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Kurs ins Ungewisse

Roman - Freibeuter Harry Ludlow 3 | Hervorragend recherchiert und spannend wie ein Krimi

von David Donachie (Autor:in) Uwe D. Minge (Übersetzung)
©2023 539 Seiten
Reihe: Freibeuter Harry Ludlow, Band 3

Zusammenfassung

Eine gefährliche Reise – ein unsichtbarer Feind: Der Seefahrerroman »Freibeuter Harry Ludlow: Kurs ins Ungewisse« von David Donachie als eBook bei dotbooks.

Während im Jahre 1794 die Schrecken der französischen Revolution ganz Europa in Brand zu stecken drohen, spitzt sich auch auf See die Situation zu: Im Ärmelkanal geraten der erfahrende Freibeuter Harry Ludlow und seine Mannschaft in den erbitterten Kampf zwischen rivalisierenden Schmugglern. Zwar gelingt es ihnen, sich in Sicherheit zu bringen, doch die ist trügerisch: Hinter der Fassade der idyllischen Hafenstadt Deal herrschen Korruption und Gewalt. Für Ludlow und seinen Bruder James steht fest, dass sie etwas unternehmen müssen, um der Bevölkerung zu helfen – denn sie sind nicht nur mit allen Wassern gewaschene Seemänner, sondern auch ehrbare Gentlemen …

»Ein Muss für alle Fans von Marine-Romanen – ein großartiges Buch.« Manchester Evening News

Jetzt als eBook kaufen und genießen: Der nautische Kriminalroman »Freibeuter Harry Ludlow: Kurs ins Ungewisse« von David Donachie wird Fans von C.S. Forester und Patrick O’Brian begeistern; das Hörbuch ist bei SAGA Egmont erschienen. Wer liest, hat mehr vom Leben: dotbooks – der eBook-Verlag.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Über dieses Buch:

Während im Jahre 1794 die Schrecken der französischen Revolution ganz Europa in Brand zu stecken drohen, spitzt sich auch auf See die Situation zu: Im Ärmelkanal geraten der erfahrende Freibeuter Harry Ludlow und seine Mannschaft in den erbitterten Kampf zwischen rivalisierenden Schmugglern. Zwar gelingt es ihnen, sich in Sicherheit zu bringen, doch die ist trügerisch: Hinter der Fassade der idyllischen Hafenstadt Deal herrschen Korruption und Gewalt. Für Ludlow und seinen Bruder James steht fest, dass sie etwas unternehmen müssen, um der Bevölkerung zu helfen – denn sie sind nicht nur mit allen Wassern gewaschene Seemänner, sondern auch ehrbare Gentlemen …

Über den Autor:

David Donachie, 1944 in Edinburgh geboren, ist ein schottischer Autor, der auch unter den Pseudonymen Tom Connery und Jack Ludlow Bekanntkeit erlangte. Sein Werk umfasst zahlreiche Veröffentlichungen; besonders beliebt sind seine historischen Seefahrerromane.

David Donachie veröffentlichte bei dotbooks seine Serie historischer Abenteuerromane um den Freibeuter Harry Ludlow mit den Bänden »Klar Schiff zur Höllenfahrt«, »Im Windschatten des Schreckens«, »Kurs ins Ungewisse«, »Die zweite Chance«, »Im Kielwasser: Verrat« und »Abstieg zu den Fischen«. Die Hörbücher sind bei SAGA Egmont scheinen.

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eBook-Neuausgabe August 2023

Die englische Originalausgabe erschien erstmals 1994 unter dem Originaltitel »A Hanging Matter« bei Macmillan, London.

Copyright © der englischen Originalausgabe 1993 by David Donachie

Copyright © der deutschen Erstausgabe 1998, Ullstein Buchverlage GmbH & Co. KG, Berlin

Copyright © der Neuausgabe 2023 dotbooks GmbH, München

Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.

Titelbildgestaltung: Nele Schütz unter Verwendung von Shutterstock/Abstractor, Vector Tradition, paseven, MF production, brickrena und AdobeStock/Bora

eBook-Herstellung: Open Publishing GmbH (ys)

ISBN 978-3-98690-686-3

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David Donachie

Kurs ins Ungewisse

Roman – Freibeuter Harry Ludlow 3

Aus dem Englischen von Uwe D. Minge

dotbooks.

