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Im Kielwasser: Verrat

Roman - Freibeuter Harry Ludlow 5 | Hervorragend recherchiert und spannend wie ein Thriller

von David Donachie (Autor:in) Uwe D. Minge (Übersetzung)
©2023 587 Seiten
Reihe: Freibeuter Harry Ludlow, Band 5

Zusammenfassung

Eine tödliche Falle – ein wagemutiger Plan: Der Seefahrerroman »Freibeuter Harry Ludlow: Im Kielwasser: Verrat« von David Donachie als eBook bei dotbooks.

Der Golf von Mexiko im Jahre 1795. Als sie vor der Küste ein verlassenes spanisches Handelsschiff entdecken, wittern der Freibeuter Harry Ludlow und sein Bruder James leichte Beute. Doch was eine einfache Kaperung werden sollte, entpuppt sich schon bald als raffinierte Falle: Angeheizt von Machtgier und Patriotismus wird ihr Schiff, die stolze »Bucephalas«, vor dem spanischen Fort von New Orleans festgesetzt. Schnell wird klar, dass der erfahrene Seemann keine Hilfe vom hiesigen Gouverneur zu erwarten hat. Doch Harrys Name ist nicht ohne Grund in der gesamten Karibik bekannt – und so nimmt er den aussichtslos erscheinenden Kampf zur Befreiung seines Schiffs auf!

»Eine gekonnte Mischung aus nautischem Abenteuerroman und Krimi!« Times Literary Review

Jetzt als eBook kaufen und genießen: Der nautische Kriminalroman »Freibeuter Harry Ludlow: Im Kielwasser: Verrat« von David Donachie wird Fans von C.S. Forester und Patrick O’Brian begeistern; das Hörbuch ist bei SAGA Egmont erschienen. Wer liest, hat mehr vom Leben: dotbooks – der eBook-Verlag.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Über dieses Buch:

Der Golf von Mexiko im Jahre 1795. Als sie vor der Küste ein verlassenes spanisches Handelsschiff entdecken, wittern der Freibeuter Harry Ludlow und sein Bruder James leichte Beute. Doch was eine einfache Kaperung werden sollte, entpuppt sich schon bald als raffinierte Falle: Angeheizt von Machtgier und Patriotismus wird ihr Schiff, die stolze »Bucephalas«, vor dem spanischen Fort von New Orleans festgesetzt. Schnell wird klar, dass der erfahrene Seemann keine Hilfe vom hiesigen Gouverneur zu erwarten hat. Doch Harrys Name ist nicht ohne Grund in der gesamten Karibik bekannt – und so nimmt er den aussichtslos erscheinenden Kampf zur Befreiung seines Schiffs auf!

»Eine gekonnte Mischung aus nautischem Abenteuerroman und Krimi!« Times Literary Review

Über den Autor:

David Donachie, 1944 in Edinburgh geboren, ist ein schottischer Autor, der auch unter den Pseudonymen Tom Connery und Jack Ludlow Bekanntkeit erlangte. Sein Werk umfasst zahlreiche Veröffentlichungen; besonders beliebt sind seine historischen Seefahrerromane.

David Donachie veröffentlichte bei dotbooks bereits seine Serie historischer Abenteuerromane um den Freibeuter Harry Ludlow mit den Bänden »Klar Schiff zur Höllenfahrt«, »Im Windschatten des Schreckens«, »Kurs ins Ungewisse«, »Die zweite Chance«, »Im Kielwasser: Verrat« und »Abstieg zu den Fischen«.

Der Autor im Internet: www.facebook.com/daviddonachieauthor/

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eBook-Neuausgabe September 2023

Die englische Originalausgabe erschien erstmals 1996 unter dem Originaltitel »The Scent of Betrayal« bei McBooks Press, Danvers

Copyright © der englischen Originalausgabe 1996 by David Donachie.

Copyright © der deutschen Erstausgabe 1999 Ullstein Buchverlage GmbH & Co. KG, Berlin

Copyright © der Neuausgabe 2023 dotbooks GmbH, München

Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.

Titelbildgestaltung: Nele Schütz unter Verwendung von Shutterstock/Abstractor, Vector Tradition, paseven, MF production, Taras Valerievich und AdobeStock/Terablete

eBook-Herstellung: Open Publishing GmbH (ys)

ISBN 978-3-98690-688-7

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David Donachie

Im Kielwasser: Verrat

Roman – Freibeuter Harry Ludlow 5

Aus dem Englischen von Uwe D. Minge

dotbooks.

