstausgabe erschien 1991 unter dem Titel »Magari« bei Heyne.

Copyright © der englischen Originalausgabe 1989 The Estate of Noel Barber

Copyright © der deutschen Erstausgabe 1991 by Wilhelm Heyne Verlag GmbH & Co. KG, München

Copyright © der Neuausgabe 2024 dotbooks GmbH, München

Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.

Titelbildgestaltung: Covergestaltung: Wildes Blut – Atelier für Gestaltung Stephanie Weischer unter Verwendung mehrerer Bildmotive von © shutterstock

eBook-Herstellung: Open Publishing GmbH (vh)

ISBN 978-3-98690-959-8

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In diesem eBook begegnen Sie möglicherweise Begrifflichkeiten, Weltanschauungen und Verhaltensweisen, die wir heute als unzeitgemäß oder diskriminierend verstehen. Bei diesem Roman handelt es sich um ein rein fiktives Werk, das vor dem Hintergrund einer bestimmten Zeit spielt oder geschrieben wurde – und als solches Dokument seiner Zeit von uns ohne nachträgliche Eingriffe neu veröffentlicht wird. Diese Fiktion spiegelt nicht unbedingt die Überzeugungen des Verlags wider.

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Noel Barber

Sturm über der Villa Magari

Roman

Aus dem Englischen von Uta McKechneay

dotbooks.

PROLOG

Settignano 1945

ERSTER TEIL

Florenz 1938-1939

Kapitel 1

Im Frühsommer 1938, als ich erst ein paar Wochen in dem Haus lebte, das ich mir mit Steve und Kurt teilte, erhielten wir von der Fürstin eine Einladung zu einem ›Abendessen im Park‹ der Villa Magari. Wir hatten schon von den Schwestern gehört und sogar hin und wieder einen Blick auf sie erhascht, wenn sie in Florenz einkaufen gingen. In der herrlich friedvollen Landschaft um Settignano und Fiesoie herum reihte sich Bushaltestelle an Bushaltestelle. Oft wartete eines der Mädchen dort auf einen Bus.

Die verstohlenen Blicke der Mädchen verrieten uns, daß sie bestens über die drei jungen Männer in den Zwanzigern informiert waren; offiziell kannten wir uns jedoch noch nicht. Als mich Berenson aber einmal in den Saal der Venus im Palazzo Pitti schickte, damit ich mir dort die Tizians genauestens ansehen sollte, stieß ich in der Nähe der Boboli-Gärten auf eine der Schwestern. Mit der Andeutung eines Lächelns gab sie mir zu verstehen, daß sie mich wiedererkannt hatte. Ich erwiderte ihr Lächeln, doch wir wechselten kein einziges Wort miteinander.

Im Grunde genommen wurden wir vermutlich eingeladen, weil die Fürstin – oder Donna Margarita, wie sie für gewöhnlich genannt wurde – zum Snobismus neigte. Es ging ihr wohl um den berühmten Bernard Berenson. Sie muß sich sehr gewundert haben, als ihr zu Ohren kam, daß ich zweimal pro Woche mit ihm zusammenkam, um als Stipendiat die Kunstgeschichte der Renaissance zu studieren. Kurt hingegen war ein so hochbegabter Pianist, daß er manchmal in den Konzerten im kleinen Kreis spielte, die Berenson in seiner märchenhaften Villa I Tatti veranstaltete. Die Einladungen dazu waren eine hohe Auszeichnung und daher sehr gefragt.

Bevor wir der Einladung in die Villa Magari folgten, konnten wir uns nicht darüber einig werden, wie man sich zu einem solchen Anlaß am besten kleidete. Für den Amerikaner Steve stand fest: »Leute, schließlich ist der Mann ein Fürst. Also gehen wir im Smoking hin.«

»Ich nicht«, widersprach ich. »Außerdem habe ich keinen hier. Ich habe ihn zu Hause gelassen. Die Einladung lautet doch ganz eindeutig ›Abendessen im Park‹. Selbst wenn ich eine schwarze Krawatte hätte, würde ich sie an einem Sommerabend im Park ganz bestimmt nicht tragen.«

»Ham hat völlig recht«, pflichtete mir Kurt bei. Mit seinen dreiundzwanzig Jahren war er der älteste von uns. Manchmal strahlte er die Zuversicht eines deutschen Nazis aus. »Es kommt einer Beleidigung gleich, sich zu vornehm zu kleiden«, behauptete er mit Nachdruck.