Vorwort

Dieses Vorwort wurde ungefähr dreißig Jahre nach den Ereignissen geschrieben, von denen in diesem Buch die Rede ist, als die Stadt noch unter der Rezession litt, die das Ende der Napoleonischen Kriege mit sich gebracht hatte. Cobett blieb nicht lange genug, um die neuerlichen Auseinandersetzungen zwischen dem Zoll und den Schmugglern mitzuerleben. Das Ergebnis der Kämpfe war voraussehbar, da sich der Staat entschloß, Schiffe und Männer bereitzustellen und das kriminelle Treiben offiziell zu bekämpfen. In der Folge wurden die Schmuggler auch durch die Zunahme des freien Handels ausgehungert.

Doch während des Krieges waren die Aktivitäten der Schlepper und Hehler für diese Region lebenswichtig – so wie sie auch für den Feind lebenswichtig waren. Würde man sagen, daß der Schmuggel an der Ostküste von Kent wohl etabliert war, so wäre das fast eine Untertreibung. Napoleon hätte seine Feldzüge nicht ohne das Gold finanzieren können, das diese Männer nach Frankreich schmuggelten. Sie waren für die französische Wirtschaft von so enormer Bedeutung, daß die Regierung in Dünkirchen einen Teil des Hafens zur Verfügung stellte. Unglücklicherweise führten sie sich jedoch so rowdyhaft auf, daß die Bürger Dünkirchens Protest anmeldeten. Der Kaiser verlegte die Landeplätze daher nach Gravelines. War das ein frühes Beispiel von englischem Hooliganismus im Ausland?

Heute ist Deal das letzte existierende Seebad im georgianischen Stil in England, das geradezu ein Modell für dieses bemerkenswerte und elegante Zeitalter war. Die Reede ist verhältnismäßig leer, es sei denn, daß draußen im Kanal ein schwerer Sturm wütet. Trotzdem liegt die Geschichte dicht unter der Oberfläche. ›Kurs ins Ungewisse‹ ist eine erfundene Geschichte, aber einige der handelnden Personen haben existiert. Die Landschaft ist ohnehin unverändert.

Die Sandbänke der Goodwins bilden immer noch einen hervorragenden Schutz für die Küste. Dasselbe gilt für zwei der drei Tudorschlösser. Die Boote werden noch immer auf den Strand gezogen, auch wenn sie zahlenmäßig weniger geworden sind. Die Stadt ist anständig geworden. ›The Hope and Anchor‹ ist erfunden, aber an derselben Stelle gibt es ein Pub. ›The Paragon‹ ist verschwunden. Der Portobello Court ist heute eine ruhige Sackgasse, in der weiße Villen stehen. Das Hotel ›The Ship Inn‹ steht immer noch da, wo es sich auch um 1790 befand, und im ›Griffin’s Head‹ bekommt der Reisende noch immer gutes Essen und Getränke. Und wer die Zeichen zu deuten versteht, der wird bemerken, daß zu dem Zeitpunkt, als dieses Buch entstand, eine Witwe namens Naomi Smith Besitzerin des ›Griffin’s‹ war.

David Donachie
Deal, 1993

Prolog

Je mehr sie tranken, desto lautstarker benahmen sie sich. Ihre Stimmen tönten von den niedrigen Deckenbalken des ›Griffin’s Head‹ wider. Mit ihrer Angeberei hatten sie schon etliche mißbilligende Blicke auf sich gezogen. Es waren drei Männer, jung, disziplinlos, aber gut gekleidet. Sie waren ohne Zweifel wohlhabend. Diese Burschen hatten Geld in der Tasche, das sie ausgeben wollten; dazu kam, daß sie sich enorm selbstsicher fühlten. Draußen stand ein Wagen voller Konterbande, der von bewaffneten Dienern bewacht wurde. Solche Leute waren keine Unbekannten in ›Griffin’s Head‹, denn die Schenke lag auf dem Weg zwischen Deal und Canterbury. Viele gutbetuchte Menschen fuhren an die Küste, um direkt bei den Schmugglern, die die Küste von Kent verpesteten, unversteuerte Waren zu kaufen. Sie benutzten diese Route, weil sie so die Straße von Dover nach London mieden, auf der sich immer viele neugierige Zöllner herumtrieben.