Kapitel 1

Harry Ludlow war kein Mann, der sich übermäßig häufig betrank, aber bei der Geburtstagsfeier von Oliver Pollock war das Trinkgelage zu einer Sauferei ausgeartet, über die auch er die Kontrolle verloren hatte, und die lange Zeit des Schlafens in diesem überfüllten Blockhaus hatte seinen sechsten Sinn verkümmern lassen, den jeder Kapitän eines Schiffes als unverzichtbaren Warnsensor gegen unvermutete Gefahren im Hinterkopf hat. Pender, der erwartet hatte, daß sein Kapitän sofort die Augen öffnen würde, sobald die Tür knarrte, sah sich bemüßigt, die Fensterläden weit zu öffnen, um die ersten hellen Sonnenstrahlen der karibischen Sonne durch das Fenster in den spärlich möblierten Raum hereinfallen zu lassen. Aber auch das reichte noch nicht aus, um das gleichmäßige, rhythmische Schnarchen zu unterbrechen. Er mußte die bewegungslose Gestalt erst heftig schütteln, ehe er einen kleinen Erfolg verbuchen konnte. Kaum halbwach und durcheinander begriff Harry nur langsam, was Pender ihm erzählte.

»Wer?« krächzte Harry.

»Ihr amerikanischer Freund, Pollock«, wiederholte Pender langsam, »der gestern nacht Becher um Becher mit Ihnen mitgehalten hat. Allerdings scheint ihm das Saufen nicht so viel ausgemacht zu haben wie Ihnen. Er hat auf der Daredevil alle Segel setzen lassen, und es gibt nicht den kleinsten Hinweis darauf, wohin er verschwand. Ich kann mich nicht daran erinnern, daß er während der Nacht etwas darüber gesagt hat, daß er auslaufen will.«

Sehr behutsam und langsam schüttelte Harry den Kopf.

»Kaffee, vermute ich?« erkundigte sich Pender und ging zur Tür.

Harry versuchte zu sagen: Literweise! Aber das Wort wollte ihm nicht über die Lippen kommen. Er ließ sich in das große Doppelbett zurücksinken und schloß seine Augen, rieb sich die Schläfen in dem vergeblichen Versuch, den Schmerz zu vertreiben, der auf einen ausgewachsenen Kater hindeutete. Der Nebel, der über ihm lag, begann sich nur langsam zu lichten. Die Ereignisse des gestrigen Abends und auch die der letzten vergangenen Wochen erschienen vor seinem inneren Auge als eine Folge durcheinandergewürfelter Bilder, die keineswegs chronologisch abliefen. Da waren fünf Männer; große Mengen von Speisen; endlose Trinksprüche. Das narbige Gesicht von Nathan Caufield tauchte wieder auf, der war in Sag Harbour geboren und ein ehemaliger Loyalist, der bei jeder Erwähnung der Amerikanischen Revolution mißbilligend den Kopf nach hinten warf.

Und da war die anscheinende Gleichgültigkeit des Seemanns von Long Island, als sich sein Sohn Matthew in der Begleitung von James Ludlow davonstahl, um dem Etablissement von Madame Leon einen weiteren Besuch abzustatten.

Bei Harry verfestigte sich langsam der Eindruck, daß er sich trotz all der Speisen und Getränke, die er zu sich genommen hatte - und das waren wahrlich nicht wenige gewesen -, nicht so schlecht fühlen dürfte, wie es der Fall war. Harry Ludlow würde nie von sich behaupten, daß er ein starker Esser war, aber obwohl er durchaus in den höheren Gesellschaftskreisen verkehrte, wo ein Festmahl nur dann einen bleibenden Eindruck hinterließ, wenn es ungebührlich üppig war, und wo regelmäßig und ausschweifend getrunken wurde, konnte er sich nur an wenige Anlässe erinnern, nach denen er sich so miserabel wie jetzt gefühlt hatte. Sein nächster Versuch, etwas zu sagen, schlug fehl, als Pender zurückkehrte. Seiner knochentrockenen Kehle entrang sich nur ein Krächzen. Als ihm ein Glas Wasser gereicht wurde, trank er es gierig leer, wobei ein nicht zu kleiner Teil über die Vorderseite seines Hemdes lief. Er sah nach unten.