Wir mochten Kurt wirklich, doch manchmal gebärdete er sich, als hielte er sich für unfehlbar oder als spräche Hitler aus ihm. Zumindest aber schien er davon überzeugt zu sein, daß Hitler ihm recht geben würde. In diesem Fall hatte er allerdings tatsächlich recht. Das Seltsame an Kurt war ja eben, daß er fast immer recht hatte. Doch das wurde mir erst viel später klar – nach Kriegsende.

Wir zogen also leichte Flanellhosen an und banden uns Krawatten um. Mit unseren Jacken über dem Arm zogen wir an der Klingelschnur oder vielmehr Kette, die auch damals schon vor sich hinrostete. Enrico öffnete uns das Tor und ließ uns mit einem höflichen ›Buona sera‹ ein. Er zeigte uns den Weg zum Haus, das am Ende der kurzen Auffahrt lag. Ich weiß noch gut, wie sehr mich die schnurgeraden Reihen dunkler Zypressen beeindruckten. Wie eine Leibwache bei einer Inspektion übten sie Stillgestanden.

Der Fürst stand in der Haustür und reichte uns zur Begrüßung der Reihe nach die Hand. Er sprach ausgezeichnet Englisch und stellte sich lediglich als Giorgio Caeseri vor. Dann erkundigte er sich nach unseren Namen.

»Kurt von Schill.« Beim Händedruck hätte Kurt wohl um ein Haar die Hacken zusammengeschlagen.

»Aha«, meinte der Fürst mit einem Anflug von Ironie, »das andere Ende unserer Achse! Und wie heißen Sie?« wandte er sich an den ein Jahr jüngeren Steve.

»Ich bin Steve Price aus San Francisco, Sir.«

Als er mir die Hand reichte, stellte ich mich vor: »Hamilton Johns, Sir«, fügte jedoch hastig hinzu: »Aber ich habe mir diesen Namen nicht ausgesucht. Für gewöhnlich werde ich Ham genannt.«

»Das ist sehr vernünftig«, meinte der Fürst ganz ernst. »Ihr Taufname ist ja ein ganz schöner Brocken.«

»Ich bin nach meinem Großvater so genannt worden«, erklärte ich.

»Die Sünden unserer Väter und Großväter können manchmal lästig sein«, meinte er lächelnd.

Der Fürst war ein gutaussehender Mann in den Fünfzigern – hochgewachsen und sehr schlank in seiner hellgrauen Hose und dem weißen Seidenhemd. Die linke Brusttasche zierten eine Adelskrone und ein Monogramm. Er hatte dichtes eisengraues Haar und ein schmales Gesicht. Seine grauen Augen nahmen einen sofort für ihn ein. Er wirkte irgendwie unheimlich grau – graue Hose, graue Haare, graue Augen, alles grau. Doch damals funkelten seine Augen noch und machten das alles wieder wett. Sein Leben verdüsterte sich erst später und überzog sich dann ebenfalls mit einem Grauschleier.

»Kommen Sie herein, ich möchte Ihnen meine Frau und meine Töchter vorstellen.« Er geleitete uns hinein. Das Haus war langgestreckt und niedrig, es lag inmitten von flammenden Oleanderbüschen. Auch andere Blumen säumten das halbe Dutzend Stufen, über die wir auf die Veranda vor der Tür gelangten. Zwei große Terrakottahunde hielten davor Wacht – lange, schlanke Tiere, die die Besucher geringschätzig beäugten. Die Veranda erwies sich als sehr geräumig. Zahlreiche Korbstühle mit Kissen standen herum.

»Wir nennen die Veranda unsere Teestube«, erklärte der Fürst, »denn bei Hitze ist es hier am schattigsten und kühlsten. Dann trinken wir hier draußen Tee.«

Das übrige Haus erwies sich als genauso aufregend und genauso ungewöhnlich. Durch eine Doppeltür gelangte man von der ›Teestube‹ ins Eßzimmer. Darin stand ein Refektoriumstisch für die Älteren. Daneben ein runder Tisch für die Mädchen – und für uns, wenn wir eingeladen wurden. Da das Haus am Hang lag, gelangte man durch Terrassentüren aus dem Eßzimmer direkt in den hinter dem Haus liegenden Park.

Weil das Grundstück abfiel und das Haus an einem Hang lag, wurde es von verschieden hohen massiven steinernen Säulen gestützt, genaugenommen die darüberliegenden Wohnräume – ein großes Wohnzimmer, ein Arbeitszimmer, das Musikzimmer, die inzwischen zweckentfremdeten Kinderzimmer und, wie sich noch herausstellte, sieben oder acht Schlafzimmer samt drei altmodischen Badezimmern. Alle diese Räume waren durch Gänge verbunden. An den Wänden alte Fotografien in dunklen Rahmen. Im nachhinein kommt es mir vor, als erinnerte ich mich noch an die verblichene, zart gemusterte Seidentapete.