Tite, der an seinem Ale nippte, trat einen Schritt zurück und starrte kurzsichtig durch die Tür. Ein schriller weiblicher Schrei hatte seine Aufmerksamkeit erregt. Bedingt durch sein schlechtes Sehvermögen nahm er die Gesichter aus dieser Entfernung nur als verwaschene Umrisse wahr, aber was sich abspielte, war auch so eindeutig genug. Die Männer lachten, als das Serviermädchen Polly Pratchitt verzweifelt versuchte, sich loszureißen. Zwei Bauern, die an der Bar des kleinen Schankraums standen und durch die Luke in den Hauptraum blicken konnten, nahmen ihre Pfeifen aus dem Mund und schüttelten die Köpfe. Was sie einander zu murmelten, veranlaßte Tite, der eine bessere Sicht haben wollte, durch die Tür in den großen Salon zu treten.

Leider war Polly nur noch ein undeutlicher Schatten, der in Richtung der Küche verschwand. Sie versuchte, ihre nackten Brüste mit den Überresten der zerrissenen Bluse zu bedecken. Einer der Burschen lächelte. Es war jedoch kein Wunder, daß sie ihre Späße mit ihr trieben, denn sie war im heiratsfähigen Alter und hatte einen wunderbaren Busen, einen von der Sorte, die von der Natur dazu bestimmt sind, jeden Blick auf sich zu ziehen. Spöttisches Geheul folgte ihrer Flucht; man rief lautstark sowohl nach mehr Rotwein als auch nach mehr nacktem Fleisch. Tite grinste. Er war, wie jeder andere Mann im Raum auch, durchaus angetan vom Anblick eines nackten Busens. So stellte er seinen Becher auf den nächsten Tisch, ging in Richtung Küche und gab sich den Anschein eines Mannes, der sich dringend erleichtern mußte.

Er hatte Glück. Polly, die sich in der Küche sicher fühlte, hatte gerade ihre zerrissene Bluse ausgezogen, damit sie und ihre Freundinnen den Schaden begutachten konnten. Sie waren so beschäftigt, daß sie die gekrümmte Gestalt in der Tür nicht bemerkten. Tite, der nur noch etwa drei Fuß entfernt war, erhaschte einen herzerwärmenden langen Blick auf Pollys nacktes Fleisch. Der Aufschrei, der als Reaktion auf sein zufriedenes Grunzen folgte, wurde von hektischer Betriebsamkeit begleitet, während Polly und ihre Freundinnen panisch versuchten, die Blöße schamhaft zu bedecken.

»Hau ab, du dreckiger, schleimiger alter Spanner!«

»Darf ein Mann nicht mehr pinkeln gehen?« grummelte Tite in dem Bemühen, eine Ausrede hervorzubringen.

»Schmutziger alter Idiot«, zischte Amy Igglesden, das älteste der Mädchen. »Es würde mich nicht überraschen, wenn du in die Küche pinkeln würdest.«

Aber sie redete zu einer leeren Türöffnung, denn Tite war bereits durch den Hintereingang der Kneipe verschwunden. Draußen blieb er nicht weit von einem geöffneten Fenster stehen und öffnete seine Hose. Halb ärgerlich, halb amüsiert hörte er die wüsten Beschimpfungen der Mädchen, die sich über ihn, über sein Alter und seine körperlichen Fähigkeiten ausließen.

»Macht euch keine Gedanken, Mädchen«, kicherte er in sich hinein. »Der alte Tite kann noch so hart und schnell reiten, daß jeder von euch vor Lust das Hören und Sehen vergehen würde.«