»Gott im Himmel«, seufzte er auf, als ihm klar wurde, daß er offensichtlich ins Bett getragen worden war, »ich habe immer noch meine Hose und meine Stiefel an.«

Als er den Blick hob, erkannte er, daß er mit seinem Elend nicht allein war. Auch Penders Gesicht war aschgrau. Seine Augen, die seinen Blick fest erwiderten, waren rot unterlaufen, und seine Stimme klang müde und abgekämpft. »Da Sie aus dem Verkehr gezogen waren, habe ich mir die Freiheit herausgenommen, mir auf eigene Rechnung auch einen kleinen hinter den Knorpel zu gurgeln. Ich war auf dem Rückweg hierher, als mir die Fischer die Neuigkeiten über Mr. Pollock berichteten.«

Ein weiteres Bild zog durch Harrys trübes Bewußtsein. Es zeigte Pender, der stocknüchtern im Hintergrund stand und nur gelegentlich einen Schritt nach vorn machte, um seinen Becher wieder zu füllen, aber nicht bis zum Rand. Das »Gurgeln« mußte eilig stattgefunden haben, nachdem Harry alle Viere von sich gestreckt hatte.

»Es ist mir völlig schleierhaft, wie Pollock es geschafft hat«, fügte Pender hinzu, »wenn man bedenkt, was er in sich hineingeschüttet hat. Er muß mit dem Teufel im Bunde stehen, der ihn wachgerüttelt hat. Jedenfalls war er nachts nicht in der Lage, zum Kai hinunterzulaufen, das steht fest. «

Harry schwang mit einer vorsichtigen Bewegung seine Beine aus der Koje. Diese Aktion löste eine heftige Schmerzwelle in seinem Kopf aus. Der verlockende Geruch von Kaffee stieg schon lange in seine Nase, ehe die Serviererin das Tablett, das sie getragen hatte, auf dem Tisch abgestellt hatte. Noch bevor ihre Schritte verklungen waren, hatte Pender eine Tasse vollgegossen und sie seinem Herren gereicht. Harry trank dankbar den Kaffee, dann kam er schwankend auf die Füße. Vom geöffneten Fenster aus konnte er den gesamten Hafen von St. Croix überblicken. Während der Dunkelheit hatten mehrere Schiffe – darunter die Daredevil – ihre Murings geslippt. Er strengte sich an, sich an die Namen der anderen zu erinnern, aber sein Kopfweh machte ihm das völlig unmöglich, und so wandte er seine Aufmerksamkeit wieder seinem eigenen Schiff, der Bucephalas zu, da er wußte, daß der schiere Anblick dieser eleganten Linien ihn aufmuntern würde.

Kein Mann, der auf einem Freibeuter segelte, konnte sich ein besseres Schiff wünschen. Über 100 Fußi lang und gut bewaffnet lag es am Kai. Trotz des Durcheinanders, das die Werftarbeiter auf dem sonst makellosen Deck angerichtet hatten, ein schöner Anblick. Normalerweise Harry ständig hinter den Arbeitern her und trieb sie an, diesmal aber war er damit zufrieden gewesen, sie nach ihrem eigenen Arbeitsrhythmus schaffen zu lassen. Der Toppsegelschoner Ariadne, den er hierher begleitet hatte, mußte sich einer größeren Reparatur unterziehen. Außer den erheblichen Beschädigungen ihres Überwasserschiffs hatten Ariadnes Planken auch durch den Bohrwurmiiund den Bewuchs gelitten. Man hatte sie auf dem nächstgelegenen Stück Strand kielgeholt, und in dem Licht des Morgens sah sie irgendwie verloren aus. Beide Schiffe waren kürzlich in einem Gefecht mit zwei französischen Fregatten beschädigt worden. Hier in der Sicherheit des dänischen Hafens widmeten sich die Werftarbeiter den Notreparaturen, die durch die Besatzungen auf See ausgeführt worden waren. In weniger als einer Woche würden sie beide wieder bereit sein, in See zu stechen, wobei Harry die Absicht hatte, nach dem Verlassen des Hafens seine eigenen Wege zu gehen.

»Es ist seltsam, daß uns Pollock nicht gesagt hat, daß er beabsichtigte, auszulaufen«, meinte Pender.

»Wenn er es vorgehabt hätte, dann hätte er es uns auch gesagt. «

Da das zur Hälfte auch eine Frage war, würdigte Pender diese Aussage keiner Antwort. Pollock mußte wegen eines unvorhergesehen Notfalls ausgelaufen sein. Trotz vieler Unterhaltungen wußte Harry noch immer wenig über die Beweggründe, die den Amerikaner nach St. Croix geführt hatten. Er wollte gerade diese Überlegung äußern, als die Abschüsse der beiden Signalkanonen des Gouverneurs über den Hafen rollten. Als er die Augen hob, sah er einige Bewegung auf dem gepflegten Rasen vor der Residenz. Wieder krachten die beiden Kanonen. Die dänische Flagge stieg am Flaggenmast auf und wurde wieder gedippt, so als ob jemand nach einem zusätzlichen anderen Weg suchte, die Bewohner zu alarmieren. Das alles konnte nur eines bedeuten: ernsthafte Gefahr. Was wiederum in diesem Teil der Welt nur heißen konnte, daß jemand versuchte, die Insel zu besetzen.