An der Terrassentür stand eine große Frau von etwa fünfzig Jahren, die sich kerzengerade hielt. Man sah ihr die Engländerin an – ein Mädchen aus dem Norden, dessen Vater reich geworden war und einen Teil seines Geldes investiert hatte, um seiner Tochter einen italienischen Adelstitel zu verschaffen, um es einmal ganz derb und unverblümt auszudrücken. Sie fiel gleich mit der Tür ins Haus: »Ach, Mr. Johns, Sie sind also der beste Freund von Mr. Berenson!«

Ich wollte sie nicht gleich enttäuschen, also murmelte ich nur: »Er ist mir eine große Hilfe. Ein hervorragender Kunstkenner.« Dann kam Kurt mit seinen geschliffenen Manieren. Höflich küßte er ihr die Hand, die schon ein paar graubraune Altersflecken zierten. »Oh, wie galant. Sie müssen eine ausgezeichnete Erziehung genossen haben, wie es für die Oberschicht in England typisch ist.«

»Ich bin Deutscher, Donna Margarita.« Kurt wußte, wie man eine Fürstin kurz und bündig ansprach.

»Macht ja nichts, Sie wirken aber durch und durch englisch!«

»Ich hoffe, ich darf das als Kompliment auffassen und nicht als Beleidigung. Es freut mich, daß ich als Deutscher ein Verbündeter der wunderbaren Italiener bin«, meinte Kurt lächelnd in seinem tadellosen Englisch.

Leicht verwirrt wandte sich die Fürstin Steve zu und reichte ihm die Hand. »Sie müssen der Amerikaner Mr. Price sein«, meinte sie.

»Bin ich, Ma’am.« Steve schüttelte ihr kräftig die Hand. »Freut mich riesig, Sie kennenzulernen, Fürst und Fürstin.«

»Ah ja, sehr interessant. « Die Fürstin sah ihren Gatten hilfesuchend an, doch ihr wurde keine Hilfe zuteil.

»Nennen Sie mich einfach Steve!«

»Vielen Dank, Mr. – Steve. Die Mädchen sind im Pool. Mein Mann meint, Sie sollten vor dem Essen alle einmal kurz hineinspringen. Fawkes, unser Butler, zeigt Ihnen den Weg. Badehosen sind in der Umkleidekabine. Die Vorstellung übernehmen Sie am besten selbst.«

Wir gingen einen schönen, sehr gepflegten, fast fünfzig Meter langen Gartenweg entlang, kunstvoll mit Steinen ausgelegt. Der Park war eine wahre Freude, besonders an heißen Sommertagen. Fürst Caeseri hatte diesen langen, mit Mosaiksteinchen ausgelegten Weg anlegen lassen. Auf der einen Seite wuchsen Kletterrosen. Den ganzen Weg entlang standen Blumentöpfe. Jenseits des Weges lagen Obst- und Gemüsegarten; dort gab es jede nur erdenkliche Obstsorte und im Gemüsegarten Erbsen, Bohnen und Salat. Am Ende des Weges stießen wir auf das ›indische Bassin‹, wie der Fürst es voll Stolz zu nennen pflegte. Das kleine Flüßchen Mensola war hier zu einer Art orientalischem Teich aufgestaut worden, und an dieser Stelle ging der Park in die Weinberge über. Olivenbäume umstanden diesen Teich, es duftete nach Kräutern. Auch das indische Bassin war mit farbigen Mosaiksteinchen ausgelegt. Man konnte das Flüßchen und damit den Wasserstand im Pool nach Belieben regulieren. Modernen Hygienemaßstäben entsprach das Wasser sicher nicht, doch als Familienschwimmbecken genügte das Bassin durchaus. Auch uns kam es natürlich sehr gelegen.

Der ›indische Pavillon‹, die Umkleidekabinen mit ihren üppigen Verzierungen, vervollständigten die Idylle.

Als wir den indischen Pavillon‹ erreichten, tummelten die Mädchen sich im Wasser. Ich zog mich drinnen aus, schlüpfte in eine Badehose und sprang kopfüber ins Wasser. Dort stellte ich mich den Mädchen unter viel Gelächter und Geplantsche vor. Die drei erwiesen sich als ganz entzückend, fröhlich und ausgelassen. Es stellte sich heraus, daß wir alle Spitznamen oder Kosenamen hatten. Raefella, mit zweiundzwanzig die älteste der Schwestern, wurde Lella genannt, die zwanzigjährige Rosanna Roz. Die Jüngste, achtzehn Jahre alt, hieß Fiammetta. Alle nannten sie Fiamma, die Flamme. Wir tollten und spritzten im Wasser herum. Lachend riefen wir den Mädchen zu: »Ich bin Steve!« »Ich heiße Kurt!« »Ich Ham!« Es ging so locker und ausgelassen zu, daß niemand sich die Mühe machte, seinen Familiennamen zu verraten. Wir standen gleich auf vertrautem Fuß miteinander und verliebten uns Hals über Kopf.