Während der dünne Wasserstrahl gegen die Mauer plätscherte, wanderten seine Gedanken zu seiner Zeit als Seemann zurück. Er war der Bursche des verstorbenen Admirals gewesen, als der noch ein simpler Leutnant war, und er blieb auf diesem Posten, als sein Herr die Karriereleiter emporkletterte. Es war ein gutes Leben gewesen. Als Leibbursche unterlag Tite nicht der strikten Disziplin wie die anderen Mannschaftsmitglieder. Die Männer bekamen keinen Landgang, da man sich nicht darauf verlassen konnte, daß sie nicht desertierten. Er dagegen hatte die Aufgabe, die persönlichen Vorräte seines Herrn aufzufüllen, und kam oft an Land. Da er wußte, wie man die eine oder andere Münze aus diesem lukrativen Posten herausschlagen konnte, verfügte Tite stets über die nötigen Mittel, um die örtlichen Bordelle besuchen zu können. Es hatte natürlich auch länger andauernde Verhältnisse gegeben, einige hatten sich sogar über Monate hingezogen, wenn sein Herr ohne ein Schiff auf dem trockenen saß. Aber im allgemeinen hatte Tite seine Lust bei käuflichen Damen aller Art befriedigt.

»Ich sage, daß sie noch bösartiger werden. Und daß man Pollys Bluse zerreißt, kann man nicht hinnehmen. Wir müssen Mrs. Smith holen, damit sie die Kerle rausschmeißt.«

Diese Bemerkung von Amy Igglesden riß Tite aus seinen schönen Erinnerungen. Er hatte bemerkt, daß Naomi Smith, die junge Witwe, der das ›Griffin’s Head‹ gehörte, während des Vorfalls nicht anwesend gewesen war. Sie hatte zwar die Angewohnheit, jeden Morgen das Grab ihres Mannes zu besuchen, um frische Blumen niederzulegen. Aber weshalb blieb sie jetzt oben in ihren Räumen, während unten alles drunter und drüber ging? Sie legte großen Wert auf das gute Benehmen ihrer Kunden und hegte eine besondere Abneigung gegen alle, die sich über die Armut der Küstenbewohner lustig machten. Sie wußte, daß die armen Männer mit Frau und Kindern aus nackter Not zum Schmuggeln gezwungen waren. Es gab nur wenig Alternativen, einen ehrlichen Penny zu verdienen – jedenfalls in dieser Gegend und sogar dann, als der Krieg mit Frankreich wieder ausgebrochen war.

Hand an eines von Naomis Mädchen zu legen war ein Übergriff, der normalerweise eine saftige Abreibung nach sich zog. Wäre Naomi Smith im Schankraum oder im Salon gewesen, dann wären die Krakeeler geflogen, noch ehe sie ihre erste Flasche halb geleert hatten. Tite hatte so etwas schon gesehen, wenn Gäste über die Stränge schlugen. Und wenn sich die Situation zuspitzte, dann konnte sich Naomi auf die Unterstützung ihrer Stammgäste verlassen.

Polly entgegnete Amy: »Sie hat befohlen, daß sie und der Gentleman keinesfalls gestört werden dürfen. Um keinen Preis!«

Jetzt spitzte Tite die Ohren. Bei einem Mann, der gerade noch in vergangenen Liebesabenteuern geschwelgt hatte, schlugen diese Worte eine empfindliche Saite an. Wenn sich eine Dame, die so gut aussah wie Naomi Smith, mit einem Gentleman zurückzog und anordnete, daß sie nicht gestört werden wollte, dann konnte das nur eins bedeuten. Tite wußte, daß Naomi kein verwitwetes Mauerblümchen war – trotz des täglichen Besuchs auf dem Friedhof. Der Sohn des verstorbenen Admirals, dem zufällig das Land gehörte, auf dem das ›Griffin’s Head‹ stand, hatte seit langem eine Beziehung zu Naomi Smith, die vermutlich über schlichte Höflichkeit hinausging.

Tite setzte eine unschuldige Miene auf und bewegte sich in Richtung der Stallungen. Aus Erfahrung wußte er, daß man von dort den besten Überblick hatte ... Als er am hölzernen Schuppen vorbeiging, sah er, daß Naomis kleine Kutsche im Stall stand; die leeren Deichsel ragten zum Dach auf. Doch dann erregte das Pferd in der nächsten Box, ein Apfelschimmel, seine Aufmerksamkeit. Tite identifizierte die Stute sofort. Sie stammte aus den Ställen von Cheyne Court. Er hatte sie dort gesehen. Sie war vom Schwager seines Herren geritten worden, einem Mann, den er verabscheute. Tite drehte sich schnell herum und blickte zu Naomis Fenster empor. Dort wurde gerade ein Mann sichtbar, der eine Perücke und einen schwarzen Rock trug. Er stand mit dem Rücken zum Fenster gewandt.