Obwohl ihm jede Bewegung Schmerzen bereitete, reagierte Harry umgehend.

»Sieh zu, daß du die Crew der Bucephalas an Bord treibst, und alles klar zum Auslaufen ist! Schick jemanden los, der James und den jungen Caufield aus diesem verdammten Hurenhaus holt, und sag Matthew, daß er seinen Vater wecken soll. Er soll ihn in einen Waschzuber tauchen, wenn es nötig sein sollte, aber er muß ihn an Bord des Schiffes bekommen!«

Pender hatte sich weit aus dem anderen Fenster gelehnt, um herauszubekommen, worum sich diese ganze Aufregung drehte. Aber vergeblich. Der scharfe Ton seines Kapitäns ließ keine Diskussion zu und ermunterte ihn auch nicht, Fragen zu stellen. Harry Ludlow hatte seinen eigenen hochentwickelten Sinn für herannahende Gefahr, der durch lange Jahre auf See geschärft und auch gegen einen Kater unempfindlich war. Wenn er auf diese Weise sprach, dann erwartete er umgehenden Gehorsam. Pender war schon aus der Tür, bevor Harry nach seinem Degen, den Pistolen und den Papieren greifen konnte, die neben dem Bett auf der Seekiste lagen.

Das Durcheinander auf der Straße war beachtlich, und im Hafen war es noch schlimmer, denn auf jedem Schiff wurde mit irgendeiner Waffe gefeuert, was noch zu der allgemeinen Panik beitrug. Auf allen Schiffen zeigten die in der Takelage tätigen Männer, die man nach oben geschickt hatte, um Segel zu setzen, aufgeregt nach Westen. Von dort schien ganz offensichtlich die Ursache der ganzen Aufregung zu kommen.

An Deck waren die Skipper damit beschäftigt, die Schiffe kurzstags über die Anker zu hieven. Ohne genau zu wissen, was sich draußen auf See ereignete, bahnte sich Harry seinen Weg durch das Gewühl der Menschen zur Pier hinunter. Sein Weg wurde ihm von einer großen Menschenmenge versperrt, die sich vor dem verschlossenen Tor des BORENSEN-Haus drängten. Die Vorderen schlugen mit den Fäusten gegen das dicke Holz. Es handelte sich um das führende Bankhaus am Platze, bei dem die meisten Händler von St. Croix ihre Gelder angelegt hatten, und diese Kunden wollten in der Krise ihr Vermögen lieber in den eigenen Händen halten. Das Summen der Gespräche in einem Dutzend verschiedener Sprachen umgab ihn, während Harry sich einen Weg hindurch kämpfte. Das meiste verstand er nicht, aber was er verstand - das war genug.

Seine erste Vermutung stellte sich als richtig heraus. Draußen auf See näherte sich eine Flotte unter der französischen Flagge. Sie kreuzte zur Insel auf, offensichtlich in der Absicht, dort anzulanden. Inwieweit war das eine Bedrohung für die neutrale dänische Besitzung? Dann wurde der Name des Führers des Expeditionskorps genannt, und der war unmißverständlich, gleichgültig, in welcher Sprache man ihn nannte. Harrys ohnehin angegriffener Magen krampfte sich zusammen. Es gab keine Möglichkeit herauszufinden, auf welchem Weg die Menschen in den Besitz der Information gekommen war, oder festzustellen, ob sie den Tatsachen entsprach, aber irgendjemand hatte Victor Hugues als den Führer der französischen Streitmacht benannt. Sobald er den Namen gehört hatte, rannte Harry doppelt so schnell. Hugues war vor zwei Jahren von Frankreich herübergekommen. Er kam mit Truppen, einer Nachricht, in der den Sklaven mitgeteilt wurde, daß sie frei wären – und einer Guillotine. Nach der Rückeroberung von Guadeloupe legte er wenig Skrupel an den Tag, dieses Symbol des Terrors fleißig anzuwenden und zwar unabhängig davon, ob es sich um Weiße oder Schwarze handelte. Eigentlich machte es ohnehin keinen Unterschied, wer das Expeditionskorps befehligte, denn der Schutz der Neutralität galt in keinem Fall für einen britischen Kapitän, der einen Freibeuter kommandierte.