Etwa zwanzig Minuten tollten wir noch so herum, dann erschien der Butler Fawkes. Er trug eine altmodische Weste mit schwarzen Ärmeln und gelben Querstreifen über der Brust, was ihm das Aussehen einer Wespe verlieh. An Lella, die Älteste gewandt, kündigte er an: »Signorina Raefella, in einer halben Stunde wird das Abendessen serviert.«

Wie auf ein Kommando sprangen wir alle aus dem Wasser und hasteten zu den beiden nebeneinanderliegenden Umkleidekabinen. Im Pavillon gab es Handtücher im Überfluß. Wir duschten – daran war mir sehr gelegen, weil es in dem Wasserreservoir, das als Schwimmbecken diente, keinen Filter zu geben schien. Dann lieh ich mir Steves Kamm aus und versuchte, meinen wirren Blondschopf irgendwie zu bändigen, weil mir die Haare sonst immer in die Augen hingen.

»Du machst dich ja so schön«, neckte mich Kurt. »Auf welche hast du es denn abgesehen?«

Mit der größten Selbstverständlichkeit erwiderte ich, ohne auch nur einen Augenblick zu zögern: »Auf Fiamma.«

»Aha! Paß auf, daß dich die Flamme nicht verzehrt.«

»Wäre doch romantisch! Gar nicht mal ein übler Tod«, meinte Steve gedehnt. »Ich nehme Lella, die andere Blondine.«

Kurt lachte. »Dann bleibt für mich nur noch Roz, die Dunkelhaarige. Das trifft sich gut, denn sie gefällt mir sehr.«

»Eigentlich komisch, daß eine von den dreien dunkle Haare hat«, meinte Steve, maß dem aber weiter keine Bedeutung bei.

Wir banden uns die Krawatten wieder um und eilten zurück zum Haus. Wenn ich jetzt so daran zurückdenke, kommt es mir merkwürdig vor, daß es sich später als ganz richtig erwies, wie wir die Mädchen im Pavillon gleich unter uns aufgeteilt hatten.

Wir erreichten die zum Park hin gelegene Veranda – nicht die Teestube, sondern die Veranda auf der Rückseite des Hauses. Die eine Hälfte nahm der Eßtisch ein, an dem bequem ein Dutzend Leute Platz gehabt hätten. Auf der anderen Hälfte standen Korbstühle und Sofas. Wir drei saßen auf der Kante eines Sofas, die Mädchen uns gegenüber, in ihren Sommerkleidern wunderhübsch anzusehen. Sie ließen sich etwas bringen, was wie Lemon Squash aussah, wahrscheinlich alkoholfrei. Der Fürst meinte schließlich lachend: »So, Mädchen, das ist ein wunderschöner Abend. Wie wär’s mit Campari bitter und Soda?«

Freudige Zustimmung von allen dreien. Wir bekamen etwas Stärkeres angeboten. »Einen Gindiano?« erkundigte sich der Fürst. Er benutzte absichtlich den geläufigen italienischen Slangausdruck für Gin mit Tonic.

»Aber vielleicht hätten Sie lieber Campari.« Der Fürst blickte in die Runde. »Sie könnten meinem Beispiel folgen und etwas Gin hinzufügen. Dann schmeckt es nicht so bitter.«

»Das möchte ich gern probieren, Sir«, sagte Steve voller Eifer. Fawkes sah, daß Kurt noch zögerte und schlug ihm vor: »Ich kann Ihnen auch ein italienisches Bier bringen, Sir.«

»Das ist die Idee!« Kurt strahlte. »Ich fürchte, die meisten Deutschen trinken an warmen Abenden gern Bier.«

Es herrschte Schweigen, während wir uns unseren Drinks zuwandten, ein bedeutsames Schweigen, das eklatante Ereignisse anzukündigen schien und vage Schatten auf die Seele warf. Die Gefühle, die mich bewegten, waren wohl kaum auf den Gindiano zurückzuführen.