Tite eilte den Weg zurück, den er gekommen war, drückte sich unbemerkt an der Küche vorbei, wandte sich nach rechts und blieb dann am Fuß der Treppe stehen. Das besoffene Trio im Salon sang gerade eine laute und vulgäre Version von »Tom Bowling«, was es ihm erschwerte, die Unterhaltung auf dem oberen Treppenabsatz zu verstehen. Aber er erkannte die Stimmen: das typisch schottische Schnarren von Lord Drumdryan und der tiefe, leicht rauhe Ton von Naomi Smith.

»... Hier liegt mit blankem Hintern der glückliche Tom Bowling der Darling meiner Crew ...«

»Ich bin natürlich sehr geschmeichelt«, sagte Lord Drumdryan. »Aber ich habe ein Dinner vorbereitet ...«

Tite bekam den Rest des Satzes nicht mit, der im nächsten Vers des unanständigen Liedes unterging.

»... Seine Gestalt war von männlicher Schönheit, sein Herz war sanft und freundlich ...«

Naomis Stimme war gut zu verstehen, aber Tite hatte die ersten Worte nicht gehört.

»... danach. Ich habe den Mädchen erklärt, was ich vorhabe, und sie sind sehr erfreut über den Plan.«

»... Zuverläßlich hat er seine Pflicht hier unten getan, und jetzt ist er nach oben entschwunden, noch immer mit heruntergelassenen Hosen ...«

Der Gesang wurde von brüllendem Gelächter abgelöst. Die Männer schlugen mit ihren Krügen auf die Tischplatte und riefen nach mehr Rotwein.

»Ich fürchte, daß Ihre Gäste etwas außer Kontrolle geraten, Madame.«

»Ich muß mich jetzt darum kümmern«, erwiderte Naomi, »aber ich wäre Ihnen sehr verbunden, wenn Sie mir sagen würden, wie Sie meine Einladung auffassen.«

Der höfliche Tonfall in Drumdryans Stimme mochte jedem, der ihm so übel wie Tite gesonnen war, ziemlich verlogen erscheinen. »Es wäre flegelhaft, abzulehnen, Madame. Ich kann nicht anders, ich nehme an.«

Naomi wurde etwas deutlicher. »Dann kann ich die Vorbereitungen vorantreiben?«

»Auf alle Fälle.«

Als Naomis Schritte auf der Treppe laut wurden, verzog sich Tite. Er packte wieder seinen Krug Ale und stellte sich an das Fenster, von wo er die Vorderseite der Schenke überblicken konnte. Er beobachtete die Straße nach Knowlton Court, murmelte leise vor sich hin und fragte sich, was sein Wissen wert sein mochte. Dann wurde er von Naomi Smith unterbrochen. Sie ertönte tief, ruhig, fest und genau hinter ihm.

»Meine Gastfreundschaft schließt nicht die Erlaubnis zum Singen schmutziger Lieder ein. Sie werden hier nichts mehr bekommen, Sirs. Sie werden für das bezahlen, was Sie verzehrt haben, und dann gehen!«

»Mein lieber Barrington«, ließ sich ein Mann vernehmen, der mit dem Rücken zur Wand stand, »ich fürchte, man droht uns. Eine so hübsche Person.«

»Nun, Madame«, antwortete Barrington, der ihr am nächsten saß: »Ich brauche erst noch mein nötiges Quantum an Essen und Trinken. Es würde mir das Herz brechen, übereilt aufbrechen zu müssen. Besonders ohne einen so reizenden Leckerbissen wie Sie es sind.«

Details

Seiten
Erscheinungsform
Neuausgabe
Jahr
2023
ISBN (eBook)
9783986906863
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2023 (August)
Schlagworte
Historischer Roman Seefahrerroman Nautischer Roman 18. Jahrhundert C. S. Forester Julian Stockwin Patrick O’Brian Paul Doherty Historischer Kriminalroman eBooks

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Titel: Kurs ins Ungewisse