Aber sollte es sich tatsächlich um Hugues handeln, dann verschlechterten sich Harrys Aussichten nochmals erheblich, weil er dieses französische Schiff hierher eskortiert hatte. Obwohl die Männer der Besatzung der Ariadne ihrer Grundüberzeugung nach keine Royalisten waren, hatten sie die Waffen gegen die Vertreter der Revolution erhoben, zuerst auf ihrer Heimatinsel St. Dominique und zum zweiten Mal gegen Hugues selbst, als er Guadeloupe angriff. Sobald dieser Unhold auf einer Insel ohne eine dänische Garnison gelandet war, konnte es keinen Zweifel mehr darüber geben, in wessen Händen die Macht lag. Der Gouverneur würde keinen Einfluß auf das haben, was sich ereignete. Sobald der Abgesandte des Terrors die Identität der Männer der Ariadne herausgefunden hatte, würde, würde er nicht zögern, Rache zu nehmen. Ein Mann, der eine Guillotine den weiten Weg von Frankreich über den Ozean geschafft und der Hunderte seiner Gegner kaltblütig hatte erschießen lassen, zögerte auch nicht, das Fallbeil von einer karibischen Insel zur nächsten verschiffen zu lassen. Der Mannschaft der Bucephalas konnte dasselbe Schicksal bevorstehen, denn Harrys Name und der seines Schiffes war jedem Franzosen in der Karibik bekannt. Zusammen mit einem britischen Schiff der fünften Klasseiii und der Ariadne hatte er in Sichtweite von Gouadeloupe gegen zwei französische Fregatten gekämpft, die eine hatten sie geentert, die andere schwer beschädigt.

Alle diese Gedanken wirbelten in seinem schmerzenden Kopf herum, während er sich seinen Weg über den dicht bevölkerten Kai zu seinem Schiff bahnte. Er schoß über die Gangway auf das Deck, wo ihn eine Szene des absoluten Chaos begrüßte. Pender hatte die Männer an die Arbeit getrieben; mit welchen Mitteln er das geschafft hatte, wollte Harry lieber nicht wissen. Normalerweise konnte er sich darauf verlassen, daß seine Crew ihre Arbeit mit großer Effizienz erledigte, aber gemessen an der Art, wie einige von ihnen herumtaumelten, war er selbst nicht der Einzige, der die Nacht mit Trinken verbracht hatte – und die überraschende Entwicklung der Ereignisse in den letzten Minuten hatte die Männer der Fähigkeit beraubt, zu sehen, was getan werden mußte. Harrys ausgetrockneter Kehle entrang sich ein weiteres rauhes Krächzen, es war laut genug, daß sich ein paar seiner Leute zu ihm herumdrehten und er einige Befehle ausgeben konnte. Die erste Aufgabe mußte sein, alle festen Verbindungen zu kappen, die sein Rigg mit dem Kai verbanden, danach mußte alles, was nicht auf die Bucephalas gehörte, über Bord geworfen werden.

Das Deck war ein einziges Durcheinander aus Zimmermannswerkzeugen, Hobelspänen, Holzstücken und unbearbeiteten Planken. Überall hingen lose Tampen, sie schwangen frei herum und waren nicht sauber in der Art aufgeschossen, auf die man auf diesem Schiff sonst so viel Wert legte. Die Segel, die oben waren, waren wahllos angeschlagen und würden ganz gewiß nicht ausreichen, um die Bucephalas aus der Ansteuerung des Hafens hinauszubringen. Die Kanonen, die Harry in den nächsten Stunden wahrscheinlich verzweifelt benötigen würde, waren in den Unterraum gestaut worden, damit die Werftarbeiter die beschädigten Geschützpforten reparieren konnten. Es sah so aus, als ob alles an Bord eine schnelle Abreise unmöglich machte. Und das war Harrys Fehler. Das Schiff brauchte so viele kleine Reparaturen, daß er seine eigenen hohen Sicherheitsstandards vernachlässigt hatte, die er als Marineoffizier angenommen hatte. So hatte er auch seiner Mannschaft erlaubt, sich in so großer Zahl zu vergnügen, daß die Bucephalas praktisch ohne Aufsicht zurückgeblieben war.

Details

Seiten
Erscheinungsform
Neuausgabe
Jahr
2023
ISBN (eBook)
9783986906887
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2023 (September)
Schlagworte
Historischer Roman Seefahrerroman Nautischer Roman 18. Jahrhundert C. S. Forester Julian Stockwin Patrick O’Brian Paul Doherty Historischer Kriminalroman eBooks

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