Nachdem die Hälfte dieses ersten Abends schon verstrichen war, tauchte plötzlich noch ein Mann auf. Fawkes näherte sich uns gerade gemessenen Schrittes, als ein dunkelhaariger Mann von etwa dreißig Jahren eintrat. Er trug die Uniform eines capitano der italienischen Streitkräfte, war kräftig gebaut, aber nicht besonders groß und sah dem Fürsten so unglaublich ähnlich, daß er eigentlich nur sein Sohn Vanni sein konnte. Sein Name war schon gefallen, doch dann wurde immer gleich das Thema gewechselt, oder das Gespräch erstarb, als sei er das schwarze Schaf, das Schande über die Familie gebracht hatte. Wir empfanden das als sonderbar und mysteriös.

Noch merkwürdiger erschien es uns, daß er uns nur als ›Vanni‹ vorgestellt wurde. Als Sohn eines Fürsten hatte er doch wohl Anspruch darauf, mit seinem Titel angeredet zu werden.

Mißmutig nickte er uns zu. Ich konnte mich nicht für ihn erwärmen. Wie ich hörte, war er der Stiefsohn der Fürstin, stammte also vermutlich aus einer früheren Ehe des Fürsten.

»Ich komme nur ganz kurz hereingeplatzt!« verkündete er und schoß davon, um im indischen Bassin zu schwimmen. Erst viel später erfuhr ich von den Mädchen, daß er die Schwäche seines Vaters für schöne Frauen teilte. Man brauchte nicht viel Fantasie, um sich vorzustellen, daß er sich lieber im Schlafzimmer als auf dem Schlachtfeld betätigte.

Nur einmal ging er ein bißchen aus sich heraus. Er bat mich, ihm den Salat zu reichen und meinte mitfühlend: »So, Sie sind also Maler.« Das klang, als wolle er mir sein Beileid aussprechen. »Das Militär ist übrigens eine herrliche Einrichtung, solange kein Krieg droht. Eigentlich hatte ich den Krieg immer glorifiziert, doch seit meiner Militärzeit in Abessinien ist er mir gründlich zuwider. Ich mußte nämlich dafür sorgen, daß das Trinkwasser vergiftet wurde, so daß die armen Einheimischen jämmerlich zugrunde gingen, obwohl sie keiner Menschenseele etwas getan hatten. Ein Schlag unter die Gürtellinie, wie ihr Briten sagen würdet.« Mit einem verzerrten Grinsen fügte er hinzu: »Ihr Briten würdet auch behaupten, daß in der Liebe und im Krieg alles gestattet ist, daß da besondere Regeln gelten. Aber ich plädiere für die Liebe.«

Unmittelbar nach dem letzten Bissen sprang er auf und rief: »Entschuldigt mich! Muß los! Bin verabredet!«

Im Laufschritt eilte er auf die Tür zu. Roz flüsterte: »Wenn Vanni Urlaub hat, hält er sich immer ein paar Mädchen – es kann auch ein ganzes Dutzend sein – in seiner Wohnung in Florenz.« Sie bog sich vor Lachen. »Hier taucht er nur hin und wieder auf, um schwimmen zu gehen oder auch, um hier zu essen, wenn er Hunger hat. Irgendwie gehört er gar nicht richtig zur Familie.«

Ich zerbrach mir nicht weiter den Kopf darüber, aber es mutete mich seltsam an, daß alle gleich ablenkten, wenn Vannis Name fiel. Wir erfuhren jedoch nicht mehr über den geheimnisvollen Bruder. Es lag wohl an der Idylle in dem strahlend schönen Sommer 1938, daß wir gar nicht so versessen darauf waren, die Sache weiterzuverfolgen. Was war denn auch so Besonderes daran, einen Bruder zu haben, der beim Militär war?

Fiamma saß beim Essen neben mir. Ich fand sie ganz entzückend. Genau wie ihre Schwestern sprach sie ausgezeichnet Englisch, nur gelegentlich wandte sie ein Wort oder eine Redewendung ganz falsch an. Jedesmal mußte ich darüber lachen, weil das umwerfend komisch klang. Sie schien das jedoch nicht so tragisch zu nehmen und brach immer wieder selbst in Gelächter aus. Fiamma war groß und gertenschlank und hatte die gleichen grauen Augen wie ihr Vater. Das fast weißblonde, kaum zu bändigende Haar machte sie noch hübscher. Sie gefiel mir über alle Maßen.

Details

Seiten
Erscheinungsform
Neuausgabe
Jahr
2024
ISBN (eBook)
9783986909598
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2024 (Januar)
Schlagworte
Historischer Roman Familiensaga Italien-Saga Zweiter Weltkrieg Roman Schicksalsroman Jeffrey Archer Ken Follett Emilia Flynn Neuerscheinung eBooks

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Titel: Sturm über der Villa Magari